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26.06.2008 08:10

Studiengebühren: Drei Viertel der zahlenden Studierenden sehen keine Verbesserung

Florian Klebs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim

    Langzeitstudie "Gebührenkompass" der Universität Hohenheim: Zufriedenheit mit Studiengebühren sinkt, Zahl der Gebühren-Gegner überwiegt und wächst

    Alle Rankings, Ländervergleiche und individuelles Zufriedenheitsprofil jeder Universität unter www.gebuehrenkompass.de

    Rund 350 Millionen Euro Studiengebühren nahmen Deutschlands Universitäten in sieben Bundesländern im vergangenen Semester ein. Viel Geld, aus dem die Universitäten bislang allerdings zu wenig gemacht haben, urteilen die Studierenden laut der bundesweiten Studie "Gebührenkompass" der Universität Hohenheim. In rund 6.150 Einzelinterviews hatten Gebühren-Scouts des Hohenheimer Lehrstuhls für Marketing die Zufriedenheit der Studierenden an allen 54 Universitäten mit Studiengebühren der Republik im Mai 2008 erhoben. Demnach schaffte es keine Universität, ihre Studierenden beim Thema Studiengebühren wirklich zufrieden zu stellen. Im Bundesdurchschnitt vergaben die Gebührenzahler ihren Universitäten die Schulnote 4-5. Im Vorjahr war es noch eine 3-4 gewesen. Am geringsten ist die Unzufriedenheit noch an den Universitäten in Bayreuth, Clausthal-Zellerfeld, Konstanz, Bamberg und Aachen. Unter den Ländern schneiden Bayern und Baden-Württemberg noch am besten ab. Gleichzeitig ist die Zahl der Gebührengegner im Vergleich zum Vorjahr von 60 auf 63% leicht gestiegen. Als Ursache diagnostiziert Initiator und Wissenschaftlicher Leiter des Gebührenkompass Prof. Dr. Markus Voeth fehlende Transparenz und mangelnde Beispiele für spürbare Verbesserungen.

    Acht Seiten Fragebogen hatte das Marktforschungs-Team des Lehrstuhls für Marketing der Universität Hohenheim im Gepäck, als sie vier Wochen lang ihre Einzelinterviews an allen 54 Universitäten durchführten, die in diesem Sommersemester Studiengebühren erhoben haben. Dabei befragten sie mindestens 100www.gebuehr Studierende an jeder Hochschule. Die Ergebnisse - Rankings, Bundesländer im Vergleich und die individuellen Ergebnisse jeder Hochschule - veröffentlicht der Lehrstuhl ab heute unter www.gebuehrenkompass.de

    Wachsende Unzufriedenheit - und keine Leuchttürme

    Auf einer Noten-Skala von 1 ("sehr zufrieden") bis 6 ("sehr unzufrieden") konnten die Studierenden bewerten, wie zufrieden sie mit der Verwendung ihrer Studiengebühren sind. "Im Bundesdurchschnitt wurden die Universitäten dabei mit 4,55 bewertet - in der Schule wäre das gerade ?ausreichend? bis ?mangelhaft?", so Prof. Dr. Markus Voeth.

    Auffallend sei, dass die Unzufriedenheit derzeit noch flächendeckend ist: "Seit Einführung der Studiengebühren stellen Studierende eine sehr interessante Zielgruppe für Universitäten dar. Allerdings können sich die Studierenden noch nicht als Kunden fühlen. Bundesweit schafft es keine Universität, eine Bewertung zu erhalten, die überdurchschnittlich ist und damit oberhalb des Skalen-Mittelwerts von 3,5 liegt", so Prof. Dr. Voeth.

