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09.12.1997 00:00

Pflanzen sind gut gegen UV-Strahlung gefeit

Adolf Kaeser Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Das Ozon in der Stratosphaere nimmt ab, die UV-Strahlung steigt - diese Problematik wird oft nur unter dem Aspekt eines hoeheren Hautkrebsrisikos diskutiert. Forscher der Universitaet Wuerzburg wollen aber auch wissen, wie Pflanzen mit ultravioletter Strahlung fertigwerden. Ihre Prognose: Pflanzen schuetzen sich so gut, dass vermutlich auch dann nicht mit Schaeden gerechnet werden muss, wenn die UV-Strahlung in den kommenden Jahren zunimmt.

    Ein aeusserst wichtiges Schutzsystem besteht darin, dass die Pflanzen in ihrer aeussersten Zellschicht, der Epidermis, sogenannte Phenole einlagern. Diese Phenole, zu denen beispielsweise die Flavonoide gehoeren, schirmen einen Teil der energiereichen UV-Strahlung ab und schuetzen somit die Zellen, die unter der Epidermis liegen. Zu diesem Schutzsystem tragen weitere Faktoren bei: die Struktur der Blattoberflaeche, ihre Behaarung sowie an der Oberflaeche akkumulierte Substanzen, die sogenannten Mehlstaub-Flavonoide.

    Das berichtet PD Dr. Markus Veit, der am Lehrstuhl fuer Pharmazeutische Biologie und im Botanischen Garten der Universitaet Wuerzburg seit vier Jahren die Rolle von Flavonoiden als UV-Schutzpigmente in der Blattepidermis hoeherer Pflanzen untersucht. Traditionell beschaeftigt sich die Pharmazeutische Biologie zwar mit biogenen Arzneimitteln, also auch mit den Inhaltsstoffen von Pflanzen. Weil aber immer deutlicher wird, dass diese Inhaltsstoffe auch vielfaeltige Bedeutungen bei den Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und ihrer Umwelt haben, duerften in einer modernen Pharmazeutischen Biologie oekologische Aspekte nicht fehlen, so Dr. Veit.

    Bei seinen Forschungen wurde offensichtlich, dass Pflanzen UV-Strahlung durch eine Reihe von Schutzsystemen sehr gut bewaeltigen koennen. Um solche Systeme zu untersuchen und zu beschreiben, wurden im Rahmen des Bayerischen Klimaforschungsverbunds BayFORKLIM zwei miteinander kooperierende Teilprojekte in Wuerzburg etabliert. Das Teilprojekt von Prof. Dr. Markus Riederer setzt sich mit der den Blaettern aufgelagerten Wachsschicht, das von Dr. Veit mit der Epidermis auseinander.

    In Kooperation mit dem Arbeitskreis von PD Dr. Ulrich Schreiber und Prof. Dr. Wolfgang Bilger wurde an der Universitaet Wuerzburg ein Verfahren entwickelt, mit dem nichtinvasiv und rasch ermittelt werden kann, wie durchlaessig pflanzliche Oberflaechen und Abschlussgewebe fuer UV-Strahlung sind. Die Methode beruht darauf, dass sich der gruene Blattfarbstoff, das Chlorophyll, zur Fluoreszenz anregen laesst - und dies funktioniert auch mit UV-Strahlung. Nach der Anregung messen die Forscher die vom Chorophyll abgegebene Fluoreszenz. Deren Intensitaet ist proportional zur Intensitaet der Anregung mit UV-Strahlung, sofern diese einen bestimmten Betrag nicht ueberschreitet.

    Dr. Veit erklaert die Experimente weiter: Bevor das UV-Anregungslicht in den tiefer im Blatt liegenden Zellen auf Chlorophylle trifft, muss es die Epidermis passieren - diese ist chlorophyllfrei. Je mehr Schutzpigmente nun in der Epidermis eingelagert sind, umso staerker wird die UV-Strahlung abgeschwaecht und umso geringer faellt die Fluoreszenz aus. Blaues Anregungslicht mit einer Wellenlaenge ueber 400 und auch die Chlorophyllfluoreszenz mit Wellenlaengen von 680 bis 750 Nanometern dagegen werden in der Epidermis praktisch nicht abgeschwaecht. Somit laesst sich aus den Verhaeltnissen der Anregung mit blauem Licht und der mit UV-B bzw. UV-A leicht die Abschirmung der beiden kurzwelligen Spektralbereiche errechnen.

    Neben diesem Instrumentarium kommen bei den Experimenten auch spektralaufgeloeste Strahlungsmessungen zum Einsatz. Diese werden vom Institut fuer Meteorologie der Universitaet fuer Bodenkultur in Wien durchgefuehrt und ermoeglichen es laut Dr. Veit, die Ergebnisse sinnvoll zu interpretieren. Solche Messungen wurden in natuerlichen Pflanzenbestaenden und an pflanzlichen Oberflaechen am Naturstandort bislang noch nicht durchgefuehrt - Wuerzburg und Wien betaetigen sich hier als Pioniere.

    Die Ergebnisse, die bisher erzielt wurden, fasst Dr. Veit so zusammen: UV-Strahlung setzt die Akkumulation von Flavonoiden als Schutzpigmente in den Epidermen von Blaettern krautiger Pflanzen in Gang. Dafuer reichen schon kurze Expositionszeiten. Unter natuerlichen Bedingungen fuehrt die am Standort der Pflanze vorherrschende Strahlung zu maximalen Blattflavonoidgehalten, die fuer die jeweilige Pflanze typisch sind. Eine darueber hinausgehende Akkumulation von Schutzpigmenten durch hoehere Strahlungsdosen wurde nicht beobachtet.

    Hoehere Dosen UV-B-Strahlung fuehren - zumindest bei einigen Arten - zu Verschiebungen in der Zusammensetzung der epidermalen Blattflavonoide. Es werden vermehrt Substanzen gebildet, die durch ihr veraendertes Substitutionsmuster bessere Radikalfaenger und somit wirkungsvollere Antioxidantien darstellen.

    An ihren natuerlichen Standorten sind die meisten Pflanzen sehr gut an das jeweils herrschende Strahlungsklima angepasst. Dabei scheint die Amplitude der Strahlungsdosen, die schaedigungsfrei vertragen werden, so gross zu sein, dass fuer die einzelne Pflanze auch bei einer Erhoehung der UV-Strahlung an der Erdoberflaeche in den kommenden Jahrzehnten nicht mit Schaeden gerechnet werden muss.

    Es muesse aber beruecksichtigt werden, schraenkt Dr. Veit ein, dass vor allem bei zuechterisch veraenderten Nutzpflanzen eine optimale Anpassung verlorengegangen sein kann. Ausserdem koennten Einfluesse auf die Zusammensetzung natuerlicher Lebensgemeinschaften durchaus weitreichend sein, da sich auch geringfuegig unterschiedliche Reaktionen einzelner Arten auf das Konkurrenzgeschehen und damit auf die Artenzusammensetzung auswirken koennen.

    Kontakt: Dr. Markus Veit, Telefon (0931) 888-6162, E-Mail: veit@botanik.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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