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03.04.2008 10:49

Intelligente Produktion! Wie geht das?

Dipl.-Ing. Sibylle Wirth Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung IITB

    9 Fragen an Dr.-Ing. Olaf Sauer vom Fraunhofer IITB
    zum Karlsruher Leittechnischen Kolloquium 2008

    Frage 1:
    Wie kamen Sie auf die Idee ein solches Kolloquium ins Leben zu rufen?

    "Bei meinen Recherchen zum Thema Leittechnik fand ich bisher keine übergeordneten Veranstaltungen oder auch Literatur, die Expertenwissen für die fertigungstechnische Leittechnik-Community bereit gestellt hätten. Daher machte ich aus der Not eine Tugend und habe 2006 als ersten Piloten eine solche Plattform neu geschaffen."

    Frage 2:
    Welche besonderen Chancen bietet diese Plattform?

    "Als Forschungsinstitut der Fraunhofer-Gesellschaft sind wir kein kommerzieller Anbieter und wollen der Veranstaltung eine innovative Note geben. Neben den Software-Entwicklern kommen auch viele Anwender, die aus ihrer praktischen Sicht Erfahrungen und Bedürfnisse einbringen. Auch das Zusammenführen von Know-How aus der Prozesstechnik mit Technologien aus der Fertigungstechnik verspricht Synergieeffekte für beide Disziplinen."

    Frage 3:
    Die deutsche Automobilbranche zählt mit einem Jahresumsatz von rd. 254 Mrd. € (2005: +7,5 %) zu einer der Schlüsselindustrien des Landes. Jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland steht direkt oder indirekt mit dem Automobil in Verbindung.
    Was sollte man ihrer Meinung nach tun, um diese Position nachhaltig zu sichern?

    "Durch die hohe Automatisierung und die Komplexität der Prozesse ist diese Branche ein idealer Anwender für leittechnische Lösungen. Nach unserem Verständnis beschränkt sich Leittechnik nicht auf die reine Anlagenüberwachung, sondern auf verschiedene Realzeit-nahe Komponenten auf der MES-Ebene, die z. B. Informationen bereitstellen, die an einer Arbeitsstation eines Montagebandes benötigt werden.

    Wichtige Erfolgsindikatoren der nächsten Jahre sind Realzeitfähigkeit und Wandlungsfähigkeit der Produktion, z. B. durch fortentwickelten Einsatz von RFID-Techniken oder Selbsterkennung von Änderungen an Anlagen. Die Produktion muss sich einfach noch schneller auf Veränderungen einstellen können, die sich durch die hohe Produktvarianz und häufig wechselnde Baureihenfolgen ergeben."

    Frage 4:
    Welche Faktoren in der Produktion können ihrer Meinung nach optimiert werden?

    "Qualität, Zeit und Kosten. Das sind die 3 wichtigsten Parameter, um den Gesamtprozess optimal zu steuern. Dabei geht es darum, den Dreiklang aus Markt und Kunde, Produkt und Technologie sowie Produktion und Logistik in ein zueinander genau ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Jedes dieser 3 Segmente muss auf die beiden anderen genau abgestimmt werden, damit im Zusammenspiel keine Unwucht auftritt. Das Leitsystem muss jederzeit Bescheid wissen über den aktuellen Stand der Produktion, und das Änderungsmanagement sollte dahin optimiert werden, dass weniger manuelle Eingriffe bei Änderungen erforderlich sind. Hier geht sonst wertvolle Zeit verloren.
    Die Änderungen sollten außerdem möglichst am Anfang des Prozesses vorgenommen werden. Durch eine Virtualisierung und Simulation der Veränderung im Vorfeld in leitsystemnahen IT-Systemen können die Anforderungen und Auswirkungen der Änderung durchgespielt werden, ohne in den realen Produktionsprozess eingreifen zu müssen. Aus dem Ergebnis der virtuellen Simulation lässt sich dann gezielt und schonender in den Fabrikbetrieb eingreifen. Wichtig sind hierbei auch organisationsübergreifende Ansätze, vor allem das Schnittstellenmanagement zur Kooperation der verschiedenen Bereiche in der horizontalen und vertikalen Fabrikstruktur."

    Frage 5:
    Wo liegen nach ihrer Meinung Schwachstellen in den Produktionsprozessen?

    "Die Einzelprozesse sind meiner Meinung nach ausgereizt. Das Potenzial liegt in der Betrachtung der gesamten Prozesskette. In den nicht vorhandenen oder proprietären Schnittstellen zwischen den einzelnen Ingenieur-Aufgaben von der mechanischen Konstruktion über die Fabrik- und Elektroplanung bis zur Steuerungsprogrammierung, sehe ich noch große Potentiale."

