idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
21.02.2001 10:11

Kita-Kinder ohne Entwicklungsnachteile

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena (21.02.01) Der frühe Besuch einer Kindertagesstätte ist kein prinzipieller Nachteil für die intensive Bindungsbeziehung zwischen Müttern und ihren Kindern. Das hat die Entwicklungspsychologin PD Dr. Lieselotte Ahnert in mehreren vergleichenden Studien in der Bundesrepublik, den USA und in der ehemaligen DDR festgestellt. Mütter und Väter, die ihre Kleinkinder bereits zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr in eine Kita geben, sind demnach keine "Rabeneltern". Sie reagieren auch nicht weniger sensitiv auf die Bedürfnisse ihrer Sprösslinge als Eltern, die ihre Kinder zu Hause behalten.

    Ahnert, die sich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena jetzt mit einer Arbeit über die kombinierte familiäre und außerfamiliäre Kleinkindbetreuung habilitierte, fand überdies heraus, dass die Erzieherinnen in den Kitas von ihren Pflegekindern nicht als "Ersatzmütter" empfunden werden. Vielmehr stellen diese sozialen Erfahrungen außerhalb der Familie neue Entwicklungsherausforderung an die Kinder. "Auch kleine Kinder empfinden sehr deutlich die ,fremde Situation' in der Kindertagesstätte", erläutert die Psychologin. "Selbst wenn sich eine einzelne Erzieherin dort zu einer besonderen Bezugsperson herausbildet, so hat diese Beziehung doch eine andere Funktion als die Mutterbindung."

    Denn bei der Betreuung einer Kleinkindgruppe müssen auch sensitive Erzieherinnen ihre Aufmerksamkeit teilen und die Gruppendynamik lenken, es aber dennoch verstehen, in schwierigen Situationen einem Kind auch individuell beizustehen, so Ahnert weiter. Die Mutter hingegen schenkt ihrem Kind in einer funktionierenden Bindungsbeziehung zumeist ungeteilte Aufmerksamkeit und kann dann prompt auf dessen Bedürfnisse reagieren.

    Kinder stellen sich auf die neue Betreuungssituation in der Tagesstätte relativ schnell ein. Sie entwickeln neue Beziehungsformen zu ihren Erzieherinnen und den überwiegend gleichaltrigen Spielkameraden - und erweitern dabei ihre sozialen Kompetenzen. Auch wenn sie in der Übergangsphase Anpassungsprobleme und Ängste haben können, finden sie sich fast immer mit der in kombinierten Betreuung - zwischen Familie und Kita - zurecht.

    Einen deutlichen Unterschied zu den "Familienkindern" stellte Ahnert dabei allerdings fest: Kita-Kinder sind nachmittags, wenn sie abgeholt werden, häufig unruhiger und quengeln. "Das liegt aber nicht etwa daran, dass sie schlecht behandelt worden wären, sondern sie haben gelernt, dass sie in dieser Situation sehr erfolgreich die Liebe und Aufmerksamkeit der Mutter für sich reklamieren dürfen," so Ahnert. Umgekehrt kommen die Eltern diesem Begehren zumeist gern entgegen, weil sie dann bereits den Berufsstress und die notwendigen Alltagsgeschäfte hinter sich gelassen haben. "Eine solche Familienbeziehung kann dann durchaus besser funktionieren, als wenn die Kinder den ganzen Stress der Mutter miterleben."

    Begonnen hat die Psychologin ihre Studien bereits 1982 im Ost-Berliner "Institut für Hygiene des Kinder- und Jugendalters". Damals sollte sie erforschen, warum Kinder bei einer beginnenden Tagesbetreuung im ersten Lebensjahr häufiger als jüngerer Kinder erkrankten. Ahnert wählte einen grundlegenden Ansatz, besuchte die jungen Familien bereits zu Hause, bevor die Kinder in die Tagesstätte übernommen wurden, und protokollierte minutiös ihr Verhalten während der Kita-Aufnahme. Auch erste Aufschlüsse über die Bindungsbeziehungen zur Mutter und zu den Kita-Betreuerinnen resultierten aus diesen Studien.

    "Wir konnten feststellen, dass kleine Kinder mit sicheren Bindungserfahrungen in der Familie die neue Betreuungsumgebung in der Kita weniger ängstlich erleben", berichtet Lieselotte Ahnert, "die Anwesenheit der Mütter in den ersten Tagen ist dabei ein großer Vorteil." Später käme es dann allerdings darauf an, wie die Betreuerinnen auf die Belastung des Kindes eingingen. Ihre Ergebnisse wurden durch ähnliche Studien in West-Berlin und in den USA weitgehend bestätigt.

    Ansprechpartnerin:
    PD Dr. Lieselotte Ahnert
    Tel.: 03641/945212, Fax: 03641/945202
    E-Mail: lieselotte.ahnert@rz.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    D-07743 Jena
    Telefon: 03641 · 931030
    Telefax: 03641 · 931032
    E-Mail: roe@uni-jena.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).