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Wissenschaft
Jenaer Soziologe analysiert, wie aktuelle Reformen leistungsfähigere Hochschulen verhindern
Jena (26.05.09) Aktuelle Reformen sollen Hochschulen leistungsfähiger machen - und stehen sich dabei möglicherweise selbst im Weg, davon ist Prof. Dr. Klaus Dörre von der Universität Jena überzeugt. "Das Versprechen, dass eine nach unternehmerischen Prinzipien umgestaltete Hochschule automatisch mehr Innovationen hervorbringt, dürfte kaum zu halten sein", sagt der Jenaer Soziologe. "Nach unseren Ergebnissen ist eher das Gegenteil der Fall."
So fasst Dörre Erkenntnisse seiner jüngsten Studie "Wirtschaftsfaktor Wissenschaftsförderung" zusammen. Sein Team vom Lehrstuhl für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie hat über zwei Jahre hinweg untersucht, welche Prozesse innerhalb der Hochschulen innovative High-Tech-Ausgründungen begünstigen. Das Ergebnis: Nicht finanzielle Anreize und mehr Kontrolle für die Professoren spielen die Hauptrolle, sondern etwas scheinbar Altmodisches wie Handlungsfreiheit für kreative Köpfe, ganz gleich welchen Standes. "Gründer sind hierzulande vor allem Mitarbeiter aus dem Mittelbau und Studierende", erläutert Dörre. "Die brauchen Zeit und Freiräume, um sich, ihr Team und ihre Ideen zunächst mal ohne Marktdruck zu entwickeln. Deshalb benötigen sie Professoren, die sie beraten, unterstützen, aber vor allem erst mal: machen lassen."
Dazu gehören auch ganz einfache Dinge, wie die Nutzung von Räumen oder Computern an Lehrstühlen, ohne dafür der Hochschule Rede und Antwort stehen zu müssen. Wird nun aber alles gezählt und in eine Kosten-Leistungsrechnung aufsummiert, dann könnte die Bereitschaft der Professoren, das riskante Geschäft der Innovation mit ihrer Zeit und ihren Ressourcen zu unterstützen, rapide sinken, so der Soziologe.
Die aktuelle Reform der Hochschulen baut jedoch zu wesentlichen Teilen auf diesem Prinzip der Leistungsmessung auf. Dörre befürchtet, das Reformanliegen, die Produktivität der Hochschulen zu steigern, könnte damit für viele Universitäten nach hinten losgehen: "Besonders gilt das für die zerbrechlichen Netzwerke zwischen starken Wissenschaftlern und jungen Unternehmensgründern, die wir untersucht haben." Die Folgen für strukturschwache Regionen, insbesondere in Ostdeutschland, seien nicht zu unterschätzen. Wo forschungsstarke Unternehmen fehlen, sind Spin-Offs häufig einer der wenigen verbleibenden Innovationsfaktoren. Denn die Gründer bleiben gerne in der Region, auch das zeigt die Jenaer Studie, zum Teil aus privaten Gründen, zum Teil auf Grund der Nähe zur Hochschule.
Tagung am 4. Juni
Die Ergebnisse des Projektes "Wirtschaftsfaktor Wissenschaftsförderung" werden im Lauf des Jahres in Buchform veröffentlicht. Wer schon vorher mit Dörre und anderen Fachleuten über dieses und ähnliche Themen diskutieren will, hat dazu am 4. Juni Gelegenheit. Anlässlich der von ihm mit veranstalteten Konferenz "Region - Innovation - Hochschule" wird der Jenaer Soziologe sein Plädoyer für "Qualität und Innovation durch Freiräume" dann im alten Schloss Dornburg halten. Insgesamt werden dort zwölf Wissenschaftler und Praktiker einen Tag lang mit ihrem Publikum über die Perspektiven für regionale Entwicklung gerade im Angesicht der Wirtschaftskrise diskutieren.
Interessierte können sich zu der Veranstaltung anmelden per E-Mail an: region-innovation-hochschule@gmx.de oder telefonisch unter 015779201232.
Weitere Informationen finden sich auch im Internet unter: http://www.soziologie.uni-jena.de/soziologie_multimedia/Downloads/Veranstaltunge...
Kontakt:
Prof. Dr. Klaus Dörre
Institut für Soziologie der Universität Jena
Carl-Zeiß-Str. 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945520
E-Mail: klaus.doerre[at]uni-jena.de
Der Jenaer Soziologe Prof. Dr. Klaus Dörre.
Foto: Peter Scheere/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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