idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.03.2009 19:00

Lippen-Kiefer-Gaumenspalte: Gene wichtiger als gedacht?

Frank Luerweg Abteilung Presse und Kommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Der Vergleich von 500.000 Schnipseln des menschlichen Erbguts brachte Wissenschaftler der Universität Bonn auf die richtige Spur: Eine Genvariante auf Chromosom 8 kommt bei Menschen mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten deutlich häufiger vor als bei Kontrollpersonen. Die Ergebnisse werden nun in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift "Nature Genetics" veröffentlicht (doi: 10.1038/ng.333).

    Lippen-Kiefer-Gaumenspalten zählen zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Eines von ca. 700 Neugeborenen in Mitteleuropa ist betroffen. Gerade Kinder leiden sehr unter der Erkrankung, auch wenn die verletzende und diskriminierende Bezeichnung "Hasenscharte" glücklicherweise aus dem Wortschatz so gut wie verschwunden ist.

    Bei der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte verwachsen verschiedene Gewebefortsätze des Gesichts und des Mund¬raumes während der Embryonal¬entwicklung nicht oder nur unzureichend - zwischen Lippe, Kiefer und mitunter auch dem Gaumen bleibt eine Lücke. Mehrere Faktoren müssen wohl zusammenkommen, damit Spalten entstehen. Sowohl Umwelteinflüsse, die von außen auf das Kind im Mutterleib wirken, als auch genetische Faktoren tragen zur Fehlbildung bei. Die Ergebnisse der Bonner Wissenschaftler könnten aber darauf hinweisen, dass die Gene für die Entstehung der Lippen-Kiefer-Gaumen¬spalten eine weitaus bedeutendere Rolle spielen als bislang angenommen.

    Auf dem langen Arm von Chromosom 8 wurden die Forscher fündig

    Die Forscher der Universität Bonn hatten das Erbgut von 460 Personen mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten untersucht. Bei gut der Hälfte der Probanden gingen die Humangenetiker noch weiter ins Detail. Sie analysierten mehr als 500.000 Informationsschnipsel aus deren Erbgut und verglichen diese dann mit den Genschnipseln einer Kontrollgruppe. Eine bestimmte Stelle im menschlichen Genom erregte die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler. "Das war eine Stelle auf Chromosom 8, langer Arm, da trugen die Betroffenen auffällig häufig eine Variante - wesentlich häufiger als nichtbetroffene Personen", erläutert Studienleiterin Dr. Elisabeth Mangold vom Institut für Humangenetik der Universität Bonn. Dies sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass ein in dieser Region liegendes Gen etwas mit der Entstehung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten zu tun habe.

    Gute Nachrichten für Mütter von Betroffenen

    "Würde es diesen genetischen Faktor auf Chromosom 8 nicht geben, dann wäre die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind in unserer Bevölkerung eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte bekommt, deutlich geringer als 1:700", so Elisabeth Mangold. "Das ist im Grunde eine gute Nachricht für all diejenigen Mütter von betroffenen Kindern, die sich immer gedacht haben: 'Irgendetwas habe ich falsch gemacht während der Schwangerschaft'. Für seine Gene kann man nämlich nichts".

    Weitere Studien sollen nun zeigen, welches Gen auf Chromosom 8 genau verantwortlich ist und wie es wirkt. "Wir sind momentan auf der Suche danach", erläutert Dr. Mangold. "Es könnte durchaus ein so genanntes regulatorisches Element sein, das andere Gene steuert." Wenn die Funktionsweise aller beteiligten Gene und das Zusammenspiel mit Umweltfaktoren verstanden sind, können die Forscher auch sagen, ob z.B. eine medikamentöse Prophylaxe in der Schwangerschaft sinnvoll ist. Derzeit deutet einiges darauf hin, dass die Einnahme bestimmter Vitamine während der Schwangerschaft Fehlbildungen des Embryos entgegenwirken kann.

    Teilnehmer für weitere Studien gesucht

    Für die Fortsetzung der Studien suchen die Wissenschaftler dringend weitere Probanden. Teilnehmen können alle Kinder und Erwachsenen mit so genannten isolierten Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, also Personen, bei denen die Fehlbildung nicht Folge einer anderen Grunderkrankung ist.

    Zu dieser Pressemitteilung gibt es ab Montag, 9.3., auf www.uni-bonn.tv einen Audiopodcast - einfach mal reinhören!

    Kontakt:
    Dr. Elisabeth Mangold
    Institut für Humangenetik
    Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
    Telefon: 0228/287-22286
    E-mail: e.mangold@uni-bonn.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-bonn.tv - Podcast zur Pressemitteilung (ab Montag)


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).