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10.02.2009 12:41

Neue Ansätze zur Vererbung von Herzinfarkt gefunden

Michael van den Heuvel Kommunikation
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt

    Neuherberg, 10. Februar 2009. Einem internationalen Forscherteam, darunter Wissenschaftlern des Helmholtz Zentrums München, ist es gelungen, neue Genvarianten zu identifizieren, die mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko verbunden sind. Die gefundenen Gene und die zugrunde liegenden Mechanismen bieten völlig neue Ansätze, die Vererbungsmuster beim Herzinfarkt zu verstehen und Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.

    Ein wesentliches Ergebnis einer der Untersuchungen ist zudem, dass bei Menschen, die nicht nur einen, sondern mehrere der genetischen Marker in sich tragen, die Herzinfarktwahrscheinlichkeit mehr als verdoppelt ist. Mehrere Arbeiten dazu sind nun online in der renommierten Fachzeitschrift Nature Genetics publiziert worden.

    Unter Koordination der Universität zu Lübeck ist es deutschen, europäischen und amerikanischen Kollegen in drei groß angelegten Studien gelungen, neue Gene für den Herzinfarkt zu entdecken. Das Helmholtz Zentrum München war mit seinen Instituten für Epidemiologie (Leitung: Prof. Dr. Dr. H. Erich Wichmann) und für Humangenetik (Leitung: Prof. Dr. Thomas Meitinger) beteiligt. Die Helmholtz-Wissenschaftler hatten bei Tausenden Patienten das gesamte menschliche Genom mit Hunderttausenden genetischer Marker abgesucht. Sie hatten sowohl Herzinfarkt-Patienten aus der KORA-Studie (Leitung: Dr. Christine Meisinger) als auch gesunde Kontrollen aus der Bevölkerung in die Studien eingebunden.

    "Die Herausforderung für die Zukunft liegt für uns nun darin, das Wissen über vererbliche Faktoren und Lebensstilfaktoren zu integrieren, um eine wirkungsvolle Vorsorge für die Bevölkerung etablieren zu können", sagte Prof. Dr. Annette Peters, Arbeitsgruppenleiterin am Helmholtz Zentrum München.

    Die erste der drei Arbeiten untersuchte eine Million genetischer Marker bei 1.200 Patienten mit Herzinfarkt und einer gleich großen Anzahl von gesunden Probanden. Die nachgeschalteten Kontrolluntersuchungen an weiteren 25.000 Patienten und gesunden Personen bestätigten den initialen Verdacht: Auf den Chromosomen 3 und 12 sitzen Gene, deren Varianten den Herzinfarkt verursachen können. Bei einem dieser Gene, dem so genannten MRAS-Gen, wird vermutet, dass es eine wichtige Rolle in der Gefäßbiologie einnimmt. Beim zweiten Gen, dem HNF1A-Gen, besteht eine enge Beziehung zum Cholesterinstoffwechsel.

    Das besondere Element der zweiten Arbeit liegt darin, dass sie nicht nur einzelne genetische Marker bezüglich ihres Einflusses auf das Herzinfarktrisiko untersucht hat, sondern auch Haplotypen, also Kombinationen aus bis zu zehn benachbarten Markern. Damit lässt sich eine noch höhere Dichte der genetischen Information ableiten, als dies für einzelne Marker der Fall ist. So konnten die Wissenschaftler eine weitere Region, diesmal lokalisiert auf dem Chromosom 6, identifizieren, welche mit dem Herzinfarktrisiko vergesellschaftet ist. Das dort lokalisierte LPA-Gen reguliert die Konzentration eines bestimmten Lipoproteins - ein Partikel, das im Blut Fette wie beispielsweise das Lipoprotein (a) transportiert. Auch dieses Wissen lässt sich möglicherweise zukünftig für neue therapeutische Interventionen nutzen.

    Die dritte Arbeit, die im Namen des Myocardial Infarction Genetics Consortium (MIGen) veröffentlicht wird, konnte drei weitere, bislang unbekannte Herzinfarktgene auf den Chromosomen 2, 6 und 21 identifizieren. Die Arbeit zeigt darüber hinaus, dass bei Menschen, die nicht nur einen, sondern mehrere der genetischen Marker in sich tragen, die Herzinfarktwahrscheinlichkeit mehr als verdoppelt ist. Je höher die Anzahl der jetzt identifizierten Krankheitsgene, umso höher war das Krankheitsrisiko. Dieses Wissen wird zukünftig helfen, das Herzinfarktrisiko zu bestimmen, um frühzeitig präventiv tätig zu werden.

    Jedes Jahr sterben in Europa rund 750.000 Menschen an einem Herzinfarkt. Die zugrunde liegende Atherosklerose der Herzkranzarterien und der Herzinfarkt gehören damit in Deutschland zu den mit Abstand häufigsten Todesursachen. Neben traditionellen Risikofaktoren wie Alter, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus, Zigarettenrauchen und Übergewicht spielen vererbbare Risikofaktoren eine erhebliche Rolle bei der Entstehung der Erkrankung.

    Nun wurden neue bedeutsame Puzzlesteine in das nur unvollständig vorliegende Bild der Vererbung des Herzinfarktes gefunden. Die Befunde weisen daraufhin, dass es noch viele unentdeckte Mechanismen gibt, die zur Entstehung von Herzinfarkten beitragen können. Neue Mechanismen bedeuten aber auch neue Ansätze für die Prophylaxe und Behandlung des Herzinfarktes. Die Details herauszuarbeiten steht den Forschern nun bevor.

    Originalpublikationen:

    1) Erdmann J et al. Welcome Trust Case Control Consortium, Cardiogenics Consortium, Deloukas P, Thompson JR, Ziegler A, Samani NJ & Schunkert H. New susceptibility locus for coronary artery disease on chromosome 3q22.3. Nature Genetics (online publiziert; DOI: 10.1038/ng.307).

    2) Trégouët DA et al. Genome-wide haplotype association study identifies the SLC22A3-LPAL2-LPA gene cluster as a risk locus for coronary artery disease. Nature Genetics (online publiziert; DOI: doi: 10.1038/ng.314).

    3) MIGen Consortium. Genome-wide association of early-onset myocardial infarction with single nucleotide polymorphisms and copy number variants. Nature Genetics (online publiziert DOI: doi: 10.1038/ng.327).

    Für weitere Informationen:

    Prof. Dr. Dr. H.-Erich Wichmann
    Helmholtz Zentrum München, Institut für Epidemiologie
    Tel. 089/3187-4066
    e-Mail: wichmann@helmholtz-muenchen.de

    Prof. Dr. Annette Peters
    Helmholtz Zentrum München, Institut für Epidemiologie
    Tel. 089/3187-4566
    e-Mail: peters@helmholtz-muenchen.de

    PD Dr. Christine Meisinger
    Helmholtz Zentrum München, KORA-Studienzentrum
    Tel. 0821/34642-50
    e-Mail: christa.meisinger@helmholtz-muenchen.de

    Weitere Informationen für Medienvertreter

    Sven Winkler
    Helmholtz Zentrum München, Pressestelle
    Tel. 089/3187-3946
    e-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.helmholtz-muenchen.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-20...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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