idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Das Deutsche Jugendinstitut hat im Rahmen seines Jugendhilfeb@rometers Jugendämter in einer bundesweiten Online-Vollerhebung nach ihrer Personalbedarfsbemessung, Arbeitsbelastung, den Folgen der Arbeitsbelastung sowie den Reaktionen darauf befragt.
328 Jugendämter haben an der Online-Befragung teilgenommen, das entspricht einem Rücklauf von 54,2%. Die Ergebnisse zeigen, dass in vielen Regionen eine Lücke zwischen Aufgabenmehrung mit hoher Arbeitsbelastung einerseits und personellen Ressourcen andererseits klafft.
Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) ist die zentrale (kommunale) Anlaufstelle für Bürger mit sozialen Problemen und Unterstützungs-bedarf in Fragen der Erziehung. Für die meisten ASD gilt, dass die Aufgaben nach dem SGB VIII, d.h. die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, den größten Anteil ihrer Arbeitskapazitäten ausfüllen. 41% der befragten Sozialen Dienste sind ausschließlich für die Kinder- und Jugendhilfe zuständig.
Die zunehmende Verdichtung der Arbeit sowie die psychische Belastung der Fachkräfte spiegelt sich in einer Zunahme von Überlastungsanzeigen in nahezu allen ASD wider. Ursachen für die hohe Arbeitsbelastung sind:
1. Die Zunahme komplexer Hilfebedarfe, z. B. steigt die Zahl der Eltern mit psychischen Erkrankungen sowie die Zahl von Eltern, die neben einer Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder, selbst Hilfen benötigen (z.B. Schuldnerberatung, Arbeitsvermittlung, Hilfe bei Wohnungsproblemen).
2. Die Zunahme schwieriger Abwägungsprozesse bei Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdung.
3. Umorganisationen innerhalb des ASD, die ständige Anpassungen der Fachkräfte an veränderte Rahmenbedingungen erfordern.
4. Sozialstaatliche Veränderungen, insbesondere solche, die Armut in Familien verfestigen.
Zusätzlich macht ein hoher zeitlicher Mehraufwand für Dokumentationstätigkeiten effektivere Dokumentationsverfahren nötig, damit die Fachkräfte hier entlastet werden.
Als Folgen der Arbeitsbelastung häufen sich bei mehr als der Hälfte (6 von 10) der befragten ASD unerledigte Aufgaben und bei mehr als einem Drittel (4 von 10) der Einrichtungen hat sich die Zahl der Krankheitstage erhöht. Bei einem Viertel der Dienste kommt es zu vermehrten Fehlern und bei einem Fünftel zu mehr Fluktuation.
Die ASD Leitungen versuchen dies in der Regel durch interne Umstrukturierungen und durch Qualifizierungsangebote sowie durch die Besetzung zusätzlicher Stellen aufzufangen. Ein kleiner Teil der Dienste strebt weitere Effizienzsteigerungen an.
Allerdings steht dem Bedarf an Fachkräften, z.B. um durch Neueinstellungen von Mitarbeitern zu hohe Arbeitsbelastung abzumildern oder die Nachbesetzung von Stellen insbesondere im Osten Deutschlands, wo aus Altersgründen ein erheblicher Teil von ASD-Mitarbeitern ausscheidet, ein Mangel an geeigneten Bewerbern auf dem Arbeitsmarkt gegenüber.
Als Kriterien für die Personalbedarfsplanung werden von der Mehrzahl der Sozialen Dienste die Fallzahl pro Vollzeitstelle und/oder Sozialindikatoren sowie Einwohnerzahlen verwendet. Bei 17% der ASD wird der Etat als ein Kriterium herangezogen. Dies erweist sich als problematisch, da Bürger auf viele Leistungen des ASD einen individuellen Rechtsanspruch haben, der sich nicht nach der Kassenlage der jeweiligen Kommune richtet. Verschärft wird diese Problematik noch dadurch, dass in Regionen mit überdurchschnittlich hohem Anteil an Kindern in SGB II-Bezug, der Etat häufiger Kriterium für die Personalbedarfsbemessung ist. Dies könnte als Hinweis darauf gewertet werden, dass diese Regionen insgesamt am Rande ihrer Leistungsfähigkeit stehen.
Die Umsetzung der Personalbedarfsbemessung in die Realität bleibt ein schwieriger Prozess, da der Personalbedarf im ASD in Konkurrenz zu anderen kommunalen Pflichtaufgaben steht. Dennoch gab es bei einem beachtlichen Anteil der ASD (44%) seit 2005 einen Stellenzuwachs aufgrund der Ergebnisse der Personalbedarfsbemessung. Hier ist es den Leitungen offenbar gelungen, den politischen Entscheidungsinstanzen die Notwendigkeit einer personellen Aufstockung zu verdeutlichen.
Den gesamten Bericht zur Arbeitssituation und Personalbemessung im ASD finden Sie als downloadfähige PDF-Datei unter: http://www.dji.de/bibs/64_9515_ASD_Bericht.pdf
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Recht
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).