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Wissenschaft
Neue Ringvorlesung des Präsidenten startet am 3. November 2008
Gedankenlesen, Hirn-Doping, Neuroprothesen, künstliche Intelligenz - die Erforschung des Gehirns macht rasante Fortschritte. Dabei können sich viele der neuen Fragen beim genaueren Hinsehen durchaus als "die alten Fragen" herausstellen: Was ist der Mensch? Was ist die "Seele" in Zeiten der Hirnforschung? Ist unser "Geist" nichts anderes als die Erregung von Nervenzellen? Wollen wir Gedanken lesen? Welche Bedeutung hat die Neuroforschung für das Strafrecht? Haben wir einen freien Willen? Was ist Religion? Wollen wir Doping für das Gehirn? Können Ingenieure Gehirne nachbauen? Was prägt unser Gehirn? Wo endet die Macht der Gene?
Mit dem Vortrag "Was ist neu am Menschenbild der Neurowissenschaften?" eröffnet der Düsseldorfer Philosoph und Ethiker Prof. Dr. Dieter Birnbacher am 3. November 2008 die neue Ringvorlesung des Präsidenten "Die Zukunft des Gehirns". Das Thema steht in engem Zusammenhang mit den Schwerpunkten der Forschung in den Fachgebieten Psychologie, Medizin und Philosophie an der JLU. In insgesamt neun Vorträgen wird insbesondere aus neuro- und kognitionswissenschaftlicher Perspektive der enorme Aufschwung der Hirnforschung deutlich werden. Die Reihe schlägt jedoch auch einen Bogen zu den Fragen der Geistes- und Kulturwissenschaften und soll auf diese Weise den Dialog zwischen den Lebens- und Kulturwissenschaften fördern.
Die Ringvorlesungen des Präsidenten wenden sich gleichermaßen an universitäres Publikum und an Publikum aus Stadt und Region. Die Reihe wird in diesem Semester in Kooperation mit der Professur für Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung, Prof. Dr. Markus Knauff, durchgeführt. Dabei ist es der JLU wieder gelungen, international renommierte Wissenschaftler für die Vorlesungsreihe zu gewinnen.
Angesichts des enormen Aufschwungs der Hirnforschung entsteht manchmal der Eindruck, die Wissenschaft stünde kurz davor, Geheimnisse unseres Gehirns zu entschlüsseln. Dabei vermag niemand zu sagen, ob dies in 20, 30 oder 100 Jahren geschehen wird und was wir damit erfahren können über unsere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln. Gemeinsam ist allen Vorträgen, dass sie sich mit den verschiedensten Aspekten der Hirnforschung und Neurowissenschaft sowie mit den noch weitgehend unbekannten Folgen neurowissenschaftlicher Erkenntnisse auseinander setzen. Die Vorlesungsreihe wird auch danach fragen, mit welchen Folgen für Mensch und Gesellschaft wir rechnen müssen.
Dem Philosophen Dieter Birnbacher folgt im zweiten Vortrag der Psychiater und Psychologe Manfred Spitzer, Ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm und Leiter des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL). Er wird sich mit den Folgen neurowissenschaftlicher Erkenntnisse für pädagogische Anwendungsfelder auseinandersetzen. Im Vortrag des Gedächtnispsychologen Hans Markowitsch, Professor für Physiologische Psychologie an der Universität Bielefeld, geht es um die Beziehungen zwischen Gehirn, Gedächtnis und Altersvergesslichkeit. Der Philosoph und Neuroethiker Thomas Metzinger von der Universität Mainz wird die Hypothese vertreten, dass die Fortschritte der Neurowissenschaft eine neue Ethik notwendig machen. Der Neurologe Yves von Cramon ist Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Neurologische Forschung in Köln und wird sich mit der Frage beschäftigen, wie unser Gehirn unser moralisches Urteilsvermögen hervorbringt. Der Neuropsychologe Niels Birbaumer ist Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie der Universität Tübingen und Leibniz-Preisträger (1995). Er wird über die neuen Möglichkeiten von Hirn-Computer-Schnittstellen berichten und die Frage stellen, wie diese therapeutisch eingesetzt, aber auch zum Gedankenlesen "missbraucht" werden können. Der Neuroinformatiker Helge Ritter von der Universität Bielefeld ist ebenfalls Leibniz-Preisträger (2001). Er wird darüber berichten, wie elementare intelligente Fähigkeiten bei der Bewegungsstörung in Computern und Robotern nachgebildet werden können. Der Hirnforscher und Mediziner Wolf Singer ist Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung in Frankfurt am Main: Sein Thema sind die fließenden Übergänge zwischen Natur-, Human- und Geisteswissenschaften. Er ist Träger des "Communicator-Preises" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). 1992 wurde Prof. Singer außerdem zum lebenslangen Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften in Rom ernannt. Den Abschluss der Reihe bildet der Sozialpsychologe Harald Welzer: Der Leiter des Bereichs "Erinnerungskultur" am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen und Forschungsprofessor für Sozialpsychologie an der privaten Universität Witten-Herdecke wird zeigen, wie sehr das Gehirn nicht nur durch die Natur, sondern auch durch kulturelle Faktoren geprägt wird.
