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29.01.2009 11:13

Rettender Eingriff an der Lunge eines Jungen im Mutterleib

Dr. Inka Väth Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Jan drohte nach der Geburt zu ersticken. Denn ab der 16. Schwangerschaftswoche verlor die Fruchtblase seiner Mutter durch ein kleines Leck Wasser. Ihre Gebärmutter und seine Bauchorgane quetschten seine Lunge zunehmend ein - sie konnte dadurch nicht weiterwachsen. Mit einem Eingriff in die Atemwege des ungeborenen Kindes retteten Fetalchirurgen am Universitätsklinikum Bonn dem kleinen Jan vermutlich das Leben.

    Damit gelang dieser Eingriff den Bonnern bereits zum zweiten Mal. Diesmal konnten die Ärzte aber nicht nur der Lunge beim Wachsen zu schauen, sondern bereits nach zwei Tagen eine deutlich verbesserte Lungendurchblutung feststellen. Die renommierte amerikanische Fachzeitschrift Obstetrics & Gynecology berichtete jetzt über diesen Fall.

    Es war keine einfache Schwangerschaft. Die Fruchtblase von Ira S. verlor schleichend Wasser. Kritisch war der Zeitpunkt, denn in der 16. Schwangerschaftswoche ist die Lunge des heranwachsenden Kindes noch nicht ausgereift. Ohne das schützende Flüssigkeitspolster wurde Jan zunehmend eingeengt, die Organe drückten auf die noch viel zu kleine Lunge. Diese konnte daher nicht weiter wachsen. Etwa jedes fünfte Ungeborene hat nach einem Blasensprung vor der 20. Schwangerschaftswoche eine stark unterentwickelte Lunge, bei der Geburt besteht dadurch die Gefahr, dass sie ersticken. "Für viele Schwangere ist das ein Grund, die Schwangerschaft abzubrechen, obwohl das Kind ansonsten gesund ist. Doch so hoffnungslos ist diese Situation nicht", sagt Professor Dr. Thomas Kohl, Leiter des Deutschen Zentrums für Fetalchirurgie und minimal-invasive Therapie (DZFT) am Universitätsklinikum Bonn. Er berät weltweit Schwangere bei einem vorzeitigen Blasensprung und klärt, ob ein vorgeburtlicher Eingriff hilfreich sein könnte.

    Der Lunge beim Wachsen zuschauen

    Die Eltern gaben Jan nicht auf und kamen in der 24. Schwangerschaftswoche in das Perinatalzentrum am Universitätsklinikum Bonn, wo eine Maximaltherapie wie unter anderem Lungenreifeförderung und künstliche Beatmung bei extrem unreifen Frühgeborenen geleistet wird. Pränatalmediziner, Neonatologen und Hebammen kümmerten sich intensiv um Mutter und Kind und führten viele Gespräche mit den jungen Eltern. Zu diesem Zeitpunkt war die Lunge von Jan zwei Monate im Wachstum zurück und zudem kaum noch durchblutet. Der Junge hatte nur eine geringe Überlebenschance. Professor Kohl riet zu einer vorgeburtlichen Operation. Noch ist ein solcher fetalchirurgischer Eingriff unter diesen Bedingungen wenig erprobt. "Aber durchaus erfolgversprechend", betont Professor Kohl. Die Eltern griffen nach diesem Strohhalm: "Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben. Diese Chance sollte Jan bekommen", sagt die Mutter.

    Über eine kleine Öffnung im Bauch der Mutter führten der Bonner Fetalchirurg das Operationsgerät - so dünn wie eine Kugelschreibermine - in die Fruchthöhle ein. Unterstützt durch Kamera und Ultraschall tastete er sich mit diesem so genannten Fetoskop über die Mundöffnung bis zur Luftröhre von Jan vor. Dort blies das Team einen Mini-Ballon auf, der den Atemkanal verschloss. Die von der vorgeburtlichen Lunge ständig produzierte Flüssigkeit konnte dann nicht mehr über die so blockierten Atemwege abfließen. "Der so aufgebaute Flüssigkeitsdruck regte die Lunge an zu wachsen. So rangen wir um jeden Milliliter Lunge", sagt Professor Kohl. Nach sieben Tagen wurde der Latexballon wieder entfernt. Jans Lunge hatte zu diesem Zeitpunkt enorm aufgeholt und war fast normal groß. "Zum ersten mal sahen wir, dass sich auch die Lungendurchblutung schon am zweiten Tag deutlich verbessert hat - entscheidend für eine spätere selbständige Atmung", freut sich Professor Kohl. "Jan ist ein hervorragendes Beispiel für das lebensrettende Potential der neuen Behandlungsmethode bei einem frühen Blasensprung."

    Nach der Geburt Mitte Mai 2008 kümmerten sich sofort Frühchenspezialisten der Neonatologischen Intensivpflegestation (NIPS) um den kleinen Jan. Bereits am dritten Tag konnte er selbständig atmen und wog zum errechneten Geburtstermin bereits rund 3.500 Gramm. "Alle waren überrascht, wie toll sich Jan bereits zu diesem Zeitpunkt entwickelt hatte", strahlt die glückliche Mutter.

    Mehr Informationen gibt es im Internet unter http://www.uniklinik-bonn.de/dzft

    Die Bilder zu dieser Pressemitteilung gibt es im Internet unter http://www1.uni-bonn.de/pressDB/jsp/pressemitteilungsdetails.jsp?detailjahr=2009&detail=022.

    Kontakt für die Medien:
    Professor Dr. Thomas Kohl
    Leiter des Deutschen Zentrums für Fetalchirurgie & minimal-invasive Therapie (DZFT) am Universitätsklinikum Bonn
    Telefon: 0228/287-11341
    E-Mail: thomas.kohl@ukb.uni-bonn.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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