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Wissenschaft
Ein Jahrhundertfund im Wüstensand Ägyptens wird zur „Berliner“ Königin der Herzen
Bis zum 28. November 2010 ist im Liebieg-Haus in Frankfurt a. M. die Ausstellung „Sahure – Tod und Leben eines großen Pharao“ zu sehen. Sie zeigt eine Grabung, die der Ägyptologe und Architekt Ludwig Borchardt zu Beginn des 20. Jahrhunderts leitete.
Die Büste der Nofretete, die ihr Entdecker das „lebensvollste ägyptische Kunstwerk“ nannte, ist eines der Highlights der Berliner Museumsinsel. Weniger bekannt ist der Archäologe Ludwig Borchardt, der diesen Jahrhundertfund am 6. Dezember 1912 im Sand von Tell el-Amarna, der vergessenen Stadt des Ketzerkönigs Echnaton, ausgrub. Wenig bekannt ist auch, dass viele Erfolge der deutschen Archäologie im Vorderen Orient zwischen 1870 und 1930 einer Tradition der Bauakademie/TH zu Berlin – Vorgängereinrichtung der TU Berlin - zu danken sind. Dort waren mehrere bedeutende Vertreter der historischen Bauforschung tätig, die dazu beitrugen, dass sich um 1900 in der Archäologie wissenschaftliche Methoden der exakten Vermessung und Dokumentation durchsetzten.
Durch diese Schule ging auch Ludwig Borchardt, der 1863 in Berlin in eine alte jüdische Kaufmannsfamilie von hoher kultureller Bildung hineingeboren wurde. Ludwigs jüngerer Bruder wird unter den Namen Georg Hermann (1871–1943) Schriftsteller und Chronist des berlinisch-jüdischen Milieus werden. Nach dem Abitur am Askanischen Gymnasium studierte der vielseitig interessierte Ludwig von 1883 bis 1887 Architektur an der TH Berlin. „Nebenbei“ hörte er Professor Adolf Erman (1854–1937), den damals bedeutendsten deutschen Experten der altägyptischen Philologie, und promovierte als Ägyptologe. Zunächst war Borchardt im Berliner Ägyptischen Museum tätig, ab 1888 arbeitet er als Regierungsbaumeister.
Auf Initiative Professor Ermans entsandte die Preußische Akademie der Wissenschaften 1895/96 „den Baumeister Borchardt“ zu Ausgrabungsarbeiten auf die Insel Philae. Unter anderem erarbeite Borchardt 1897 bis 1899 den Generalkatalog des Ägyptischen Museums in Kairo. Damit qualifizierte er sich zu einem ausgezeichneten Kenner der altägyptischen Kultur und zum Experten, geschickte Fälschungen zu entlarven. 1899 wurde er zum wissenschaftlichen Attaché am deutschen Generalkonsulat in Kairo berufen, um sein Expertenwissen für den Erwerb wertvoller Objekte für die Berliner Museen zu nutzen. Ab 1902 finanzierte die private „Deutsche Orientgesellschaft“ seine Ausgrabung der Tempelanlage von Abusir und in Amarna. Hier zeigte sich beim Vermessen, Zeichnen, der Dokumentation und der modellhaften Rekonstruktion des Gefundenen seine wissenschaftliche Akribie. In Ägypten lernte Borchardt auch seine Frau, die Frankfurterin Emilie Cohen kennen, die er 1903 heiratete und die seine wichtigste Mitarbeiterin wurde. Im Jahre 1907 wurde er Direktor des Deutschen Instituts für Ägyptische Altertumskunde in Kairo, das er bis 1929 leitete und in dem er mit seiner Frau auch wohnte.
Das Institutsgebäude gehört heute der Schweiz. Es beherbergt noch Borchardts Bibliothek, seinen umfangreichen Nachlass nebst Briefen sowie sein Porträt, das 1919 von Max Liebermann gemalt wurde. Viele seiner herausragenden wissenschaftlichen Leistungen verblassten hinter den Skandalen, die seit dem ersten öffentlichen Auftreten mit der Nofretete 1924 in Berlin verbunden waren. Ludwig Borchardt starb am 12. August 1938 in Paris, wo er versuchte, sein Lebenswerk vor den Nazis zu retten. Sein Grab befindet sich in Kairo. Das Leben seines Bruders Georg Hermann endete im November 1943 in Auschwitz.
Hans Christian Förster
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Bauwesen / Architektur, Kunst / Design
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Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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