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Behandlungsbegrenzungen in der Intensivmedizin
Unbegruendeten AEngsten begegnen
Jena (11.05.98) Auf Intensivstationen ist der Tod immer praesent. 10% bis 20% der Patienten sterben hier, obwohl alle Therapiemoeglichkeiten ausgeschoepft wurden. Wenn es trotz aller aerztlichen und pflegerischen Anstrengungen zu einer Minderung bzw. einem Ausfall der Organfunktionen kommt und keine Heilung mehr zu erwarten ist, bleibt nicht mehr uebrig, als "den Sterbevorgang zu begleiten und den Schmerz zu lindern", sagt Prof. Dr. Konrad Reinhart, Direktor der Jenaer Universitaets-Klinik fuer Anaesthesiologie und Intensivmedizin anlaesslich des kommenden Studientages "Ethische Probleme der Palliativmedizin" am 16. Mai in Jena.
Fuer die Patienten, deren Krankheit schon so weit fortgeschritten ist, dass sie nur noch sehr kurze Zeit zu leben haben, ist eine Intensivtherapie nicht sinnvoll. Dann ist die Intensivstation nicht der geeignete Ort, "Palliativstationen" oder Hospiz-Vereine sind besser geruestet, denn in der Intensivtherapie ist die Pflege sehr aufwendig, und es stehen nur wenige, teuere Betten zur Verfuegung.
Wenn die AErzte keine Heilungsaussichten mehr sehen und/oder der Patient eine solche Therapie nicht mehr wuenscht, wird von einer Intensivtherapie abgesehen. "Denn Intensivtherapie heisst nicht, sterben zu verlaengern, sondern so lange ueberbrueckend zu wirken, bis sich die ausgefallenen Organe erholt haben", erlaeutert Prof. Reinhart. Heutzutage koennen ausgefallene Herz-, Lungen- und Nierenfunktionen ebenso ueberbrueckt werden wie ausgefallene Darm-, Leber- und Knochenmarksfunktionen, beschreibt der Jenaer Chef-Anaesthesiologe die medizinischen Moeglichkeiten. Doch wenn die Heilungsaussichten, die in Jena immer individuell vom ganzen Behandlungsteam unter Beruecksichtigung des Patientenwillen und nicht von Computern o. ae. diagnostiziert werden, aussichtslos sind, wird keine Intensivtherapie begonnen bzw. diese nicht gesteigert oder beendet.
Hier entstehen Konflikte, weiss Reinhart aus eigenem Erleben. AErzte, vor allem junge, sehen den Tod des Patienten als persoenliches Versagen und tun sich deshalb manchmal schwer, die Therapie zu beenden, auch wenn es ihnen ihr Verstand nahelegt. "Man muss als Arzt lernen, dass man im Kampf gegen den Tod auch Niederlagen hinnehmen muss", weiss der erfahrene Intensivmediziner. Ausserdem sind die AErzte gehalten, sparsam mit den knappen Ressourcen umzugehen. Wenn eine Behandlung aussichtslos erscheint, sollte das Intensivbett lieber von einem Patienten mit hoeheren UEberlebenschancen belegt werden. Gerade mancher Angehoerige wirft dann den Medizinern vor, nicht alles versucht zu haben. "Diese Angst ist vollkommen unberechtigt", weist Prof. Reinhart zurueck. "Bis jetzt ist in Jena keine Therapie verweigert worden, weil man Angst hat, dass das Budget ueberschritten ist", tritt Reinhart dem Vorwurf entgegen, Geldmangel koennte Behandlungsentscheidungen beeinflussen. Andererseits sehen sich die Mediziner manchmal der Anschuldigung ausgesetzt, zu lange zu therapieren. Wenn Angehoerige dem Kranken keine Chance geben, wird schnell der Vorwurf der "kuenstlichen Verlaengerung des Lebens bzw. des Leidens" laut. Hier ist der Sachverstand der Mediziner gefragt - auch wenn bei allen Bemuehungen nicht jeder Tod vermieden werden kann.
Gerade dieser Faktor belastet natuerlich genauso die Krankenschwestern. "Tote pflegen", heisst nicht nur ein von Berliner Pflegepersonal geschriebenes Buch, sondern auch die immer gegenwaertige psychologische Belastung auf einer Intensivstation. Tote werden auf einer Intensivtherapiestation jedoch nur dann gepflegt und therapiert, unterstreicht Reinhart, wenn im Fall des kompletten Hirntodes die Patienten ihre Organe fuer eine Organtransplantation spenden moechten.
Kontakt: Prof. Dr. Konrad Reinhart, Klinik fuer Anaesthesiologie und Intensivtherapie Friedrich-Schiller-Universitaet Jena, D - 07740 Jena, Tel.: 03641/933041, Fax: 03641/933256, e-mail: inr@rz.uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
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Deutsch
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