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Wissenschaft
DFG bewilligt drei neue Sonderforschungsbereiche für die Justus-Liebig-Universität Gießen – Knochenersatzmaterialien, Regulation der Genaktivität und die Abwehr von Lungenentzündungen im Fokus
Die Top-Nachricht aus Bonn: An der Justus-Liebig-Universität Gießen werden drei neue Sonderforschungsbereiche eingerichtet. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat alle drei Projekte mit Gießener Beteiligung positiv begutachtet. Einmal mehr wird deutlich: Die Justus-Liebig-Universität, die traditionsgemäß für exzellente Forschung steht, kann sich in der Liga der deutschen Spitzenforschungseinrichtungen behaupten. Groß ist die Freude an der JLU, dass die wissenschaftlichen Erfolge und Bemühungen um interdisziplinäre Vernetzungen auch mit anderen Universitäten und Einrichtungen von der DFG honoriert worden sind.
Es handelt sich um drei Sonderforschungsbereiche an mehreren Standorten, sogenannte Transregios (SFB/TRR). Mit dem SFB/TRR 81 ist auch ein internationaler Sonderforschungsbereich darunter. Eine der Forschergruppen befasst sich mit Knochenersatzmaterialien, die zweite mit der Regulation von Genaktivität, und die dritte erforscht die Abwehr von Lungenentzündungen. Die JLU ist bei zwei Sonderforschungsbereichen (SFB/TRR 79 und SFB/TRR 81) federführend, am SFB/TRR 84 ist sie maßgeblich beteiligt und stellt den stellvertretenden Sprecher. Insgesamt hat die DFG nach einem harten Auswahlverfahren zwölf neue SFB eingerichtet.
„Diese Bewilligungen stellen eine nachhaltige Stärkung des lebenswissenschaftlichen Schwerpunkts der JLU dar“, so JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. „Es zeigt sich, dass die JLU in der Breite ihrer lebenswissenschaftlichen Fachbereiche ein enormes Potential für national und international vernetzte Spitzenforschung hat. Die drei Erfolge, zu denen ich allen beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herzlich gratuliere, belegen im übrigen, wie wichtig die Zusammenarbeit der biomedizinischen Fächer an der JLU ist, um dieses Potential ausschöpfen zu können. Für die bevorstehenden Herausforderungen, etwa in der neuen Runde der Exzellenzinitiative, erwarten wir uns von diesem grandiosen Dreifacherfolg zusätzliche Schubkraft.“
„Die Bewilligung der drei Sonderforschungsbereiche ist ein Anlass zum Jubeln“, sagt die für Forschung zuständige JLU-Vizepräsidentin Prof. Dr. Katja Becker. „Sie belegt, dass die JLU eine leistungsstarke, innovative und mit Leben erfüllte Universität ist, an der exzellente Forschung ihren festen Platz hat. Besonders freut mich, dass es sich bei allen drei Initiativen um ausdrücklich interdisziplinäre Projekte handelt, die maßgeblich auch von Nachwuchswissenschaftlern und Frauen getragen werden. Die nun anstehende Förderung schließt eine wichtige Flanke in der Forschungslandschaft der JLU.“
SFB/TRR 79: „Werkstoffe für die Hartgeweberegeneration im systemisch erkrankten Knochen“
Den drei Universitäten Gießen, Dresden und Heidelberg wurde der SFB/TRR 79 mit dem Titel „Werkstoffe für die Hartgeweberegeneration im systemisch erkrankten Knochen“ bewilligt. Beteiligt sind außerdem das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg, die Leibniz-Institute für Festkörper- und Werkstoffforschung und für Polymerforschung in Dresden sowie das Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden. Die Federführung liegt bei der JLU (Sprecher: Prof. Dr. Dr. Reinhard Schnettler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie der JLU). Damit kann die auf vier Jahre angelegte erste Förderperiode des SFB/TRR 79 zum 1. Juli 2010 begonnen werden. Ziel dieses interdisziplinären Forschungsverbundes ist es, neue Knochenersatzmaterialien und Implantatwerkstoffe für den systemisch erkrankten Knochen zu entwickeln, zu untersuchen und zu testen. Im Mittelpunkt stehen zwei Erkrankungen, die jeweils ein deutlich erhöhtes Knochenbruchrisiko mit sich bringen: Osteoporose, eine weit verbreitete und vor allem im Alter auftretende Knochendegeneration sowie die bösartige Tumorerkrankung Multiples Myelom, die zu lokal umgrenzter Zerstörung des Knochengewebes führt.
Der modernen Unfallchirurgie und Orthopädie stehen zwar eine Vielzahl an Knochenersatzmaterialien wie auch dauerhaften Implantaten zu Verfügung; diese sind jedoch nicht an die spezifischen Bedingungen von systemischen Krankheitsbildern angepasst, die generell zu einer deutlichen Verschlechterung der Knochenfraktur- und -defektheilung führen. Aufgabe des Forschungsverbundes wird es deshalb sein, neuartige Lösungen für solche Formen von Knochendefekten zu entwickeln und in geeigneten Zellkultur- und Tiermodellen zu untersuchen. Am Ende des auf insgesamt zwölf Jahre angelegten Vorhabens sollen die Ergebnisse dann in die klinische Anwendung übertragen werden.