    Die besten Noten in Sachen "Zufriedenheit mit der Verwendung von Studiengebühren" erhielten noch die Universitäten Bayreuth (Note 3,75), Clausthal-Zellerfeld (Note 3,81), Konstanz (Note 3,89) und die Universität Bamberg zusammen mit der RWTH Aachen (jeweils Note 3,93). Unter den Ländern schneiden Bayern (Note 4,27) und Baden-Württemberg (Note 4,43) noch am besten ab, gefolgt vom Saarland (Note 4,56), von Niedersachsen (4,58) und dem Noch-Gebührenland Hessen (4,71). Am Ende des Rankings liegen Hamburg und Nordrhein-Westfalen (beide 4,76).

    Gebührengegner überwiegen und wachsen leicht an

    Leicht gestiegen sei auch die Zahl der Gebührengegner mit 63% unter den zahlenden Studierenden (Vorjahr: 60%). Für Studiengebühren sprachen sich nur 17% der Gebührenzahler aus (Vorjahr: 15%). Hochburgen der Gebührengegner sind die Universität Hildesheim (86%) sowie die Braunschweiger Hochschule für bildende Künste (86%) und die Universitäten Vechta (81%), Darmstadt (79%) und Gießen (78%)

    Bundesweit sprachen sich 70% aller zahlenden Studierenden dafür aus, Studiengebühren sofort abzuschaffen. Nur 16% votierten dagegen. Extrem stark ist der Wunsch nach Abschaffung dabei in Hessen: dort sprachen sich rund 85% der Studierenden für die Abschaffung aus. Gegen eine Abschaffung waren hingegen weniger als 10%.

    Negativ-Erfahrungen und fehlendes Vertrauen verhindern Akzeptanz

    Als Gründe für Unzufriedenheit und fehlende Akzeptanz identifiziert die Studie einen Ursachen-Mix, der von mangelhafter Information bis zu der Angst reicht, dass die Landespolitiker die Studiengebühren missbrauchen, um künftig die Ausstattung der Universitäten zu kürzen.

    Bundesweit gaben 74% aller Gebührenzahler an, bislang noch keine Verbesserung der Lehre wahrgenommen zu haben. Ein Umstand, der sich nach Auffassung vieler auch nicht ändern wird: Drei Viertel dieser Gruppe erwarten auch für die Zukunft keine Verbesserung.

    "Die Hauptursache dürfte nach unseren Ergebnissen fehlende Transparenz sein. In unseren Vorstudien im vergangenen Jahr nannten Studierende die Transparenz als wichtigste vertrauensbildende Maßnahme. In diesem Jahr bewerteten sie die Informationspolitik der Universitäten bundesweit mit 4,7 - als Schulnote: ?mangelhaft?", so Björn Rentner, einer der Projektleiter.

    Daneben spiele auch mangelndes Vertrauen in die Politik eine Rolle: Knapp die Hälfte der Gebührenzahler gehe davon aus, dass die Gebührenländer die Basis-Ausstattung der Universitäten kürzen würden. Nur 15,1% der Gebührenzahler hätten das Vertrauen, dass es zu keinen Kürzungen käme (keine Meinung: 38,1%).

    Informierte Studierende sind zufriedener

    Gleichzeitig zeigten die Ergebnisse sehr deutlich, dass informierte Gebührenzahler deutlich zufriedener sind, als ihre uninformierten Kommilitonen. "Neben der Gesamtzufriedenheit haben wir auch die Zufriedenheit in über 50 Teilbereichen abgefragt - in allen Teilbereichen bewerten informierte Studierende ihre Universität durchgängig um zwei Noten besser", betont Frank Liess, der zweite Projektleiter der Studie.

    Bundesweit fühlten sich 85% der Gebührenzahler allerdings immer noch nicht ausreichend informiert. "Dabei hat es in diesem Bereich deutliche Verbesserungen gegeben", bilanziert Prof. Dr. Voeth: Nur ein Drittel der Befragten habe behauptet, von ihrer Hochschule noch gar keine Infos über die Verwendung ihrer Studiengebühren bekommen zu haben. 2007 waren es noch 66% gewesen.

