idw - Informationsdienst
Wissenschaft
S p e r r f r i s t: Mittwoch, 30. Juli 2008, 19:00 Uhr MESZ
Neue Erkenntnisse darüber, wie Zellen die Produktion von Proteinen mit Hilfe so genannter microRNAs steuern, haben die Forschungsteams von Matthias Selbach und Nikolaus Rajewsky vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch gewonnen. Sie konnten zeigen, dass ein einziges Gen, eine microRNA, die Bildung von hunderten von Proteinen steuern kann. Auf diese Weise können microRNAs das Verhalten menschlicher Zellen programmieren. Ihre Forschungsarbeit ist jetzt in Nature (doi:10.1038/nature07228) online erschienen*.
Proteine sind die wichtigsten Baustoffe aller Lebewesen: Aus ihnen bestehen der Körper, die Organe, alle Gewebe und Zellen sowie die molekularen Maschinen in diesen Zellen. Gene speichern die biologische Information und sind damit die Baupläne für Proteine. Alle Zellen im menschlichen Körper, ob Muskel- oder Hautzelle, Blut- oder Leberzelle, haben die gleichen Gene. Und dennoch produzieren die verschiedenen Zellen zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Proteine. Das muss so sein, denn nur dann kann sich ein Organismus gesund entwickeln und gesund bleiben. Dazu werden die Gene reguliert, das heißt an- und abgeschaltet.
Erst seit einigen Jahren ist bekannt, dass microRNAs bei dieser Genregulation eine wichtige Rolle spielen. Sie bestimmen also mit, welche Proteine in einer Zelle produziert werden. Schlägt diese Regulation fehl, können viele Krankheiten entstehen. Forscher versuchen weltweit Methoden zu entwickeln, um zu erkennen, welche microRNAs in Körperzellen aktiv sind und welche Proteine sie steuern. Bisher kennt die Forschung schon mehrere hundert microRNAs des Menschen, aber welche Proteine sie regulieren, ist nicht bekannt.
Mit einem Trick konnten die Doktoranden Björn Schwanhäusser und Nadine Thierfelder messen, wie miRNAs die Produktion von tausenden verschiedener Proteine steuern. Dazu beluden sie die Bausteine der Proteine, die Aminosäuren, mit stabilen, also nicht-radioaktiven Isotopen, und gaben sie zusammen mit microRNAs in Zellkulturen. Die Zellen bauten die markierten Aminosäuren in ihre Proteine ein. Auf diese Weise konnten sie die Produktion der Proteine exakt mit einem Massenspektrometer verfolgen. Durch computergestützte Analyse der Daten in Zusammenarbeit mit Raya Khanin von der Universität Glasgow (Großbritannien) konnte so der direkte Effekt einer einzelnen microRNA auf viele tausend Proteine untersucht werden.
Kann Schicksal einer Zelle verändern
Wie die MDC-Forscher jetzt feststellten, geschieht die Regulierung der Proteinsynthese sehr behutsam. "MicroRNAs drehen an vielen Schaltern, aber immer nur ein bisschen", erläutert Dr. Selbach. "Dadurch ist das System biologisch sehr robust und sehr flexibel. Grundsätzlich kann eine einzige microRNA auf diese Weise das Schicksal einer Zelle komplett verändern. In Krebszellen sind beispielsweise andere microRNAs aktiv als in gesunden Zellen."
Die MDC-Forscher untersuchten außerdem was geschieht, wenn die Menge einer bestimmten microRNA verringert oder erhöht wird. Dabei beobachteten sie, dass fast alle Proteine entgegengesetzt reguliert wurden. "Offenbar kann eine einzige microRNA die Produktion von fast allen Proteinen reversibel steuern" erklärt Nikolaus Rajewsky. Da microRNAs als aussichtsreiche Kandidaten für Diagnostik und Therapie von Krankheiten des Menschen gelten, werden die jüngsten Erkenntnisse der beiden Berliner Forscherteams möglicherweise in Zukunft von großer Bedeutung sein.
*Widespread changes in protein synthesis induced by microRNAs'
Matthias Selbach1, Björn Schwanhäusser1,2, Nadine Thierfelder1,2, Zhuo Fang1, Raya Khanin3, and Nikolaus Rajewsky1
1 Max Delbrück Center for Molecular Medicine, Robert-Rössle Str. 10, Berlin, Germany
3 Department of Statistics, 15 University Gardens, University of Glasgow, UK
2 These authors contributed equally to the work
Ein Photo, der an der Publikation beteiligten Wissenschaftler können Sie sich im Internet herunterladen unter: http://www.mdc-berlin.de/de/news/2008/index.html
Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
Robert-Rössle-Straße 10
13125 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 94 06 - 38 96
Fax: +49 (0) 30 94 06 - 38 33
e-mail: presse@mdc-berlin.de
http://www.mdc-berlin.de/
http://www.mdc-berlin.de/de/news/2008/20080505-berlin_erh_lt_institut_f_r_system...
http://www.mdc-berlin.de/de/news/2008/20080408-_aufregender_neuer_ansatz__f_r_di...
http://www.mdc-berlin.de/de/news/2006/20061130-zwei_helmholtz-nachwuchsforscher_...
1. Reihe von links: Zhou Fang und Björn Schwanhäusser, 2. Reihe von links: Nadine Thierfelder, 3. Re ...
(Photo: Jonas Maaskola/ Copyright: MDC)
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).