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21.03.2001 15:50

RUB-Studie: Langgesuchtes Molekül wird sichtbar

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Was hat die Chemie des Weltalls mit der Krebsentstehung in biologischen Systemen gemeinsam? In beiden Fällen bestimmen kurzlebige und reaktive Moleküle das Geschehen auf molekularer Ebene. Eine der grundlegenden reaktiven Zwischenstufen der Organischen Chemie ist das Phenylkation, dessen Existenz in kondensierter (nicht gasförmiger) Phase bisher nur theoretisch vorhergesagt wurde. Der direkte Nachweis gelang nun Dipl. Chem. Michael Winkler.

    Bochum, 21.03.2001
    Nr. 76

    Langgesuchtes Molekül wird sichtbar
    RUB-Studie: Chemie bei Eiseskälte
    Maßgeblich für verschiedene Lebensbereiche

    Was hat die Chemie des Weltalls mit der Krebsentstehung in biologischen Systemen gemeinsam? - In beiden Fällen bestimmen kurzlebige und reaktive Moleküle das Geschehen auf molekularer Ebene. Eine der grundlegenden reaktiven Zwischenstufen der Organischen Chemie ist das Phenylkation, dessen Existenz in kondensierter (nicht gasförmiger) Phase bisher nur theoretisch vorhergesagt wurde. Der direkte Nachweis gelang nun Dipl. Chem. Michael Winkler in seiner Diplomarbeit "Photoionisation von Arylradikalen in kryogenen Matrizes. Matrixisolation des Phenylkations und verwandter Systeme" (Betreuer: Prof. Dr. Wolfram Sander). Für seine Arbeit wurde er mit einem der Preise an Studierende 2000 der RUB ausgezeichnet.

    Geladene Teilchen sind schwierig zu untersuchen

    Während einer chemischen Reaktion entstehen häufig Zwischenprodukte, die sehr kurzlebig sind, und die sich daher mit klassischen spektroskopischen Methoden nur schlecht direkt beobachten lassen. Zur Lösung dieses Problems bieten sich zwei Ansätze an: Sehr schnell hinschauen, das ist der Ansatz der so genannten zeitaufgelösten Spektroskopie, für deren Perfektionierung 1999 der Nobelpreis (an A.H. Zewail) verliehen wurde. Eine andere Möglichkeit ist die Erzeugung des reaktiven Moleküls in einem unreaktiven Medium. Für Neutralmoleküle hat sich die Isolation in festen Edelgaskristallen bei sehr tiefen Temperaturen bewährt. Bei dieser "Matrixisolationsspektroskopie" ist das reaktive Teilchen in einen Edelgasverband eingeschlossen wie die Rosinen in einem Milchbrötchen. Geladene Teilchen konnten bisher nur in wenigen Einzelfällen in Edelgaskristalle eingebracht werden. Positiv geladene Teilchen (Kationen) können zwar oft in so genannten "Supersäuren" - für ihre Entwicklung gab es wiederum einen Nobelpreis (1994, an G. A. Olah) - ausreichend lange stabilisiert werden, um sie klassischen Untersuchungsmethoden zugänglich zu machen, das hochreaktive Phenylkation entzog sich bislang jedoch jeder Detektion in kondensierter Phase.

    Schockgefrorene Moleküle

    Hier setzt Winklers Strategie an: Mit Hilfe von Mikrowellen erhitzte er das Edelgas Argon so stark, dass daraus ein Edelgasplasma entstand, das er durch ein Rohr auf eine sehr kalte Scheibe schoss. Kurz vor der Scheibe fügte er einen Vorläufer des zu untersuchenden Moleküls hinzu. Die beiden Stoffe mischten sich und wurden auf der Scheibe bei -263°C schockgefroren. Das isolierte geladene Molekül befand sich in einem Argonkristall und ließ sich untersuchen.

    Vom Weltraum bis zur Biochemie

    Die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung können helfen, viele Lebensbereiche besser zu verstehen. Denn sowohl die Chemie des Weltraums als auch die Biochemie werden von geladenen Molekülen dominiert. Im Weltraum bietet das interstellare Vakuum, auf der Erde polare Medien wie etwa Wasser einen idealen Lebensraum für hochreaktive Kationen. Arylkationen (d.h. positiv geladene Teilchen, die sich formal von Benzolderivaten ableiten) belegen in beiden Fällen Schlüsselpositionen. So wird die "Deaminierung" von DNA-Basenpaaren und die Abreaktion von dadurch gebildeten Arylkationen schon seit langem als wichtiger Mechanismus der Krebsentstehung diskutiert. Neben einem besseren Verständnis der grundlegenden Prozesse dieser Bereiche erhoffen sich Winkler und Sander interessante Impulse für andere (besonders materialwissenschaftlich orientierte) Bereiche, z. B. für ein besseres Verständnis der plasmagestützten Erzeugung von Silicium-Carbid-Oberflächen aus siliciumorganischen Verbindungen. Sie verläuft mit großer Wahrscheinlichkeit über Silylkationen, die bisher ebenfalls keiner direkten Untersuchung zugänglich waren.

    Weitere Informationen

    Dipl. Chem. Michael Winkler, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Chemie, Arbeitskreis Sander, Lehrstuhl für Organische Chemie II, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-27884, Email: micha@xenon.orch.ruhr-uni-bochum.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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