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25.02.2009 11:18

Therapie bringt Leben in gelähmte Gliedmaßen

Katrin Czerwinka Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    250. Schlaganfall-Patient erfolgreich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena therapiert

    Jena (25.02.09) Professor Gerd Lämmermann erlebte ein unvergessliches Weihnachtsfest. Selbst Jahre nach dem Ereignis, dass seine Hand lahm legte, lernt der 62-jährige Schlaganfall-Patient vor den Feiertagen, seine Muskeln wieder spielen zu lassen. Mit dem Taubschen Bewegungstraining, das klinische Psychologen um Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemeinsam mit amerikanischen Kollegen entwickelten, kehrte wieder Leben in seine gelähmte Hand.

    Bereits seit 13 Jahren bietet die Universität Jena in Kooperation mit der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Jena die Bewegungstherapie an. Die hohe Erfolgsquote lockt Patienten sogar aus dem Ausland in die Stadt an der Saale - den einzigen Ort in Deutschland, wo das Bewegungstraining angeboten wird. Gerd Lämmermann ist der 250. Patient, der hier erfolgreich therapiert wurde: "Die Therapie war eine Chance, die ich unbedingt nutzen wollte, um mich motorisch weiterzuentwickeln und wichtige Impulse für den Einsatz meiner Hand im Alltag zu erhalten", erklärt der Münchner, der extra nach Jena reiste, um am zweiwöchigen Training teilzunehmen.

    "Die Erfolge des Taubschen Bewegungstrainings wurden in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen inzwischen belegt. Dass es sich dabei um eine sehr effiziente Therapie handelt, ist damit völlig unzweifelhaft", erläutert Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner. "Mit Hilfe bildgebender Verfahren, etwa der funktionellen Magnetresonanztomographie, können wir zudem sehen, wie sich allmählich die aktiven Areale im Gehirn vergrößern." Oft kommen Patienten, die aus ärztlicher und psychotherapeutischer Sicht als austherapiert galten. Die Erfolgsquote spricht für sich: "97 Prozent der zu uns kommenden Opfer eines Schlaganfalls können wir helfen", berichtet der Jenaer Psychologe stolz. Hinzu kommt, dass die deutschlandweit einzigartige Bewegungstherapie schmerzfrei ist und die Kosten von Krankenkassen getragen werden.

    Dass die Therapie den Patienten viel abverlangt, bestreitet Miltners Mitarbeiterin Dr. Ulrike Teschner nicht. Die Sporttherapeutin ist jedoch davon überzeugt, dass die Ergebnisse alle Anstrengungen rechtfertigen. Doch ohne eine hohe Eigenmotivation, ist dieses Pensum nur schwer zu bewältigen. Die Schlaganfall-Patienten müssen den gesunden Arm in einer Schiene tragen und mit dem kranken Arm Tag für Tag von morgens bis abends ein grob- und feinmotorisches Training absolvieren, bis sie große und kleine Schrauben in Gewinde drehen oder winzige farbige Pins in ein Lochbrett stecken können. Die Dauer der teilstationären Therapie erstreckt sich über zehn Werktage, an denen vormittags jeweils eine vier- bis fünfstündige Therapie stattfindet. Der Patient erhält detaillierte Hausaufgaben und muss am Nachmittag weitere Stunden intensiv üben.

    Die älteste Patientin war 87 und der jüngste Patient gerade mal drei Jahre alt, als sie an der Bewegungstherapie teilnahmen. Für die Erfolgsquote spielt das Alter der Patienten keine Rolle. Sogar bei Patienten, deren Schlaganfall viele Jahre zurück liegt, sind Erfolge möglich. Zuerst behandelte Miltners Team nur relativ leichte Fälle, inzwischen helfen sie auch Patienten mit schweren Bewegungseinschränkungen. "Entscheidend ist, dass noch eine geringe Restbeweglichkeit in den Fingern, der Hand und dem betroffenen Arm vorhanden ist", erläutert Miltner. Wer vor dem Training zumindest unter Mühen noch Teile seines Arms oder Fingers leicht bewegen kann, bewältigt hinterher teilweise auch anspruchsvolle motorische Aufgaben.

    "Ich bin überzeugt, dass wir mit der Therapie etwa der Hälfte aller Schlaganfallopfer in Deutschland helfen könnten", sagt Miltner und bedauert, dass viele Schlaganfall-Patienten sich zu früh mit ihrer Behinderung abfinden. Natürlich könne die Therapie abgestorbene Hirnareale nicht wieder zum Leben erwecken, aber mithilfe des Trainings kann deren Funktionen teilweise von benachbarten Hirnregionen übernommen werden, die dann wiederum die Bewegung organisieren. "Was zählt ist das Ergebnis", betont Miltner, "und wir machen die Menschen wieder beweglich und geben ihnen damit Lebensqualität zurück."

    Wer an dem Bewegungstraining teilnehmen möchte, kann einen Eignungsbogen unter der genannten Telefonnummer anfordern. Die Wartezeiten für die teilstationäre Therapie betragen zwischen vier und sieben Monaten.

    Kontakt:
    Dr. Ulrike Teschner / Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner
    Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Am Steiger 3 / Haus 1, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945150
    E-Mail: teschner[at]sporttherapeut.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Eine Erfolgsgeschichte: Nach einem Schlaganfall war die rechte Hand von Leoni Röhl gelähmt. Dank der Taubschen Bewegungstherapie kann die Berlinerin nun wieder feinmotorische Bewegungen ausführen.
    Eine Erfolgsgeschichte: Nach einem Schlaganfall war die rechte Hand von Leoni Röhl gelähmt. Dank der ...
    Bild: Ulrike Teschner/FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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