Mit der aktuellen Ringvorlesung wird das erfolgreiche Format fortgesetzt, das im letzten Jahr mit der zweisemestrigen Vorlesungsreihe zum "Globalen Wandel" großen Zuspruch fand.
Termine und Referenten der Ringvorlesung im Überblick
3. November 2008 o Prof. Dr. Dieter Birnbacher
Professor für Praktische Philosophie an der Heinrich-Heine-
Universität Düsseldorf und Mitglied der Zentralen Ethikkommission
der Bundesärztekammer
"Was ist neu am Menschenbild der Neurowissenschaften?"
17. November 2008 o Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer
Ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm und Leiter des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) an der Universität Ulm
"Das Gehirn lernt immer: Neurowissenschaft für Kindergarten und Schule"
24. November 2008 o Prof. Dr. Hans J. Markowitsch
Professor für Physiologische Psychologie an der Universität
Bielefeld
"Alt und vergesslich? Beziehungen zwischen Gehirn, Gedächtnis
und Altersvergesslichkeit aus Sicht der Neurowissenschaften"
1. Dezember 2008 o Prof. Dr. Thomas Metzinger
Professor für Philosophie und Leiter des Arbeitsbereichs
Theoretische Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz
"Von der Neuroethik zur Bewusstseinsethik"
8. Dezember 2008 o Prof. Dr. D. Yves von Cramon
Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Neurologische Forschung in Köln
"Das moralische Gesetz in mir: Überlegungen zu Moral und Gehirn"
15. Dezember 2008 o Prof. Dr. Niels Birbaumer
Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie und
Verhaltensneurobiologie der Universität Tübingen
"Gehirn-Computer-Verbindungen: Gedankenlesen oder Therapie?"
19. Januar 2009 o Prof. Dr. Helge Ritter
Professor für Neuroinformatik an der Universität Bielefeld
"Manuelle Intelligenz als Meilenstein für natürliche und künstliche
Gehirne"
2. Februar 2009 o Prof. Dr. Wolf Singer
Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung
in Frankfurt am Main
"Hirnforschung an der Grenze zwischen Natur- und Humanwissenschaften"
9. Februar 2009 o Prof. Dr. Harald Welzer
Leiter des Bereichs "Erinnerungskultur" am Kulturwissenschaftlichen
Institut Essen und Forschungsprofessor für Sozialpsychologie
an der Universität Witten-Herdecke
"Das kulturelle Gehirn"
Alle Vorträge finden in der Aula der Justus-Liebig-Universität Gießen statt (Ludwigstraße 23, 35390 Gießen). Beginn ist jeweils 19 Uhr c.t. Der Eintritt ist frei.
Kontakt:
Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel, JLU-Vizepräsident
Ludwigstraße 23, 35390 Gießen
Telefon: 0641 99-12020, Fax: 0641 99-12029
E-Mail: Karl-Heinz.Kogel@agrar.uni-giessen.de
Prof. Dr. Markus Knauff
Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung Fachbereich 06 Justus-Liebig-Universität Gießen
Otto-Behaghel-Strasse 10F D - 35394 Giessen
Telefon: 0641 / 99 - 26180
E-Mail: Markus.Knauff@psychol.uni-giessen.de
Andreas Schulte M.A., Dipl.-Journ., Persönlicher Referent
Telefon: 0641 99-12005, Fax: 0641 99-12009
E-Mail: Andreas.Schulte@admin.uni-giessen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Medizin, Philosophie / Ethik, Psychologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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