    Frage 6:
    Welche Trends in der industriellen Fertigung sehen Sie aus Sicht der Forschung und Entwicklung für besonders interessant und wichtig an?

    "Digitale Fabrik ist das Schlüsselthema! Wenn es gelingt, die digitale Fabrik mit der realen Fabrik und den operativen Systemen in einem geschlossenen Regelkreis untereinander zu koppeln sind wir einen großen Schritt weiter. Wenn das Leitsystem und das Anlaufmanagement kooperieren, lassen sich Umrüstzeiten verkürzen.
    Als weitere Schlüsselbegriffe möchte ich die Wandlungsfähigkeit, Selbstorganisation, die Echtzeitfähigkeit und Plug&Work hier zu nennen."

    Frage 7:
    In wieweit kann Informationstechnologie dazu beitragen, die Produktionsprozesse effizienter zu gestalten?

    "Die Informationstechnologie an sich kann gar nichts beisteuern. Die IT ist aber der Treiber, der die Produktionstechnologien immer schneller anschiebt. Das war früher genau umgekehrt. Ständige Technologieupgrades in der Informationstechnik bewirken immer schnellere Änderungen. Schon jetzt ist aber der Mensch damit überfordert, mit diesem rasanten Know-How Zuwachs Schritt zu halten sowie die neuen Technologien umzusetzen und zu beherrschen. Nach wie vor ist die wichtigste Ressource der Mitarbeiter!"

    "Lösungsansätze finden sich im "Human centered Computing", wodurch eine Überforderung der Menschen mit Informationen vermieden werden kann. Dabei geht es um eine kontextsensitive Versorgung des Mitarbeiters mit relevanten Informationen, je nach Aufgabenstellung, Rolle und räumlicher Position.
    Am Fraunhofer IITB haben wir z. B. ein Verfahren entwickelt, mit dem der Mitarbeiter automatisch immer ein aktuelles Prozessbild oder Werte aus dem Prozess auf einem mobilen Terminal, z. B. seinem PDA, empfangen kann. Das System erkennt selbständig, an welcher Stelle in der Produktion sich der Mitarbeiter momentan aufhält und versorgt ihn mit den entsprechenden notwendigen Informationen. So kann der Mitarbeiter seine Aufmerksamkeit konzentriert auf seine eigentliche Aufgabe richten, ohne durch ein "Zuviel" an Information abgelenkt und überfrachtet zu werden."

    Frage 8:
    Können Sie schon ein besonderes Highlight des Kolloquiums verraten?

    "Das ist schwierig, weil ich denke, daß wir insgesamt ein hochkarätiges Programm zusammengestellt haben. Es freut mich sehr, dass wir über den Tellerrand der Leittechnik hinausschauen und nach anderen Andockstellen Ausschau halten. Für solche Schnittstellen braucht man unbedingt einheitliche Standards. Darüber werden wir sprechen. Ich freue mich sehr auf den Beitrag von VW über das künftige Fertigungsinformationssystem, gekoppelt an den Kundenauftragsprozess. Besonders freue ich mich aber auch auf den Vortrag von Stephan Holthaus "Werte - Was Deutschland wirklich braucht", der eine völlig andere Sicht der Dinge darlegt."


    Frage 9:
    Im Jahr 2006 fand das Kolloquium zum ersten Mal statt. Wie war das Feedback auf diese Pilotveranstaltung?

    "Wir bekamen ein sehr positives Feedback von den Teilnehmern und der Wunsch nach einer Wiederholung hat uns überzeugt, diese Plattform in 2-jährigem Rhythmus dauerhaft anzubieten. Die Teilnehmer haben in der Zwischenzeit über den Weblog die Möglichkeit, den Austausch lebendig zu halten.
    Wir haben hier in Karlsruhe außerdem das Glück einer engen Anbindung an die Elite-Uni Karlsruhe, wo wir aktuelles und praxisorientiertes Know-How aus der Branche in die Ausbildung der Studenten integrieren können. Ein weiterer Pluspunkt in einem nachhaltigen Beitrag zur Sicherung des Produktionsstandortes Deutschland."


    Weitere Informationen:

    http://www.klk2008.de/servlet/is/1876/
    http://www.iitb.fraunhofer.de/servlet/is/19309/


    Bilder




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    Dr.-Ing. Olaf Sauer, Leiter des Geschäftsfeldes Leittechnik im Fraunhofer IITB
    Dr.-Ing. Olaf Sauer, Leiter des Geschäftsfeldes Leittechnik im Fraunhofer IITB

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie, Informationstechnik, Maschinenbau, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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