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22.09.2008 17:16

Wahlen in Bayern und Österreich: Was passiert, wenn...?

Achim Fischer Pressestelle
Universität Mannheim

    MZES-Politikwissenschaftler berechnet Koalitionswahrscheinlichkeiten / Warum Schwarz-Rot in Wien fast sicher ist - und in München gar nicht so unwahrscheinlich.

    Schwarz-Grün in Hamburg, Hängepartie in Hessen: Der Wähler hat es in letzter Zeit schwer, die Folgen seines Votums abzuschätzen. "Die Koalitionsaussagen der Parteien sind bekanntlich nicht immer ausreichend, um Regierungsbündnisse abschätzen zu können", erklärt Dr. Marc Debus, Politikwissenschaftler am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim. Mit seinem Konstanzer Kollegen PD Dr. Thomas Bräuninger hat der 29-jährige daher ein Modell entwickelt, um die Wahrscheinlichkeiten von Koalitionen zu berechnen.

    "Wir haben alle deutschen Landtagswahlen seit 1990 samt den daraus resultierenden Regierungsbildungen ausgewertet. Außerdem berücksichtigen wir für unsere Berechnungen die aktuellen bundespolitischen Rahmenbedingungen und die programmatischen Positionen der Landesparteien", so Debus weiter. Auf diese Weise lasse sich relativ gut prognostizieren, welche Koalition wie wahrscheinlich ist: "Über 75 Prozent aller auf Landesebene gebildeten Regierungsbündnisse können wir auf diese Weise korrekt vorhersagen."

    Sonderfall Bayern: Schwarz-Gelb eher unwahrscheinlich

    Aber wie sieht es für den Sonderfall Bayern aus, wo die CSU-Alleinregierung nach den neuesten Umfragen auf dem Spiel steht? Debus hat ein Szenario für den Fall entworfen, dass die CSU bei der Landtagswahl am 28. September 2008 die absolute Mehrheit der Parlamentssitze verliert und neben der SPD und den Grünen auch Freie Wähler, FDP und Linkspartei in den Landtag einziehen. "Unter diesen speziellen Bedingungen hätte eine große Koalition aus CSU und SPD mit einer Wahrscheinlichkeit von 42 Prozent die größten Chancen", so Debus. Grund dafür seien die bestehende große Koalition auf Bundesebene sowie relativ ähnliche Positionen von CSU und SPD in der Wirtschaftspolitik. Beides mache ein mögliches Bündnis erfahrungsgemäß deutlich wahrscheinlicher. Zudem habe weder CSU noch SPD eine große Koalition explizit ausgeschlossen.

    Mit deutlichem Abstand folgt in Debus' Szenario ein Bündnis der CSU mit den Freien Wählern, für das er 34 Prozent Wahrscheinlichkeit errechnet. Die Chancen für Schwarz-Gelb stehen in Bayern mit 21 Prozent Wahrscheinlichkeit demnach eher schlecht: "Einige Positionen der CSU, beispielsweise für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale, lassen sich mit der Wirtschaftspolitik der FDP nur sehr schwer vereinbaren", so der Politikwissenschaftler. Praktisch ausschließen kann Debus eine bayerische Regierung ohne die CSU: "Selbst unter den von mir angenommenen speziellen Bedingungen wird die CSU Regierungspartei bleiben. Eine Gegenmehrheit aus SPD, Grünen, FDP, Linken und Freien Wählern existiert dann zwar rechnerisch, nicht aber politisch."

    Österreich steht vor Neuauflage der großen Koalition

    Basierend auf einem ähnlichen Modell hat Debus auch die möglichen Regierungsbündnisse für Österreich nach der ebenfalls am 28. September stattfindenden Nationalratswahl berechnet. Dafür geht er von folgender Sitzverteilung aus: SPÖ 59 Sitze, ÖVP 55 Sitze, Grüne 23 Sitze, FPÖ 31 Sitze, BZÖ 15 Sitze. Für das Liberale Forum (LIF) und die "Liste Fritz Dinkhauser" nimmt Debus das Scheitern an der in Österreich geltenden Vierprozenthürde an.

    "Denkbar wäre mit diesem Ergebnis eine ganze Reihe von Koalitionen. Selbst wenn man die Koalitionsaussagen der Parteien vollkommen ignoriert, ergibt sich aber aufgrund der politischen Inhalte und Rahmenbedingungen nur für die große Koalition eine hohe Wahrscheinlichkeit: Nämlich 54,6 Prozent." Bezieht man die Koalitionsaussagen der Parteien mit in die Berechnungen ein, ergibt sich laut Debus ein noch eindeutigeres Bild: "Die Parteien haben so viele Bündnispartner ausgeschlossen, dass voraussichtlich praktisch nur eine Lösung möglich ist. Die Wahrscheinlichkeit für eine Neuauflage der großen Koalition beträgt unter diesen Bedingungen 93,1 Prozent."

    Bräuninger, Thomas, und Marc Debus: Der Einfluss von Koalitionsaussagen, programmatischen Standpunkten und der Bundespolitik auf die Regierungsbildung in den deutschen Ländern, Politische Vierteljahresschrift, 2008: 49, Heft 2, S. 283-312.

    Debus, Marc: Pre-Electoral Commitments and Government Formation, Public Choice (erscheint Anfang 2009).

    Kontakt und weitere Informationen:

    Dr. Marc Debus
    Projektleiter
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
    Universität Mannheim
    Telefon: +49-621-181-2809
    Telefax: +49-621-181-2845
    Marc.Debus@mzes.uni-mannheim.de

    Nikolaus Hollermeier
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
    Direktorat / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Telefon: +49-621-181-2839
    Telefax: +49-621-181-2866
    nikolaus.hollermeier@mzes.uni-mannheim.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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