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Wissenschaft
Wasseraufbereitungsanlagen gehören in Entwicklungs- und Schwellenländern noch immer zu den Ausnahmen. Gerade in ländlichen Regionen enden Kanalsysteme häufig in natürlichen Räumen: Das ungefilterte Abwasser belastet die Grundwasserqualität, bevor es durch Pumpen als Trinkwasser erneut zu Tage gefördert wird. Diese Gebiete benötigen zur Abwasserreinigung dezentrale Einzellösungen - Technologien, die auch unter schwierigen klimatischen Bedingungen dauerhaft funktionieren. Eine Lösung wurde am Zentrum für Ingenieurwissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg entwickelt. In den kommenden Wochen wird die Anlage im tunesischen Bent Saidene installiert.
Die Entscheidung, das Pilotprojekt im 50 Kilometer von Tunis entfernten Landesinneren durchzuführen, resultiert aus verschiedenen Gründen. "Tunesien bietet durch ganzjährig hohe Temperaturen ideale Testbedingungen. Außerdem könnten solche Anlagen in der weiterhin wachsenden Tourismusbranche eingesetzt werden und Hotelabwasser reinigen", erklärt Alexander Bahrt, der das Projekt an der MLU betreut. Des Weiteren gelang es den Ingenieuren, schon nach kurzer Zeit gute Beziehungen zum International Center for Environmental Technologies (CITET), einem in Tunis ansässigen Forschungsinstitut, und der tunesischen Umweltbehörde aufzubauen.
Verfahrensmix für höhere Reinigungsgrade
Bahrt und sein Team nutzen eine Kombination aus getauchtem Festbett- und Wirbelstromverfahren. Auf fixierten, oberflächengroßen und mit einem Biofilm aus Bakterien beschichteten Kunststoffstrukturen werden zunächst Kohlenstoffverbindungen zu Kohlendioxid und Wasser umgewandelt; anschließend wird der Ammoniumstickstoff des Abwassers zu Nitrat abgebaut." Das erspart den Wissenschaftlern die Einbindung des üblichen, jedoch technisch aufwändigeren Verfahrens mit Belebtschlamm, bei dem die ausgeflockte Biomasse umständlich zurückgeführt werden muss. "Das nitrathaltige Wasser wird dem Becken der vorgeschalteten Denitrifikation zugeführt. Bakterienkulturen auf frei schwebenden und in Bewegung gehaltenen Aufwuchskörpern reduzieren das Nitrat zu umweltneutralem Stickstoff", verdeutlicht Bahrt weiter. Obwohl das Wirbelstromverfahren zu sehr guten Ergebnissen führe, werde es in Deutschland nur selten eingesetzt. "Der Wissenschaft fehlten bisher die Erfahrungen."
Neue Herausforderungen durch neue Bedingungen
Über ein Jahr lang testeten die Mitarbeiter ihre Entwicklung in der Kläranlage Halle-Nord und verzeichneten je nach Abschnitt und Verfahren Reinigungsgrade über 70 Prozent; ob diese Ergebnisse auch unter tunesischen Bedingungen erreicht werden können, ist ungeklärt. "Es lassen sich nicht alle Szenarien im Labor nachstellen. Wir wissen beispielsweise, dass das tunesische Abwasser durch die häufige Verwendung von chlorhaltigen Reinigungsmitteln in Privathaushalten Stoffe enthält, die die Leistung der Anlage beeinflussen können. Möglicherweise kommt es auch zu einer sinkenden Aktivität der Bakterien bei zu hohen Temperaturen."
Die wissenschaftliche Überwachung übernimmt in den ersten Monaten MLU-Studentin Maria Castro im Rahmen ihres Industrie-Praktikums. Sie wird in Tunis mit dem CITET-Institut zusammenarbeiten und die Arbeit vor Ort koordinieren. Die von der deutschen Firma GEA 2H Water Technologies GmbH mit Sitz in Aachen gebaute Abwasserreinigungsanlage befindet sich derzeit auf dem Transport nach Tunesien. Die Projektkosten werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und von den Industriepartnern übernommen.
Text: Paolo Schubert
Ansprechpartner Prof. Dr. Heinz Köser
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Zentrum für Ingenieurwissenschaften
Geusaer Straße, Gebäude 135
06217 Merseburg
Tel.: 03461 46-2542
Fax: 03461 46-2710
heinz.koeser@iw.uni-halle.de
Bahrt und Castro bei der Überprüfung des Testaufbaus im Zentrum für Ingenieurwissenschaften am Stand ...
(Foto: Paolo Schubert)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
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