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17.01.2008 12:20

Jena-Plan im Netzwerk internationaler Schulreform

Axel Burchardt Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Erziehungswissenschaftler der Universität Jena auf den Spuren des Schulreformers Peter Petersen

    Jena (17.01.08) Jena als Zentrum eines Netzwerks internationaler Beziehungen - die Geschichte der Erziehungswissenschaft kennt hierfür gleich eine Reihe prominenter Beispiele. Allein zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfüllten Wilhelm Rein als Schulreformer und Johannes Trüper als Heilpädagoge diesen Anspruch. Zum international viel beachteten Programm wurde der Name "Jena" dann durch Peter Petersen (1884-1952) in dem von ihm entwickelten gleichnamigen Schulmodell. Das seit 1924 von Petersen entwickelte Rahmenkonzept wurde zum Export-Schlager, das heute beispielsweise in einem engen Geflecht an Jena-Plan-Schulen in den Niederlanden lebendig ist.

    Diskutiert werden Grundlagen dieser Konzeption an der Forschungsstelle "Pädagogische Reform" der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Dies ist angesichts von Leitbegriffen wie Gemeinschaft, Irrationalität und Nation nicht ohne Probleme", sagt Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz, Leiter der Forschungsstelle. "Der Versuch einer Übersetzung von Petersen in gegenwärtiges Denken ist spannend und anspruchsvoll, weil sorgfältig geprüft werden muss, welche Ideen heute angesichts der PISA-Testeritis hohe Aktualität besitzen und welche Vorstellungen jedoch auch grundlegend zu kritisieren sind", formuliert der Inhaber des Lehrstuhls für Historische Pädagogik und Erziehungsforschung.

    Eine solche Prüfung steht im Hintergrund des Bandes "Jena-Plan im Netzwerk internationaler Schulreform", den der Erziehungswissenschaftler jüngst herausgegeben hat. Der Band konzentriert sich in fünf Beiträgen von fünf Autoren auf die Herausgebertätigkeit des Jena-Plan-Begründers. Petersen hat drei wissenschaftliche Reihen ediert, darunter eine zur "Pädagogik im Ausland". In diesen Veröffentlichungen erweist sich Petersen durch die Dokumentation maßgeblicher Strömungen der internationalen Schulreform als Zentrum eines internationalen Netzwerkes. Diese bislang wenig beachtete Seite des Jenaer Reformpädagogen rückt der nun vorgelegte Band an ausgewählten Beispielen in den Mittelpunkt. "Dabei ging es uns aber auch darum, diese Exempel auf mögliche Verbindungen, Überschneidungen und Abgrenzungen zum Jena-Plan zu hinterfragen", so Koerrenz. "In der Art und Weise, wie Petersen auf internationale Reformbestrebungen verwies, versuchte er nämlich indirekt immer auch das eigene Konzept, das oftmals in wesentlichen Punkten von den ausländischen Modellen abwich, zu legitimieren und zu stabilisieren", macht der Herausgeber deutlich.

    Karsten Kenklies etwa analysiert in seinem Beitrag den Band, in dem Petersen die "Tatschule" des Franzosen Adolphe Ferriere dokumentierte. Annika Blichmann richtet ihren Blick auf die Methode des Belgiers Ovide Decroly. Dieser lehne wie Petersen die sogenannte "Alte Schule" mit ihrem Frontalunterricht ab, würde aber bei der Methode des Unterrichtens ganz andere Akzente setzen. Die Positionierung Petersens in beziehungsweise gegenüber totalitären und antidemokratischen Regimen untersuchen Michael Koch und Torsten Schwan. Koch widmet sich der Arbeit "Grundlagen der Sowjetpädagogik" von Alexander Popovitsch von 1934. Dabei werde eine Gegensätzlichkeit der erzieherischen Konzepte deutlich, während es bei der praktisch-methodischen Umsetzung durchaus Berührungspunkte gebe. Der faschistischen Reform-Pädagogik im Italien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nimmt sich Schwan an. In seinem Beitrag zeigt er die explizit strategischen Ziele Petersens bei der Edition einer Schrift Nazareno Padellaros - ebenfalls von 1934 - auf.

    Doch auch die Rückschau auf die eigenen Jenaer Wurzeln der Reformpädagogik kommt nicht zu kurz. Rotraud Coriands Beitrag rekonstruiert die Auseinandersetzung Petersens mit dieser Tradition am Beispiel von Karl Volkmar Stoy, der 1844 die Jenaer Universitäts-Übungsschule gründete. Dessen Ansatz, dass "die zentrale Funktion und Leistung der Schule in einem umfassenden Erziehungsgeschehen liege" habe Petersen nachdrücklich zugestimmt und daran angeknüpft.

    Darüber hinaus wartet der Herausgeber selbst mit einer Bestandsaufnahme der Forschungsstelle "Pädagogische Reform" an der Jenaer Universität auf. Darin bildet die komplexe Auseinandersetzung mit dem Werk Petersens einen zentralen Baustein zur Analyse "pädagogischer Reformbestrebungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts". Eine wesentliche Verbesserung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Leben und Werk des Reformpädagogen an dessen Wirkungsstätte böte ein Petersen-Archiv im Rahmen der Universitätsbibliothek, um das sich Koerrenz zurzeit intensiv bemüht.

    Ralf Koerrenz (Hg.): Jena-Plan im Netzwerk internationaler Schulreform; Verlag IKS Garamond, edition Paideia, Jena 2007, Preis: 12,80 Euro, ISBN 978-3-938203-55-2

    Kontakt:
    Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz
    Institut für Erziehungswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Am Planetarium 4, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945331
    E-Mail: ralf.koerrenz[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Cover der neuen Publikation der Jenaer Erziehungswissenschaftler.
    Cover der neuen Publikation der Jenaer Erziehungswissenschaftler.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Pädagogik / Bildung
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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