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Das im Juni 2008 beendete Projekt ILIPT (Intelligent Logistics for Innovative Product Technologies) kann als Wegweiser für ein neues Fertigungskonzept der europäischen Automobilindustrie angesehen werden - weg von der Massenproduktion hin zur kundenindividuellen Auftragsproduktion im Netzwerk.
Die Bestellung eines kundenindividuellen Neuwagens über das Internet kann heutzutage nur noch wenige Minuten dauern. Auf sein Fahrzeug wartet ein Kunde aber dennoch im Schnitt bis zu 40 Tage. Beides ist mittlerweile Standard bei großen Automobilherstellern. Der überwiegende Teil dieser Zeit wird für Auftragsbearbeitung und Einplanung benötigt. Will man diese Zeit deutlich reduzieren, müssen isolierte Auftragsmanagement- und Planungssysteme ersetzt und das Beschaffungsnetzwerk an den Auftragsmanagementprozess des Automobilherstellers angebunden werden. Lange Informationsflusszeiten müssen reduziert und die Planungsqualitäten im Netzwerk erheblich verbessert werden. Dadurch entsteht ein echtzeitfähiges, kundenorientiertes Produktionsnetzwerk.
Der Prototyp eines solchen Systems wurde unter anderem von Fraunhofer IPA im Rahmen der europäischen "5-Tages-Auto-Initiative" entwickelt. Ein kundenspezifisches Fahrzeug innerhalb von fünf Tagen nach Eingang einer Bestellung den Kundenwünschen entsprechend herzustellen und auszuliefern - mit minimalen Beständen an Komponenten und Modulen entlang der Lieferkette über die Zulieferer hinweg, war das Ziel der Initiative. Dieser visionären Aufgabe stellte sich das von der EU im 6. Rahmenprogramm geförderte Projekt ILIPT. Insgesamt 30 Partner aus 12 europäischen Ländern, darunter namhafte Automobilhersteller, Zulieferer, Forschungsinstitute und Softwareanbieter, erforschten und entwickelten in den letzten vier Jahren neue Produktions- und Logistikkonzepte in der Automobilindustrie, die eine bestandslose Build-to-Order-Produktion ermöglichen.
Neben dem bereits erwähnten durchgängigen IT-System für Produktionsnetzwerke wurden innovative Produktstrukturen für die Auftragsfertigung kundenindividueller Fahrzeuge entwickelt. Hierbei lag der Fokus insbesondere in der systematischen Modularisierung und Standardisierung von Baugruppen und Komponenten, die es ermöglichen, starre Produktionsprozesse durch flexible, dezentrale Produktionsnetzwerke abzulösen (Bild 1).
Des Weiteren nahm die Gestaltung der Material- und Informationsflüsse sowie der Planungs- und Steuerungsprozesse eine zentrale Rolle innerhalb des ILIPT-Projekts ein. Die Fraunhofer Institute IPA und IML waren dabei wesentlich an der Entwicklung einer netzwerkorientierten Build-to-Order-Planungs- und Auftragsabwicklungsarchitektur sowie der dazugehörigen Prozesse beteiligt. Sie fanden heraus, dass die Netzwerkstruktur eines Build-to-Order-Produktionsnetzwerks von der Auftragsentkopplungsgrenze abhängig ist, die je nach Modul bzw. Komponente zwischen der zweiten Stufe vor der Endmontage und der Endmontage selbst liegen kann. Dabei ist es auch hier wichtig, dass überwiegend standardisierte Module und Komponenten gefertigt werden, die erst so spät wie möglich kundenindividuell angepasst werden (Bild 2).
Damit gibt die Auftragsentkopplungsgrenze an, dass alle Komponenten vor ihr auf Bestand produziert werden, während sich hinter ihr nur noch Kundenaufträge im Netzwerk befinden. Unter diesen Umständen kann gewährleistet werden, dass sich die zur Verfügung stehenden fünf Tage in zwei bis drei Tage für die Teileversorgung der Montage, einen Tag für die Montage des kundenspezifischen Fahrzeugs und ein bis zwei Tage für die Fahrzeugauslieferung an den Endkunden zusammensetzt. Dabei wurden in einer Simulation die optimalen Standorte der Endmontagewerke ermittelt, die für eine Fahrzeugauslieferung an nahezu jeden Kunden in Europa innerhalb von maximal zwei Tagen benötigt werden.
Um von der heutigen Massenproduktion in die flexible Fertigung der Zukunft zu gelangen, wurden zudem Methoden und die entsprechende Software entwickelt, die es ermöglichen, innovative Konzepte im Bereich Produktdesign, Netzwerkdesign und Auftragsabwicklung zu validieren. Eine wesentliche Erkenntnis von ILIPT ist, dass neben der Entwicklung der für die Realisierung eines 5-Tage-Autos notwendigen Strukturen und Prozesse auch deren Anwendbarkeit in der Praxis erfolgreich nachgewiesen wurde.
Ihr Ansprechpartner für weitere Informationen:
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA
Dipl.-Wirt.-Ing. Stefanie Ost
Telefon: +49 711 970-1954, E-Mail: : stefanie.ost@ipa.fraunhofer.de
Dipl.-Geod. Jörg Mandel
Telefon: +49 711 970-1980, E-Mail: joerg.mandel@ipa.fraunhofer.de
Konzept für eine modulare Karosserie von ThyssenKrupp Automotive.
Fraunhofer IPA
None
Die Struktur der Supply Chain in einem BTO-Produktionsnetzwerk.
Fraunhofer IPA
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Maschinenbau, Verkehr / Transport, Werkstoffwissenschaften, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
Deutsch
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