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Wissenschaft
Ziel jeder Impfung ist es, das Immunsystem in die Lage zu versetzen, Krankheitserreger oder Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Die dazu in den Körper eingebrachten Bestandteile dieser Erreger (Antigene), können jedoch nur dann die Abwehrzellen des Immunsystems aktivieren, wenn die Erregerbruchstücke zuvor auf Antigenrezeptoren einer anderen Gruppe von Immunzellen geladen werden, die sie der Abwehr präsentieren. Forscher haben nun entdeckt, dass von ihnen entwickelte winzige Proteinbruchstücke dabei offenbar eine wichtige Rolle spielen können. Im Labor konnten sie zeigen, dass diese künstlichen Fragmente die Beladbarkeit der Antigenrezeptoren und damit die Stärke der Immunantwort deutlich verbessern können. Die Arbeit, die Dr. Olaf Rötzschke vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch koordiniert hat und die in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP), Berlin, sowie der Universität Tübingen entstanden ist, hat jetzt PLoS ONE (Vol. 3, Nr. 3, e1814) veröffentlicht.*
Erreger oder andere als fremd erkannte Strukturen, so genannte Antigene, werden, wenn sie nicht schon vorher abgefangen werden, von bestimmten Immunzellen geschluckt und im Innern in kleine Stücke zerschlagen. Die Zelle lädt dann Stichproben dieser Erregerbruchstücke auf einen Antigenrezeptor, kurz MHC II genannt, und transportiert sie damit auf ihre Oberfläche. Spezielle Abwehrzellen des Immunsystems (T-Helfer-Zellen) überprüfen regelmäßig den Inhalt der MHC II Moleküle. Falls dabei fremde Antigene aufgespürt werden, alarmieren sie die übrigen Abwehrzellen des Immunsystems, um die Infektion zu bekämpfen.
Eine erfolgreiche Impfung hängt maßgeblich davon ab, wie effizient die Antigene eines Impfstoffes auf die MHC Rezeptoren geladen werden. Die Forscher, die zu einem vom Bundesforschungsministeriums geförderten 'MHCenhancer'-Netzwerk gehören, fanden heraus, dass bestimmte kurze Proteinfragmente diesen Prozess erheblich beschleunigen können. Ähnlich einem Schuhlöffel, der dem Fuß in den Schuh hilft, weiten sie das MHC-II Molekül an einer bestimmten Stelle und ermöglichen es so den Antigenen in die für sie vorgesehene Bindungstasche des Rezeptors zu schlüpfen. Dr. Rötzschke hofft deshalb, diese im Labor entwickelten Proteinfragmente künftig für die Verbesserung von Impfungen einsetzen zu können. Die Idee dabei ist, einem Impfstoff das Proteinfragment beizugeben, damit der MHC-Rezeptor besser und mit den "richtigen" Antigenen beladen wird, um die Immunreaktion zu verstärken.
Antigenpräsentation und Immunerkrankungen
Darüber hinaus könnte dieser Mechanismus auch neue Erkenntnisse über die Entstehung bestimmter Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel der Zöliakie, liefern. Bei der Zöliakie werden den Abwehrzellen des Immunsystems irrtümlich Bestandteile des Weizenmehls (Gluten) präsentiert. Die Betroffenen vertragen aus diesem Grund keine Lebensmittel aus Weizenmehl, wie zum Beispiel Brot und Nudeln.
Auch in diesem Fall muss das Weizenmehlantigen dafür auf MHC II Rezeptoren gepackt werden, wobei ebenfalls kurze Proteinfragmente behilflich sein könnten. Prinzipiell können die in diesem Fall unerwünschten Helfer sogar während der Verdauung der Weizennahrung vom Körper gebildet werden. Es besteht deshalb nach Ansicht von Dr. Rötzschke die Möglichkeit, dass hier ebenfalls der Schuhlöffeleffekt zum Tragen kommt und die Beladung des MHC II Rezeptors mit Zöliakie-auslösendem Antigen vermittelt. Neben der Verbesserung von Impfstoffen untersuchen die Forscher deshalb gegenwärtig inwieweit solche Bestandteile bei der Entstehung der Autoimmunerkrankung eine Rolle spielen.
Das Projekt wurde mit Mitteln des Bundesforschungsministeriums im Rahmen der Initiative "Innovative Therapieverfahren auf molekularer und zellulärer Basis" gefördert, dessen Projektleiter Dr. Rötzschke ist.
*Anchor side chains of short peptide fragments trigger ligand exchange of class II MHC molecules
Shashank Gupta1, Sabine Höpner1, Bernd Rupp2, Sebastian Günther1, Katharina Dickhaut13, Noopur Agarwal1, M. Cristina Cardoso1, Ronald Kühne2, Karl-Heinz Wiesmüller4, Günther Jung4, Kirsten Falk1, Olaf Rötzschke1
Present address:
1Max-Delbrück-Center for Molecular Medicine (MDC), Robert-Rössle-Str. 10, D-13125 Berlin, Germany; 2Leibniz-Institute for Molecular Pharmacology (FMP), Robert-Rössle-Str. 10, D-13125 Berlin, Germany; 3Charite Berlin, Germany; 4Eberhard-Karls University, Auf der Morgenstelle 18, D-72076 Tübingen, Germany
Corresponding authors:
Kirsten Falk, Olaf Rötzschke*
Max-Delbrück-Center for Molecular Medicine (MDC), Robert-Rössle-Str. 10, D-13125 Berlin,
Germany; Tel: +49 30 9406, 3664, FAX: +49 30 9406 2394
falk@mdc-berlin.de, roetzsch@mdc-berlin.de
Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
Robert-Rössle-Straße 10
13125 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 94 06 - 38 96
Fax: +49 (0) 30 94 06 - 38 33
e-mail: presse@mdc-berlin.de
http://www.mdc-berlin.de/de/news
http://www.MHCenhancer.de
http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/1197.php
http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0001814
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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