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Kirchenhistoriker der Universität Jena beschreibt in neuem Buch die Welt im Umbruch
Jena (15.06.09) "Hier stehe ich, ich kann nicht anders." Dieses Luther-Zitat vom Reichstag zu Worms im Frühjahr 1521 hat Geschichte geschrieben, genau wie der berühmte Thesenanschlag zu Wittenberg, der dem Geschehen vier Jahre vorausging. Dass beides historisch nicht verbürgt ist, ficht die Nachwelt nicht an.
In welchen Zusammenhängen Luther agierte, was den trutzigen Mönch aus Wittenberg antrieb und wie sich die Reformation unaufhaltsam ausbreitete, das hat der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Volker Leppin von der Friedrich-Schiller-Universität Jena lebendig beschrieben und erläutert. Leppins neues Buch "Das Zeitalter der Reformation" trägt den Untertitel "Eine Welt im Übergang" - und diese Welt wird vom Autor eindringlich geschildert.
Auf 160 Seiten entwirft der Jenaer Kirchenhistoriker das Bild einer Epoche am Ausgang des Mittelalters, die von schweren Verwerfungen der Kirche gekennzeichnet war. Seit 1378 residierten zwei Päpste, einer in Rom, der andere in Avignon. Die Päpste hatten sich sprudelnde Einnahmequellen erschlossen, dank derer sie ein prunkvolles Leben entfalten konnten. Im krassen Gegensatz dazu standen die Armutsbewegungen der Zeit und die Bemühungen von Theologen wie John Wyclif und Jan Hus, sich stärker am Schriftgehalt der Bibel zu orientieren. Die Bibel in Volkssprache zu zelebrieren, damit erschütterten die Akteure wahrlich die Welt. Allen voran der Augustinermönch Martin Luther, der sich gegen die Mächtigen der Zeit stemmte und persönliche Unbill in Kauf nahm, weil er von der Wahrheit seiner Ansichten überzeugt war. Der Leser erfährt, welche Verbündeten der unbequeme Mönch fand und wer seine Ideen und Auslegungen der Heiligen Schrift aufgriff und weiterentwickelte: Huldrych Zwingli, Philipp Melanchthon, Martin Bucer, Andreas Karlstadt, Johannes Calvin.
Erläutert werden die Ideen Thomas Müntzers sowie Entstehung und Verlauf des Bauernkrieges. Der Blick Leppins geht jedoch über die deutschen Lande hinaus. So ist von Johannes Bugenhagen die Rede, der die Ideen der Reformation bis nach Skandinavien trug. Und die "Pariser Bluthochzeit" in der Bartholomäusnacht 1572 fehlt ebenso wenig, wie der Weg Englands in die Reformation. Dieser Weg fort von der päpstlichen Leitung führte über den beharrlichen Wunsch Heinrichs VIII. nach einem Thronfolger, den seine Ehefrauen mit Scheidung und Hinrichtung bezahlt haben.
Schließlich kehrt das Geschehen in den sächsisch-thüringischen Raum zurück. Der Leser erfährt vom Schmalkaldischen Bund und dessen Aufbegehren und Widerstand gegen den Kaiser. Einer der Hauptakteure: Kurfürst Johann Friedrich, in Jena "Hanfried" genannt. Der Schmalkaldische Bund und mit ihm der Kurfürst Johann Friedrich erlitt am 24. April 1547 bei Mühlberg eine vernichtende Niederlage, die mit Gefangenschaft und Verlust der Kurwürde bitter bezahlt wurde. Durch den damit einhergehenden Verlust Wittenbergs und der dortigen Universität wurde der Weg frei für die Hohe Schule in Jena, die 1558 zur Universität erhoben wurde.
Volker Leppin hat ein spannendes Kapitel der deutschen und europäischen Geschichte lebendig beschrieben. Sein Buch ist reich illustriert und die komplizierten theologischen Zusammenhänge hat der Autor verständlich dargestellt. Ein wenig getrübt wird das Lesevergnügen lediglich durch eine Reihe von Druckfehlern, die einem von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft herausgegebenen Band nicht gut anstehen.
Volker Leppin: Das Zeitalter der Reformation. Eine Welt im Übergang, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, Lizenzausgabe für Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart, 160 Seiten, Preis: 29,90 Euro, ISBN: 978-3-8062-2108-4
Kontakt:
Prof. Dr. Volker Leppin
Theologische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 6, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 941135
E-Mail: Volker.Leppin[at]uni-jena.de
Der Autor Prof. Dr. Volker Leppin.
Foto: Peter Scheere/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Religion
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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