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Wissenschaft
Augsburger Studie von Evi Hallermayer über kulturbedingte Missinterpretationen von Filmen
Augsburg/CW - "Filme analysieren - Kulturen verstehen": Mit dem Titel der jüngst im UVK Verlag erschienenen Studie, mit der die Autorin Evi Hallermayer an der Universität Augsburg bei Prof. Dr. Thomas Hausmanninger (Christliche Sozialethik) promoviert hat, scheinen Konzeption und Intention des Buches unmittelbar auf: Filme international anerkannter Regisseure oder international agierender Verleiher sind längst zu einem global konsumierten Produkt erwachsen. Doch können wir Filme, die aus uns fremden oder zumindest fernen Kulturen stammen, tatsächlich in ihrer Tiefe verstehen? Oder führen nicht gerade die kulturellen Diskrepanzen zu Missverständnissen in der Lesart dieser Filme? Am Beispiel des Films "Yojimbo" von Akira Kurosawa und dessen beiden Remakes aus Italien und Amerika zeigt Hallermayer, wie sich kulturelle Unterschiede in der Umsetzung des Stoffes widerspiegeln.
Der Film als wirklichkeitsnahes Spiegelbild einer Kultur
Der Film ist ein wirklichkeitsnahes Spiegelbild der Kultur, aus der er entspringt. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass Filme ein nicht unerhebliches Medium darstellen, wenn es um die Konstruktion von Realität, also unser aller Bild von Welt geht. Es gilt daher zu hinterfragen, ob Filme aus unterschiedlichen Kulturräumen bei einer globalen Verbreitung von kulturell unterschiedlichsten Rezipienten auch wirklich "verstanden" werden, oder nicht sogar große Missverständnisse über die jeweiligen Kulturen produziert werden.
Akira Kurosawa - Sergio Leone - Walter Hill
Der Samurai-Film "Yojimbo" des japanischen Regisseurs Akira Kurosawa aus dem Jahr 1961 hat zwei berühmte Remakes hervorgebracht. 1964 setzte zunächst der Italiener Sergio Leone Stoff und Geschichte in dem Italowestern "Per un pugno di dollari" mit Clint Eastwood um. Über 32 Jahre später verpackte dann Walter Hill die Story in dem amerikanischen Actionfilm "Last Man Standing".
Eine Geschichte in drei verschiedenen kulturellen Kontexten
Die drei Filme betten dieselbe Geschichte in drei unterschiedliche Kontexte. Der im wahrsten Sinne bildliche Vergleich der Kulturräume wird dadurch umso anschaulicher. Die Räume und Filme sind so gewählt, dass einerseits signifikante kulturelle Differenzen aufgrund der Verschiedenheit der Kulturen erwartet werden können, andererseits die Vergleichbarkeit durch die konsekutive Abhängigkeit ermöglicht wird.
Filmische Themen und ihre Missinterpretationen
In den drei Filmen werden unter anderem Themen wie Sozialkritik und allgemeine gesellschaftliche Verwirrung, Freiheit und staatliche Ordnung aufgegriffen, familiäre Strukturen werden dargestellt, es geht um normative Aspekte, etwa um die Typologie der Guten und der Bösen, um Moral und Menschlichkeit oder um die Darstellung von Helden und Frauen.
Hallermayer arbeitet heraus, dass dabei jenseits konkreter Themen auch die Darstellung in ihrer Bedeutung differiert, da sie kulturgebunden ist. Wo und in welcher Perspektive wer und was im Bild erscheint, wer in welcher Richtung auftritt und abgeht, welche Gegenstände was symbolisieren und wie schließlich die Erzählung selbst verläuft, um einen Aussagecharakter zu erzeugen, ist in hohem Maß abhängig von der Kultur, in der das konkrete filmische Produkt entsteht. Je größer die Differenzen zwischen den Kulturen sind, in denen Filme gedreht werden, desto größer sind auch die Differenzen zwischen diesen Filmen und desto weniger kann ihre Aneignung außerhalb ihres kulturellen Entstehungskontexts als "selbstverständlich" betrachtet werden. Missinterpretationen sieht Hallermayer sogar als die Regel, an der sich, ungeachtet des ständig zunehmenden Austauschs von Medienprodukten, bis in die Gegenwart nichts verändert habe. Für die Autorin ergibt sich daraus die Frage, ob das Medium Film, das bei Kindern und Jugendlichen häufig einen Beitrag zu deren Konstruktion von Welt leistet, nicht kontinuierlicher Gegenstand der schulischen Auseinandersetzung sein sollte.
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Evi Hallermayer: Filme analysieren - Kulturen verstehen. Über Akira Kurosawas "Yojimbo" und seine beiden Remakes "Per un pugno di dollari" und "Last man standing", UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2008, 548 Seiten, 49,- Euro, ISBN 978-3-86764-125-8.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Kulturwissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Pädagogik / Bildung, Philosophie / Ethik, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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