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Wissenschaftlicher Pressedienst Chemie 11/01 vom 5. April 2001
Umweltanalytik für unseren Lebensraum:
Verbesserung der Qualität von Wasser und Luft
Deutschland und die Staaten der Europäischen Union gehören zu den Ländern, in denen Schadstoffe in Gewässern, in Böden, in der Luft und in biologischen Organismen in hohem Maße flächendeckend kontrolliert werden. Immer mehr chemische Stoffe werden vom Gesetzgeber mit Grenz- oder Richtwerten in Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien erfasst. Die sorgfältigen Kontrollen und die klar definierten Massnahmen im Falle von Grenzwertüberschreitungen haben zu einer Verbesserung der Qualität von Wasser und Luft geführt. Das berichteten die Wissenschaftler Dr. Henno Roßknecht (Seenforschung Langenargen) und Dr. Gerhard Schlemmer (Bodenseewerk Perkin Elmer) auf der Anakon 2001 vom 4. bis 7. April in Konstanz.
Die Schadstoffbelastungen in Seen und Flüssen liegen meist weit unter den festgelegten Grenzwerten und sind häufig mit den zur Verfügung stehenden Analysenmethoden nicht mehr nachweisbar. Beispiele belegen jedoch, dass für die gegenwärtige und zukünftige Sicherung der Qualität unseres Lebensraumes die Forschung und der Einsatz der analytischen Chemie notwendig sind.
Grenz- oder Richtwerte werden von Fachleuten im Umweltschutz, in der Lebensmittelkontrolle, der Medizin und Biochemie erarbeitet. Dabei stehen bei der Beurteilung neben dem Gefährdungspotential die Kenntnis über die natürlich auftretenden Konzentrationen dieser Stoffe, die Eintrags- und Austragswege und die mögliche sich gegenseitig verstärkende oder abschwächende Wirkung der kontrollierten Substanzen im Mittelpunkt. Zwei Beispiele dazu: Die Bleikonzentrationen in einem sauberen Gewässer liegen üblicherweise unter 0,1 Mikrogramm pro Liter. Durch Rohre und Armaturen kann dieser Wert beim Verbraucher an der Zapfstelle aber mehr als zehn- oder hundertmal größer sein und liegt selbst dann noch unter der als möglicherweise gefährdend geltenden Maximalwertkonzentration. Das mit natürlichem Sediment in den Bodensee eingebrachte Arsen bleibt fest im Bodenkörper gebunden, und die Konzentration im Wasser bleibt weit unter dem Grenzwert für Trinkwasser.
All diese Kenntnisse basieren auf Messwerten, die von Analytikern zur Verfügung gestellt werden. Die Entwicklung geeigneter Messmethoden, die Herstellung und anwendungstechnische Unterstützung der Instrumente für die Routinemessung, die verantwortungsbewusste und mit den Methoden der Statistik abgesicherte Auswertung und Dokumentation der Messergebnisse sind damit Voraussetzungen für jede sinnvolle Umweltdiskussion.
Fachleute und Gesetzgeber orientieren sich zwangsläufig an der Leistungsfähigkeit der zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Analysenmethoden. Diese müssen, wie aus den Beispielen ersichtlich, um mehrere Größenordnungen nachweisstärker sein als die jeweils festgelegten Grenzwertkonzentrationen. Die Analytik steht also in einem stetigen Wettlauf, für neue Stoffe, etwa Arzneimittelbestandteile, nachweisstarke Messmethoden zur Verfügung zu stellen. Neue Erkenntnisse aus der Biochemie über potentiell erbgutschädigende Substanzen treiben die Anforderungen an die Nachweisstärke von bestimmten Substanzen in den Bereich von einem Teilchen in einer Billion Wassermolekülen!
Neuere Untersuchungen am Bodensee auf 65 verschiedene Arzneimittelwirkstoffe zeigten, dass über ein Drittel davon in Zuflüssen und im See in geringen Konzentrationen nachweisbar war. Diese Zahl gilt jedoch nur für die Zuflüsse sowie die in Mündungsnähe gelegenen Flachwasserbereiche. Zu den analysierten Substanzen gehören u. a. Schmerzmittel, Lipidsenker, Antibiotika und Röntgenkontrastmittel. Sie gelangen vor allem über das Abwasser, im Falle von in der Tiermedizin eingesetzten Antibiotika auch über die Gülledüngung in den See. Im tiefen See, aus dem das Trinkwasser gewonnen wird, finden sich hingegen nur noch Spuren im Bereich der Nachweisgrenzen.
Seit einigen Jahren sind auch hormonell wirksame Substanzen in den Mittelpunkt des Interesses der Analytiker gerückt. Dabei handelt es sich um natürliche Hormone, wie beispielsweise Phytoöstrogene, aber auch um Industriechemikalien wie PCB, DDT, Weichmacher oder bestimmte Tenside. Alle diese Verbindungen können u. U. das Reproduktionsverhalten von Lebewesen in der Umwelt beeinflussen. Beispielsweise wurde die beobachtete Feminisierung von männlichen Fischen in Abläufen von kommunalen Kläranlagen mit solchen Stoffen in Verbindung gebracht. Konkrete Ursachen-Wirkungsbeziehungen sind jedoch hochkomplex und bedürfen bis zur Klärung noch intensiver Forschung.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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