    Verbessertes Lehrangebot und Transparenz am wichtigsten für Zufriedenheit

    Im Hinblick auf die Frage, welche Aspekte den größten Einfluss auf die Zufriedenheit haben, ergibt die Studie eine eindeutige Rangfolge. Ganz oben steht demnach ein verbessertes und ausgeweitetes Lehrangebot, das rechnerisch rund 40% der Zufriedenheit beeinflusst. Gleich an zweiter Stelle folgt erneut der Wunsch nach Transparenz, der die Zufriedenheit rechnerisch zu 20% beeinflusst.

    Danach folgen eine verbesserte Infrastruktur (11% Einfluss), die Art und Weise, wie die Gebühren intern verteilt werden (8% Einfluss) sowie verringerte Verwaltungskosten, Stipendien oder andere Maßnahmen, die die finanzielle Belastung Studierender reduzieren (7% Einfluss). Danach folgen bessere Bibliotheksleistungen und die Verbesserung der Verwaltungsabläufe (je 5% Einfluss), Verbesserung des internationalen Angebotes (3% Einfluss), eine verbesserte Verknüpfung von Lehre und Forschung (2% Einfluss) und die Evaluierung der Studiengebühren-Verwendung (1% Einfluss).

    Erfolg durch neue Infopolitik - und neue Ideen

    Basis für den künftigen Erfolg kann nach Auffassung der Studieninitiatoren von Studiengebühren nur eine neue Informationspolitik der Universitäten sein: "Wo Verbesserungen wahrgenommen werden, sinkt die Ablehnung", urteilt Prof. Dr. Voeth. "Die Universitäten müssen den Nutzen der Studiengebühren ins Zentrum stellen - und nicht ein Report-Wesen aufbauen, das lediglich die gesetzeskonforme Verwendung belegt. Was benötigt wird, ist eine professionelle Vermarktung des Themas an den Universitäten gegenüber den eigenen Studierenden. Und da sehe ich noch großen Nachholbedarf."

    Voraussetzung sei allerdings auch, dass die Universitäten schnellstmöglich mehr Verwendungen identifizierten, die tatsächlich zu schnellen Verbesserungen führten. "In der Bewertung schnitten die Maßnahmen am besten ab, für die die Gebühren sichtbar eingesetzt wurden - ganz unabhängig von der Verwendungsmöglichkeit im einzelnen", stützt sich Prof. Dr. Voeth auf die Befragungsergebnisse. "Nur fühlbare Verbesserungs-Beispiele wecken den Glauben an generelle Verbesserungen und schaffen Akzeptanz und Zufriedenheit."

    Hintergrund Gebührenkompass

    Ob Studiengebühren die Studienbedingungen verbessern, hängt auch davon ab, ob es den Hochschulen gelingt, die "Kundenwünsche" ihrer Gebührenzahler zu erkennen und ernst zu nehmen. Vor diesem Hintergrund konzipierten die Marktforscher um Prof. Dr. Voeth ihre jährlich aktualisierte Langzeitstudie zur "Zufriedenheit über die Verwendung von Studiengebühren". Im Gegensatz zu Online-Foren und anderen "Gebühren-Orakeln" legen die Markting-Experten besonderen Wert auf ein wissenschaftlich seriöses Fundament ihrer Studie. "Alle rund 6.150 Interviews wurden ausschließlich vor Ort von geschulten Mitarbeitern erhoben", so Björn Rentner, einer der Projektleiter. Ihren Fragebogen entwickelten die Forscher erst nach 40 detaillierten Tiefeninterviews und mehreren Testläufen mit Hunderten von Studierenden. 2008 wurde die kostenintensive Erhebung durch die finanzielle Unterstützung durch die GfK Nürnberg und die LBBW ermöglicht. Details zur Methodik sind ebenfalls unter www.gebuehrenkompass.de.einsehbar

    Ansprechperson:
    Prof. Dr. Markus Voeth
    Tel.: 0711 459-22925, E-Mail: voeth@uni-hohenheim.de

    Text: Klebs


    Weitere Informationen:

    http://www.gebuehrenkompass.de "weitere Informationen zum Gebührenkompass"


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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