Der Schwerpunkt der Arbeiten am Standort Gießen liegt in der Entwicklung geeigneter Tiermodelle und dem Test der am Standort Dresden neu zu entwickelnden Biomaterialien. In Heidelberg steht die Erkrankung des Multiplen Myeloms als exemplarisches malignes Krankheitsbild im Mittelpunkt. An der JLU sind die Fachbereiche Human- (Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Labor für experimentelle Unfallchirurgie, Zentrum für Radiologie) und Veterinärmedizin (Institut für Veterinär-Anatomie, -Histologie und -Embryologie), die ausgewiesene Leistungen auf den Gebieten der Biokompatibilitätsprüfung von Werkstoffen in der Zellkultur und mittels tierexperimenteller Modelle aufweisen, sowie das Physikalisch-Chemische Institut (Fachbereich 08 – Biologie und Chemie) an der Transregio-Initiative beteiligt.
SFB/TRR 81: „Chromatin-Veränderungen in Differenzierung und Malignität“
An den Universitäten Gießen, Marburg und Rotterdam sowie am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim wird der internationale SFB/TRR 81 „Chromatin-Veränderungen in Differenzierung und Malignität“ eingerichtet. Die Federführung liegt bei der JLU, Sprecher ist Prof. Dr. Rainer Renkawitz (Institut für Genetik an der JLU). Der Forschungsverbund beschäftigt sich mit der Rolle von Chromatin für die Regulation der Genaktivität. Im Falle einer pathologischen Veränderung kann das fälschliche An- und Abschalten von Genen Einfluss auf eine Tumorentstehung oder andere Erkrankungen haben.
Der Mensch und andere höhere Organismen besitzen eine Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen mit großen Unterschieden in Aussehen und Funktion. Obwohl die Zellen eines Organismus weitgehend identische Gene enthalten, werden beispielsweise bei einer Zelle des Herzmuskels andere Gene verwendet als bei einer Blutzelle. Demnach muss das Aktivitätsmuster der Gene einer Muskel-Vorläuferzelle auf weitere (Muskel-)Tochterzellen übertragen und modifiziert werden. Da gleichzeitig benötigte Gene in unterschiedlichen Gruppen im Genom verteilt vorliegen, gibt es eine Vielzahl inaktiver Gene eingestreut zwischen Gruppen aktiver Gene.
Inaktivität wird häufig durch Veränderungen der DNA (DNA-Methylierung) und chemische Modifikation der DNA-verpackenden Histone (Chromatin) vermittelt. Diese Modifikationen sind die Ursache für die Epigenetik, der Vererbung des Aktivitätszustandes auf Tochterzellen und Untersuchungsgegenstand des SFB/TRR 81.
An der JLU sind neben dem Institut für Genetik (Fachbereich 08 – Biologie und Chemie) das Biochemische Institut und das Rudolf-Buchheim-Institut für Pharmakologie (beide Fachbereich 11 – Medizin) beteiligt. Mit der Einrichtung dieses SFB unter Beteiligung deutscher und holländischer Arbeitsgruppen wird die Forschung auf internationalem Niveau ermöglicht, um hochaktuelle Fragen der Epigenetik zu lösen. Ferner bietet sich für die auszubildenden Doktoranden die Möglichkeit des internationalen Austausches, eine wichtige Erfahrung für zukünftige Berufsmöglichkeiten.
SFB/TRR 84: „Angeborene Immunität der Lunge: Mechanismen des Pathogenangriffs und der Wirtsabwehr in der Pneumonie“
Der SFB/TRR 84 befasst sich mit der „Volkskrankheit“ Lungenentzündung und der Art und Weise, wie sich die Lunge dagegen wehrt. Beteiligt sind die Universitäten Gießen und Marburg, die Charité – Universitätsmedizin Berlin (Federführung; Sprecher: Prof. Dr. Norbert Suttorp, Direktor der Medizinischen Klinik m.S. Infektiologie und Pneumologie an der Charité), das Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik in Berlin und das Robert-Koch-Institut in Berlin. Als stellvertretender Sprecher fungiert der Gießener Mediziner Prof. Dr. Jürgen Lohmeyer (Leiter der klinischen Forschergruppe Infektiologie, Medizinische Klinik II).
Die Abwehrfunktionen der Lunge gegen Infektion und Entzündung müssen zeitlich und räumlich sehr fein abgestimmt werden, damit die Organfunktion auch während dieses Ausnahmezustandes gewährleistet bleibt. Der SFB/TRR 84 besteht aus drei Bereichen. Im Bereich A „Pathogenerkennung in der Lunge und Initiierung der angeborenen Immunantwort“ wird untersucht, wie in der Lunge die große Vielzahl von Krankheitserregern, die von Viren über extra- zu intrazellulären Bakterien reicht, vom Immunsystem der Lunge erkannt werden. Im Bereich B „Humorale und zellbasierte bronchioalveoläre Verteidigungsmechanismen“ wird die Rolle von lokalen antimikrobiellen Molekülen und die Rekrutierung von Zellen des Immunsystems in der Immunantwort auf Pathogene untersucht. Im Bereich C „Kontrolle der Wirtsantwort im pulmonalen Kompartment und Strategien der Intervention“ werden erste innovative therapeutische Ansätze verfolgt. In allen Themenbereichen kooperieren die beteiligten Standorte.
An der JLU sind das Zentrum für Innere Medizin und die Institute für Medizinische Mikrobiologie, für Medizinische Virologie, für Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin sowie das Biochemische Institut am SFB/TRR 84 beteiligt. Alle gehören zum Fachbereich 11 – Medizin.
Kontakt:
SFB/TRR 79:
Prof. Dr. Sabine Wenisch
Institut für Veterinär-Anatomie, -Histologie und -Embryologie
Frankfurter Straße 98, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-38111
SFB/TRR 81:
Prof. Dr. Rainer Renkawitz
Institut für Genetik
Heinrich-Buff-Ring 58, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-35460
SFB/TRR 84:
Prof. Dr. Jürgen Lohmeyer
Zentrum für Innere Medizin, Medizinische Klinik II
Klinikstraße 36, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-42654
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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