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21.12.2009 09:38

Kürzerer Weg zu neuen Krebsmedikamenten

Bernhard Knappe Vorstand
Wilhelm Sander-Stiftung

    Die Entwicklung neuer Krebsmedikamente ist sowohl langwierig als auch extrem teuer. Im Durchschnitt dauert es 15 Jahre und kostet ca. 1 Mrd. US-Dollar um ein neues Medikament gegen Krebs zuzulassen. Angesichts der extrem hohen Anzahl von insgesamt ca. 5000 zugelassenen Medikamenten, von denen die allerwenigsten gegen Krebs entwickelt, getestet oder eingesetzt sind, fragt man sich, ob unter allen zugelassenen Medikamenten nicht auch solche sind, die sich für einen Einsatz gegen Krebs bestens eignen, in dieser Hinsicht jedoch niemals untersucht wurden.

    Herausragende Beispiele für die Wirksamkeit dieser Strategie sind die beiden Medikamente Retinolsäure und Arsen-Trioxid, die für die Behandlung von Akne bzw. Infektionskrankheiten zugelassen wurden, und jetzt sehr erfolgreich in der Leukämietherapie verwendet werden. Thalidomid, ehemals als Schlafmittel zugelassen und nach der Serie katastrophaler Defekte bei Neugeborenen wieder vom Markt genommen, hat für die Behandlung einer relativ häufigen Form von Knochenmark-Krebs (Multiples Myelom) einen neuen Therapiestandard begründet. Da diese Medikamente in der Regel keinen Patentschutz mehr haben, weil sie schon zu lange zur Behandlung anderer Krankheiten auf dem Markt sind und der Patentschutz nach einigen Jahren automatisch ausläuft, ist für die Pharmaindustrie mit diesen Medikamenten auch bei gleicher Wirksamkeit nicht im entferntesten so viel Geld zu verdienen, wie mit der Entwicklung und Zulassung neuer Substanzen. Dadurch besteht in der Pharmaforschung wenig Interesse an einer solchen optimierten Nutzung seit langem bekannter Medikamente.

    Eine seit langem bekannte Klasse von Medikamenten zur Behandlung der HIV-Infektion (sogenannte HIV-Proteaseinhibitoren) scheint ebenfalls gegen Tumorerkrankungen zu wirken. Immer wieder gab es Beobachtungen, dass bei einzelnen AIDS-Patienten, die ausserdem eine Tumorerkrankung entwickelten, durch die Behandlung des Virus mit Proteaseinhibitoren auch der Tumor zurückging, jedoch wurde der Einsatz dieser Medikamente als mögliche Krebsmedikamente bisher nicht systematisch untersucht. Die Arbeitsgruppe von Prof. Driessen, Experimentelle Onkologie St. Gallen/CH, konnte jetzt im Laborexperiment zeigen, dass die zusätzliche Gabe von bestimmten HIV-Proteaseinhibitoren die Wirkung von bestimmten Krebsmedikamenten derart verstärken kann, dass auch Krebszellen die vormals resistent gegenüber Krebsmedikamenten waren, durch die gleichzeitige Behandlung mit dem HIV-Medikament wieder empfindlich gegenüber der Krebstherapie wurden. Dies ist auch deshalb interessant, weil diese HIV-Medikamente einfach als Tabletten eingenommen werden können und eine wesentlich bessere Verträglichkeit haben, als die meisten bekannten Krebsmedikamente. Eine entsprechende klinische Phase I-Studie wird innerhalb der Schweizer Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) ab 2010 in St.Gallen, Chur, Lausanne und Bern durchgeführt werden. Die molekularen Grundlagen dieser Wirkung und die Interaktion dieser HIV-Proteaseinhibitoren mit dem Proteasen-System von Tumorzellen sind bisher jedoch wenig verstanden. Die Wilhelm Sander Stiftung unterstützt nun die weiteren Arbeiten auf diesem Gebiet im Labor von Prof. Driessen, wo man insbesondere verstehen will, auf welchem molekularen Mechanismus diese erstaunliche Wirkung von bestimmten HIV-Medikamenten beruht, und welches Medikament aus dieser Gruppe in welcher Darreichungsform sich am besten für einen zukünftigen Einsatz bei Krebspatienten eignet. Dies soll dann die Grundlage für die weitere klinische Entwicklung dieses Ansatzes sein.

    Kontakt: Prof. Dr. Christoph Driessen, Oberarzt mbF, Fachbereich Onkologie/Hämatologie, Kantonsspital St. Gallen, CH-9007 St. Gallen
    E-Mail: christoph.diressen@kssg.ch

    Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 140.000 €.
    Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

    Weitere Informationen zur Stiftung: http://www.wilhelm-sander-stiftung.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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