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14.08.2008 14:13

Trinkwasser des Gaza-Streifens stark mit Nitrat belastet

Doris Böhme Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

    Gaza/Leipzig. Palästinensische und deutsche Wissenschaftler haben den Behörden des Gaza-Streifens empfohlen, unverzüglich Maßnahmen gegen die überhöhten Nitratwerte im Trinkwasser zu unternehmen. 90 Prozent ihrer Wasserproben hätten Nitratkonzentrationen aufgewiesen, die zwei bis achtmal höher gewesen seien als der von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Grenzwert, schreiben Wissenschaftler der Universität Heidelberg und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) im Fachjournal Science of the Total Environment. Langfristig würde ein Qualitätsmanagement für die Grundwasserressourcen den größten Schutz bieten. Grundwasser ist für die Mehrheit der Bewohner des Gaza-Streifens die einzige Trinkwasserquelle. Nitrat kann bei Kleinkindern unter sechs Monaten zum Mangel an roten Blutkörpern, zu Durchfall und zur Übersäuerung führen. Deshalb empfiehlt die WHO, eine Konzentration von maximal 50 Milligramm pro Liter nicht zu überschreiten. Unveröffentlichten Untersuchungen zufolge hat bereits die Hälfte von 640 getesteten Kleinkindern Anzeichen des Mangels an roten Blutkörpern gezeigt. Die neue palästinensisch-deutsche Studie bestätigt frühere Wasseranalysen und gibt erstmals eine Quelle für die Belastung an. Mit Hilfe von Isotopenuntersuchungen konnten die Forscher nachweisen, dass die Nitratbelastung auf Dünger aus der Landwirtschaft und Abwässer zurückgeht.

    Der Gaza-Streifen gehört mit über 2600 Menschen pro Quadratkilometern zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Erde. Die Bewohner des Gebietes zwischen Mittelmeer, Ägypten und Israel sind durch die Isolation auf Eigenversorgung angewiesen. Die Felder werden hauptsächlich mit Hühner- und Kuhmist gedüngt. Kunstdünger macht lediglich etwa ein Viertel aus. Aufgrund der Geologie und des semiariden Klimas können Verunreinigungen relativ leicht von der Oberfläche in den Grundwasserleiter sickern. Organischer Dünger und Abwässer sind die Hauptursache für die Nitratbelastung im Grundwasser, gefolgt von Klärschlamm und Kunstdünger. Das ergaben die Isotopenverhältnisse 15N/14N des Stickstoffs und 18O/16O des Sauerstoffs im untersuchten Nitrat. Isotope sind Variationen des gleichen chemischen Elementes, die sich durch eine unterschiedliche Anzahl an Neutronen im Atomkern unterscheiden. 18O und 15N sind stabile, also nicht radioaktive Isotope, die schwerer als der "normale" Sauerstoff (16O) oder Stickstoff (14N) sind und dadurch per Massenspektrometer gemessen werden können. "Die niedrigeren Werte des Stickstoff-Isotopes 15N in Klärschlamm zeigen an, dass das Nitrat im Grundwasser von Gaza hauptsächlich auf Gülle als Dünger zurückzuführen ist", erklärt Dr. Karsten Osenbrück vom UFZ. Zwischen 2001 und 2007 hatten die Wissenschaftler siebenmal Wasserproben aus 115 kommunalen und 50 privaten Brunnen genommen. Dabei stellten sie Nitratkonzentrationen zwischen 31 und 452 Milligramm pro Liter fest. In lediglich 10 von 115 untersuchten kommunalen Brunnen wurde ein Nitratgehalt unterhalb des Richtwertes der Weltgesundheitsorganisation WHO gefunden. Ähnlich dramatisch war die Situation bei den privaten Brunnen: Bis auf drei zeigten alle Brunnen Nitratwerte, die fünf- bis siebenmal über den WHO-Empfehlungen lagen.
    Tilo Arnhold
    http://www.ufz.de/index.php?de=17112

    Publikation:
    Basem Shomar, Karsten Osenbrück, Alfred Yahya:
    Elevated nitrate levels in the groundwater of the Gaza Strip: Distribution and sources.
    SCIENCE OF THE TOTAL ENVIRONMENT 398 (2008) 164-174
    http://dx.doi.org/10.1016/j.scitotenv.2008.02.054
    Die Untersuchungen wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

    Weitere fachliche Informationen:
    Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
    Dr. Karsten Osenbrück
    Telefon: 0345-558-5207
    http://www.ufz.de/index.php?de=697
    und
    Dr. Basem Shomar
    Universität Heidelberg
    Telefon: 06221-546 009
    http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~i02/muelhome/basem.htm
    oder über
    Doris Böhme (UFZ-Pressestelle)
    Telefon: 0341-235-1269
    E-mail: presse@ufz.de


    Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
    Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 25.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).


    Bilder

    Einer der Grundwasserbrunnen im im Khan Younis Gebiet im Gazastreifen, der über das Monitoringprogramm im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes der Universität Heidelberg und der Regierungsbehörden von Gaza betrieben wird. Die Wasserproben werden sowohl in Gaza als auch Heidelberg auf Anionen, Kationen, Schwermetalle und organische Schadstoffe untersucht.
    Einer der Grundwasserbrunnen im im Khan Younis Gebiet im Gazastreifen, der über das Monitoringprogra ...
    Foto: Environment and Information Center at Gaza Governorate, Gaza
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    Getrockneter Klärschlamm aus einer Abwasserreinigungsanlage, Gaza, Mai 2007. Es gibt in Gaza keine Aufbereitungsanlagen für Klärschlamm. Deshalb wird er an der Sonne getrocknet und anschließend auf Reststoffhalden deponiert. Der Schlamm wird in den Laboren der Universität Heidelberg untersucht um zu prüfen, ob er in der Landwirtschaft wieder genutzt werden kann.
    Getrockneter Klärschlamm aus einer Abwasserreinigungsanlage, Gaza, Mai 2007. Es gibt in Gaza keine A ...
    Foto: Environment and Information Center at Gaza Governorate, Gaza
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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