idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Nr. 131
Verschiedene Regionen verarbeiten Kooperation und Täuschung
Während wir zuschauen, wie jemand einen anderen übers Ohr haut, sind bei uns andere Gehirnbereiche aktiv als wenn wir jemanden beobachten, der einem anderen hilfsbereit zur Seite steht: Der Fähigkeit, gute und böse Absichten anderer zu unterscheiden bzw. vorauszusehen, sind Prof. Dr. Martin Brüne (RUB-Klinik für Psychiatrie) und Dr. Silke Lissek (RUB-Klinik für Neurologie, Bergmannsheil) jetzt mittels funktioneller Kernspintomographie auf den Grund gegangen. Damit konnten sie eine der am höchsten entwickelten kognitiven Fähigkeiten des Menschen ergründen, und eine der wesentlichen Leistungen, die das menschliche Gehirn auszeichnen. Auch könnten die Ergebnisse ihrer Experimente das Verständnis von Erkrankungen wie Schizophrenie verbessern, bei denen die Fähigkeit zur Unterscheidung guter und schlechter Absichten gestört ist.
Bildergeschichten im Kernspintomographen
Die Forscher zeigten zunächst gesunden Versuchspersonen, die im Kernspintomographen lagen, Bildergeschichten, die entweder eine kooperative Interaktion zwischen zwei Personen zeigten, oder eine Geschichte, bei der sich eine Person betrügerisch auf Kosten anderer bereichern wollte. Ergebnis: Während die Betrachtung kooperativer Interaktionen vorwiegend seitliche Gehirnareale (Parietal-/Temporalregion) aktivierte, zeigte sich bei der Betrachtung von Täuschungsmanövern zusätzlich eine deutliche Aktivierung in vorderen Hirnregionen (präfrontaler Kortex).
Patienten mit Schizophrenie verarbeiten Geschichten anders
Die nachfolgenden ersten Untersuchungen bei Patienten mit einer Schizophrenie zeigten davon deutlich abweichende Aktivierungsmuster ohne eine entsprechende Hirnaktivität insbesondere in den vorderen Hirnregionen. "Diese Befunde stehen in Übereinstimmung mit der bekannten klinischen Symptomatik bei Patienten mit Schizophrenie, die unter anderem eine deutlich gestörte soziale Interaktion und eine verminderte soziale Kompetenz und Empathiefähigkeit aufweisen", so Prof. Brüne. "Die unterschiedliche Hirnaktivierung ist möglicherweise ein Schlüssel zum besseren Verständnis der Krankheitsgrundlagen bei der Schizophrenie bzw. bei psychotischen Erkrankungen und damit für die Entwicklung spezifischerer Behandlungsansätze für dieses schwere Krankheitsbild."
Funktionelle Kernspintomographie erlaubt Blicke aufs Denken
Möglich waren die Studien durch den Einsatz der funktionellen Kernspintomographie (fMRT) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Radiologie am Bergmannsheil (Direktor: Prof. Dr. Volkmar Nicolas). Mit diesem Untersuchungsverfahren kann man von außen die Aktivität von Nervenzellen im Gehirn messen, ohne die Versuchsperson zu belasten. "Es ist damit praktisch möglich, dem Gehirn 'beim Denken zuzusehen'", beschreibt Dr. Lissek.
RUB-Mediziner gründen Neuroimaging-Gruppe
Die jetzt veröffentlichten Studienergebnisse und weitere Untersuchungen zur Funktionsweise des menschlichen Gehirns z.B. bei hyperaktiven Patienten (ADHS) entstammen einer engen interdisziplinären Kooperation in der Neuroimaging-Gruppe der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Tegenthoff (Leiter der Neurologischen Klinik des BG-Universitätsklinikums Bergmannsheil) und Prof. Dr. Georg Juckel (Ärztlicher Direktor der LWL-Universitätsklinik für Psychiatrie). Durch verbesserte Einblicke in die Arbeitsweise unseres Gehirns ist ein besseres Verständnis der Hirnerkrankungen und damit auch die Verbesserung vorhandener Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten. Die Studien wurden durch die Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität (FoRUM) gefördert.
Titelaufnahme
Brüne, M., Lissek, S., Fuchs, N., Witthaus, H., Peters, S., Juckel, G., Tegenthoff, M. (2008): An fMRI study of theory of mind in schizophrenic patients with "passivity" symptoms. Neuropsychologia, 2008 Feb 7 [Epub ahead of print].
Lissek, S., Peters, S., Fuchs, N., Witthaus, H., Juckel, G., Tegenthoff, M., Brüne, M. (2008): Cooperation and deception recruit different subsets of the Theory-of-Mind network. PLoS ONE 3(4): e2023 doi:10.1371/journal.pone.0002023
Weitere Informationen
Prof. Dr. Martin Brüne, LWL-Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Psychiatrie-Psychotherapie-Psychosomatik-Präventivmedizin, Alexandrinenstr. 1, 44791 Bochum, Tel: 0234/5077-155, E-Mail: martin.bruene@rub.de
Dr. rer. nat. Silke Lissek, Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, Tel. 0234/302-6094, E-Mail: silke.lissek@ruhr-uni-bochum.de
Bildergeschichte Täuschung
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).