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Histon-Acetyltransferasen (HATs) und ihre Gegenspieler, die Histon-Desacetylasen (HDACs) sind Enzyme, die eine wichtige Rolle bei der sogenannten epigenetischen Genregulation spielen. Sie steuern eine chemische Umwandlung, die Acetylierung bzw. Desacetylierung, an Eiweißmolekülen im Zellkern. Diese Proteine heißen Histone und sie sind Teil der Verpackungsmaschinerie für die Erbsubstanz. HAT fügt Acetylgruppen an Histone in der Nähe bestimmter Gene an, die von HDAC wieder entfernt werden können. Diese Acetylgruppen können quasi als Lesezeichen, aber auch als Stoppsignal für die Ablesung von Genen und damit bestimmten Funktionen der Zelle dienen. Wenn die Acetylierung fehlgelenkt wird, kann das zur Entstehung von malignen Zellen führen. Diesen Prozess können Hemmstoffe von HAT oder HDAC unter Umständen wieder umkehren. Die pharmazeutischen Chemiker Manfred Jung (Freiburg) und Wolfgang Sippl (Halle) haben neue Hemmstoffe von HAT entdeckt, die als potentielle Krebsmedikamente untersucht und weiterentwickelt werden sollen. Die Arbeiten werden von der Wilhelm-Sander-Stiftung gefördert.
Das humane Genomprojekt hat uns die kompletten Sequenzen unserer Erbsubstanz gebracht. Im genetischen Code ist die Summe der Baupläne für die Bestandteile unserer Zellen angelegt. Man spricht auch vom Buch des Lebens, aus dem sich ein Organismus mit all seinen Funktionen aufbaut. Die Kenntnis des genetischen Codes ist aber nicht ausreichend, denn die Vorgänge, die bestimmen, welche Kapitel abgelesen werden, sind von entscheidender Bedeutung. So haben Raupe und Schmetterling oder eine Muskel- und eine Hautzelle eines Menschen das gleiche Genom, unterscheiden sich aber in dem Programm, das daraus umgesetzt wird. Fehler bei dieser unterschiedlichen Umsetzung von Teilen des Codes können aus einer gesunden Zelle eine Krebszelle machen. Für die Steuerung der Umsetzung existiert ein Regulationsnetzwerk, dass man im Gegensatz zur Genetik (der Kenntnis des eigentlichen genetischen Codes) als Epigenetik bezeichnet.
Hemmstoffe von HAT und HDAC können fehlgesteuerte epigenetische Regulationsvorgänge korrigieren und somit eine unkontrollierte Vermehrung von Zellen unterbinden. Während für HDAC schon zahlreiche Inhibitoren bekannt sind und ein erster HDAC-Hemmstoff in den USA schon als Medikament zur Behandlung des T-Zelllymphoms zur Verfügung steht, fehlt es noch an HAT-Hemmstoffen mit einem Potential für die Entwicklung als Krebstherapeutikum.
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts sollen potentielle HAT Hemmstoffe über computer-gestütztes Screening gefunden und auch neue Wirkstoffe synthetisiert werden, die dann im Reagenzglas auf die Blockade der Enzymfunktion von HAT hin getestet werden. Als nächstes werden die Inhibitoren auf eine Wachstumshemmung an verschiedenen Krebszellen in Kulturschalen überprüft, um geeignete Kandidaten für eine weitergehende Charakterisierung zu identifzieren. Die Arbeiten laufen in Zusammenarbeit mit Dr. I. Fichtner (Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin) und Prof. Dr. M. Hendzel (Cross Cancer Institute, Edmonton, Kanada). Dabei steht auch die Visualisierung der Effekte an den Histonen im Blickpunkt. Mittels Farbstoff markierter Antikörper gegen die Acetylgruppen können Veränderungen an den Histonen der Krebszellen im Fluoreszenzmikroskop sichtbar gemacht werden. Dies soll helfen, neue selektive und potente Hemmstoffe von HAT zu finden, um deren therapeutisches Potential abklären können. Einem eventuellen Einsatz an Patienten stehen sicherlich noch einige Jahre an Forschung bevor.
Kontakt: Prof. Dr. Manfred Jung, Freiburg
Tel. + 49 (761)203-6335;
e-mail: manfred.jung@pharmazie.uni-freiburg.de
URL: http://jungm.de
Prof. Dr. Wolfgang Sippl, Halle
Tel. +49 (345)5525-040
e-mail: wolfgang.sippl@pharmazie.uni-halle.de
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 100.000 €.
Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Weitere Informationen: www.wilhelm-sander-stiftung.de
Nachweis der Acetylierung mittels Immunfluoreszenz (gelb, links und rechts), DNA-Färbung (blau, rech ...
Quelle: M. Hendzel, Cross Cancer Institute Edmonton
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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