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Wissenschaft
Resistente Bakterien durch Antibiotika im Abwasser?
Foerdern geringe Mengen Antibiotika in der Umwelt die Bildung von Resistenzen bei Bakterien? Gibt es bei den Mikroben einen Zusammenhang zwischen Resistenz und der Entstehung krankmachender Eigenschaften? Diesen Fragen sind Infektionsforscher der Universitaet Wuerzburg auf der Spur.
Antibiotika haben die Medizin revolutioniert und dafuer gesorgt, dass die meisten Infektionskrankheiten ihre Schrecken verloren haben. Sinnvoll und richtig angewendet, bewahren sie den Menschen vor schlimmen Folgeschaeden bakterieller Infektionen. Auch bei Tumortherapien, Organtransplantationen und der Intensivmedizin sind zahlreiche Behandlungsstrategien ohne Antibiotika nicht denkbar.
Gleichzeitig aber ist die Zahl von Bakterien, die gegen Antibiotika unempfindlich sind, stetig gewachsen. Hier sind zum Beispiel die Wundinfektionen verursachenden Staphylokokken und Enterokokken zu nennen. Das Auftreten von resistenten Bakterien war schon zu Beginn der Antibiotika-AEra ein ernstes Problem. In den vergangenen Jahren hat sich diese Entwicklung jedoch drastisch verschaerft: Bei nahezu allen klinisch bedeutsamen bakteriellen Erregern nehmen die Resistenzen gegen Antibiotika zu - sogar gegen solche, die bisher als sicher wirksam galten. Manche Bakterien entwickeln sogar Resistenzen gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig und sind dann nur noch durch wenige Reservesubstanzen oder aber ueberhaupt nicht mehr zu beeinflussen.
Am Institut fuer Molekulare Infektionsbiologie der Universitaet Wuerzburg erforschen Prof. Dr. Joerg Hacker und Dr. Wilma Ziebuhr die Faktoren, die zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen. Ihre Arbeiten werden vom Umweltbundesamt gefoerdert.
Die Wissenschaftler fragen unter anderem nach einer moeglichen Verbindung zwischen Resistenz und Virulenz, also den krankmachenden Eigenschaften der Bakterien. Sie vermuten, dass sich Virulenz und Resistenz zusammen entwickeln. Beispiel: Eine krankmachende Eigenschaft von Bakterien kann deren Faehigkeit sein, einen Biofilm auszubilden, also eine Flaeche zu ueberwachsen. In einer solchen Kolonie, in der sich die Bakterien dicht beieinander befinden, koennte dann wiederum der Austausch von Resistenzgenen besser funktionieren.
Viele Antibiotika sind Naturstoffe, die von Mikroorganismen gebildet werden und die das Wachstum anderer Bakterien hemmen. Dieser Mechanismus verschafft den Mikroorganismen Vorteile beim Kampf um Naehrstoffe und bei der Besiedlung neuer Lebensbereiche. Gleichzeitig haben sich in der Natur aber zahlreiche Abwehrmechanismen gegen Antibiotika entwickelt, die dann die Resistenz gegen diese Stoffe verleihen. Verschiedene Bakterien koennen mitunter solche Resistenzdeterminanten sehr effektiv untereinander austauschen.
Bisher glaube man, sagt Dr. Ziebuhr, dass fuer das Ueberwiegen von resistenten Bakterien in einem mikrobiellen Oekosystem der Selektionsdruck entscheidend ist, den das jeweilige Antibiotikum ausuebt. Das heisst: Je mehr Antibiotika in der Umwelt vorhanden sind, umso mehr resistente Bakterien treten auf. In dem Wuerzburger Projekt soll nun untersucht werden, inwieweit auch geringe Antibiotika-Konzentrationen in der Umwelt und in der Klinik diese Prozesse beeinflussen.
Die Forscher werden die Antibiotikamengen im Abwasser messen und dann in Laborversuchen klaeren, ob diese Mengen ausreichen, um den Austausch von Resistenzgenen und die Auspraegung von Virulenzeigenschaften bei Mikroorganismen zu foerdern. Antibiotika im Abwasser koennen aus dem Urin von Patienten, aber auch aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung oder der pharmazeutischen Industrie stammen.
Bei diesen Untersuchungen soll dem Genaustausch bei Staphylokokken und Enterokokken besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diese beiden Bakteriengattungen verursachen laut Dr. Ziebuhr gegenwaertig einen betraechtlichen Teil der in Krankenhaeusern erworbenen Infektionen und zeichnen sich durch eine besonders hohe Antibiotikaresistenz aus. Die Wuerzburger Forscher realisieren dieses Vorhaben gemeinsam mit Wissenschaftlern des Berliner Robert Koch-Institutes.
Kontakt:
- Prof. Dr. Joerg Hacker, Telefon (0931) 31-2575, Fax (0931) 31-2578, E-Mail: j.hacker@mail.uni-wuerzburg.de
- Dr. Wilma Ziebuhr, Telefon (0931) 31-2154, E-Mail: w.ziebuhr@mail.uni-wuerzburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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