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06.09.2010 13:00

Auf die Füße geschaut: Warum Käfer nicht auf Pflanzen ausrutschen und auf welche Ideen das Pflanzenschützer bringt

Dr. Gerlinde Nachtigall Pressestelle
Julius Kühn-Institut

    Man könnte annehmen, Kartoffelkäfer trainieren täglich im Fitnessstudio. Auf glatten Oberflächen halten sie in Kraftexperimenten das bis 70fache ihres eigenen Körpergewichtes aus. Spargelhähnchen, eine andere Blattkäferart, könnten zur Klebstoffindustrie wechseln: Der Kleber, mit dem sie ihre Eier auf die ohnehin schwer benetzbaren nadelähnlichen Spargelblätter kleben, hält mehr als das 20.000fache ihres Ei-Gewichts. Forscher des Zoologischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität Kiel untersuchen Wechselwirkungen zwischen Pflanzenoberflächen und Insekten.

    In Kraftmessversuchen ermitteln sie die Haltekräfte auf definierten, unterschiedlich rauen Oberflächen, die Rückschlüsse auf deren Haftung an Pflanzenoberflächen zulassen. Die Ergebnisse zur funktionellen Morphologie und Biomechanik von Insekten helfen, neue biologische oder physikalische Ansätze für den Pflanzenschutz zu gewinnen. Sie werden während der 57. Deutschen Pflanzenschutztagung vom 6. – 9.9.2010 in Berlin vorgestellt und diskutiert.

    Was passiert zwischen Insektenfuß und Blattoberfläche, wenn ein Käfer seine Füße aufsetzt und läuft? Treffen Insekten auf ihre Wirtspflanzen wie Kartoffeln oder Weizen, finden äußerst komplizierte Wechselwirkungen statt. Dazu gehört auch das Haften von Insekten auf glatten, klebrigen, schmierigen oder rauen Pflanzenoberflächen. Mit der Fähigkeit des „sich-Festhalten-könnens“ überwinden sie evolutionäre Hürden, erschließen schwer zugängige Lebensräume und behaupten sich als erfolgreichste Tiergruppe der Welt.

    In der Regel sind die Abläufe an diesen biologischen Oberflächen Vorbild für technische Neuerungen (Bionik). Dr. Dagmar Voigt und Professor Dr. Stanislav N. Gorb von der Christian-Albrechts-Universität Kiel (CAU) möchten jedoch das Wissen um die biomechanischen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Insekten nutzen, um Pflanzen vor Schädlingen zu schützen. Mit neuesten mikroskopischen Methoden und Kraftmesstechniken gewinnen sie Informationen, welche Haftstrukturen von Insektenfüßen wie funktionieren und welche Blattoberflächen besser oder schlechter zum Festhalten und Fortbewegen geeignet sind. Das Gleiche gilt zum Beispiel für die Eiablage.

    Spargelhähnchen legen ihre Eier mit der schmalsten Seite mit einer Klebkraft von 270 kPa (Kilopascal) auf die Spargel“nadeln“ ab, obwohl die „Nadel“oberfläche mit Wachskristallen bedeckt ist, was die Blätter praktisch unbenetzbar macht. Voigt und Gorb fanden heraus, dass die Eier eine Verbindung mit den Wachskristallen der Blätter eingehen und der proteinhaltige Klebstoff dadurch eine besondere Festigkeit hat. Was ist, wenn die Oberflächenstruktur der Spargelblätter anders wäre? Würden die Eier weniger oder nicht mehr festkleben?

    Die Möglichkeit, dass Insekten oder deren Eier auf Blättern schlechter haften, führt zu neuen Ansätzen im Pflanzenschutz. Davon gehen Voigt und Gorb aus. Mit dem Wissen über die genannten Wechselwirkungen könnten Sorten gezüchtet oder ausgewählt werden, deren Blattoberflächen zum Beispiel eine anti-adhäsive Wirkung haben.

    Wissenschaftliche Ansprechpartnerin:
    Dr. Dagmar Voigt
    Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
    Abteilung Funktionelle Morphologie und Biomechanik
    Zoologisches Institut
    Am Botanischen Garten 1-9
    24098 Kiel
    dvoigt[at]zoologie.uni-kiel.de
    www.uni-kiel.de/zoologie/gorb/dvoigt.html

    Vortrag zum Thema im Tagungsband zur 57. Deutschen Pflanzenschutztagung (Julius-Kühn-Archiv, Band 428, 2010):Seite 285, 41-7


    Weitere Informationen:

    http://www.pflanzenschutztagung.de - Alle Infos zur Tagung


    Bilder

    REM-Aufnahme Kartoffelkäferfüße ,
    REM-Aufnahme Kartoffelkäferfüße ,
    Dagmar Voigt, CAU Kiel
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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