idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
12.11.2000 14:57

Wissenschaftler entdecken Enzyme, die beschaedigtes genetisches Material duplizieren koennen

Debbie Weiss Publications and Media Relations Department
Weizmann Institut

    Moegliche Anwendungen dieser am Weizmann Institut gemachten Entdeckung sind: Bekaempfung der wachsenden Ausbreitung Antibiotika-resistenter Bakterien und Rekonstruktion antiker DNS oder beschaedigter DNS an Verbrechenstatorten.

    Genetisches Material (DNS) wird taeglich durch Umweltfaktoren wie Sonneneinstrahlung oder die Einwirkung bestimmter Schadstoffe sowie natuerliche Vorgaenge innerhalb der Zelle beschaedigt. Diese Schaeden koennen zu einem Chaos fuehren, wenn die genetischen 'Buchstaben', die gewisse Eigenschaften eines Organismus kodieren, durcheinander geraten oder geloescht werden. Bleibt eine Korrektur aus, wird die mutierte DNS weiter repliziert, was zu einer fehlerhaften Proteinproduktion und Krankheit fuehren kann. Zum Glueck verfuegen alle Organismen ueber verschiedene DNS-Reparatursysteme in den Zellen. In den meisten Faellen jedoch arbeiten sie nach dem Schema 'Alles oder Nichts': Kann die beschaedigte Stelle nicht korrigiert werden, stellen sie die Arbeit ein und bringen die genetische Replikation zum Stillstand. Das Endergebnis, das sogar schlimmer als der urspruengliche Schaden ist, ist der Zelltod.

    Der Schluessel zum Leben liegt daher in der 'Kompromissbereitschaft' der Zelle, die eine gewisse 'Schludrigkeit' der DNS-Reparatursysteme zulaesst und eine kleine Anzahl von Mutationen in Kauf nimmt. Dies stellt zwar ein gewisses Risiko dar, sichert aber andererseits die weitere Existenz der Zelle. Wichtig ist dabei auch, dass dieser Vorgang die genetische Diversitaet erhoeht und natuerliche Auslese, die treibende Kraft der Evolution, ermoeglicht.

    Prof. Zvi Livneh von der Abteilung Biologische Chemie des Weizmann Instituts hat eine Gruppe von Enzymen entdeckt, die nach einem solchen Mechanismus arbeiten. Seine juengsten Ergebnisse werden in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS USA) vorgestellt.

    Genetisches Material wird staendig dupliziert - integraler Bestandteil der Zellteilung und -reproduktion aller Lebewesen. Bei der Teilung oeffnet die Zelle die DNS-Doppelhelix (die aus einem zusammengewundenen Doppelstrang passender Basenpaare besteht), und benutzt dann jeden Einzelstrang als Vorlage fuer die direkte Bildung eines neuen Gegenuebers. Die Aufsicht ueber diesen Vorgang hat ein einzigartiges Enzym, DNS-Polymerase, das auf dem Originalstrang entlangfaehrt - aehnlich wie ein Zug auf einer einzigen Schiene - und die genetische Sequenz liest, um den passenden Gegenstrang zu bilden. Das Resultat, das herkoemmlicherweise mit beachtlicher Praezision erreicht wird, sind zwei identische DNS-Molekuele, die jeweils aus einem Original- und einem neu synthetisierten Strang bestehen. Stoesst das Enzym auf beschaedigte DNS, steht es still und laesst die besondere 'Truppe zur Schadensbekaempfung' ans Werk. Prof. Livneh hat kuerzlich einen dieser DNS-Reparaturmechanismen entdeckt, der sich auf eine bisher unbekannte Gruppe von Polymerase-Enzymen stuetzt. Auch diese Enzyme duplizieren genetisches Material, doch sie halten normalerweise nicht an, wenn sie auf beschaedigte DNS stossen. Stattdessen duplizieren sie das Material, wobei oft neue Mutationen entstehen.

    Laut Livneh ist diese Familie von Enzymen, die sowohl beim Menschen als auch bei Bakterien vorkommt, eine der wichtigsten Faktoren zur Vermeidung unnoetiger Zellzerstoerung und eine treibende Kraft im Prozess der Evolution. Der Nachteil ist jedoch, dass sie den Bakterien die rasche Entwicklung neuer genetischer Eigenschaften ermoeglichen, womit diese Enzyme auch fuer den Anstieg bakterieller Antibiotika-Resistenz verantwortlich sind. Die juengste Entdeckung eines bestimmten Mitglieds dieser Enzymfamilie, der so genannten DNS-Polymerase R1, am Weizmann Institut, koennte neue Interventionsmoeglichkeiten gegen diese wachsende Bedrohung eroeffnen. Durch die Unterdrueckung der Aktivitaet von R1 und anderen aehnlichen DNS-Polymerasen koennte es moeglich sein, die Verbreitung Antibiotika-resistenter Bakterien einzudaemmen. Eine andere moegliche Anwendung ist die Rekonstruktion beschaedigter DNS, die an Verbrechenstatorten zurueckgelassen wurde, oder historischer DNS, die sich in den Ueberresten praehistorischer Pflanzen und Tiere findet. Diese zwei Formen der DNS sind oft beschaedigt (zum Beispiel durch Putzmittel, die die Indizien am Tatort beseitigen sollten, oder schlicht durch den Zahn der Zeit im Fall historischer DNS).

    'Fruehere Rekonstruktionsversuche mit bekannten DNS-Polymerasen wurden oft behindert, da selbst begrenzte DNS-Schaeden die Enzyme zur Unterbrechung ihrer Arbeit zwingt, was den gesamten Reproduktionsprozess zunichte macht', erklaert Livneh. 'Das Žschludrige` Duplikationsenzym R1 koennte sich mit seiner Toleranz fuer beschaedigtes genentisches Material in dieser Hinsicht als aeusserst hilfreich erweisen.

    Prof. Zvi Livneh ist Inhaber des Maxwell Ellis-Lehrstuhls fuer Biomedizinische Forschung. Seine Forschung wird unterstuetzt vom Dolfi-und-Lola-Ebner-Zentrum fuer Biomedizinische Forschung und der Minerva-Stiftung.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).