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05.12.1997 00:00

Symposion über Graf Ostermann - Wanderer zwischen den Welten

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 05.12.1997 Nr. 242

    Wanderer zwischen den Welten Heinrich Graf Ostermann - Deutscher, Russe, Europäer Symposion zu umstrittener Person des 18. Jahrhunderts

    Angetrunken erstach der Bochumer Student in Jena einen Kommilitonen, floh darauf hin nach Amsterdam, trat bald in russische Dienste und machte dort Karriere: Aus Heinrich Johann Ostermann (1687-1747) wurde Andrej Iwanowitsch Osterman, verantwortlicher Leiter für alle Bereiche der russischen Politik. Diesem Wanderer zwischen den Welten im 18. Jahrhundert widmen anläßlich der 250. Wiederkehr seines Geburtstags die Stadt Bochum und die Ruhr-Universität Bochum eine Veranstaltungsreihe; in deren Zentrum steht das Symposion: ,Ein Deutscher am Zarenhof - Heinrich Graf Ostermann und seine Zeit" (10.-14. Dezember 1997, Kulturveranstaltungen und Symposion im Stadtarchiv Bochum, Kronenstr. 47-49, 44 789 Bochum).

    Die Zeit des Peter des Großen

    In den letzten Jahren wendet sich die internationale Historiographie mit neuem Blick und mit neuem Interesse verstärkt wieder jener Epoche der russischen Politik zu, die mit Peter dem Großen begonnen und mit Katharina der Großen ihren Gipfelpunkt erreicht hat. Es ist dies eine Epoche, die gekennzeichnet ist durch die Öffnung Rußlands nach Westen, eine staatliche, wirtschaftliche und geistig-kulturelle Modernisierung des Landes, die siegreiche Beendigung des Nordischen Krieges und die Etablierung als gleichberechtigte Großmacht im Konzert der europäischen Staaten.

    Ostermann - von Bochum nach Rußland

    Peter I. hatte, um seine politischen Visionen in praktisches Handeln umsetzen zu können, zahlreiche ausländische Fachleute um sich geschart. Einer von ihnen war der aus Bochum stammende Pastorensohn Heinrich Johann Ostermann (geb. 1687). Nach Schul- und Universitätsausbildung in Bochum, Soest, Dortmund und Jena hatte er mit 16 Jahren in Amsterdam bei der russischen Flotte angeheuert, nachdem er sich durch einen tragischen Zwischenfall gezwungen sah, unterzutauchen und Deutschland zu verlassen: In angetrunkenem Zustand hatte er in einem Wirtshaus in Jena einen Kommilitonen im Streit erstochen.

    Eine Bilderbuchkarriere endet in Ungnade

    Ostermann, dessen Intelligenz, Sprachbegabung, Fleiß und diplomatisches Geschick Peter I. sehr bald erkannte, machte schnell Karriere am Zarenhof in der neuen Hauptstadt St. Petersburg: Vom Übersetzer in der Gesandtenkanzlei (Außenministerium) stieg er zum Geheimsekretär, außenpolitischen Berater des Zaren und zum Vizepräsidenten des Kollegiums der auswärtigen Angelegenheiten auf. Nach dem Tod Peters des Großen erklomm Ostermann weitere Stufen seiner steilen Karriere. Unter Katharina I., Peter II. Und Anna Iwanowna wurde er Vizekanzler, Mitglied des Obersten Geheimen Rates, Generalpostdirektor und schließlich Premierminister (1734). Damit hatte Ostermann, der sich längst Andrej Iwanowitsch Osterman nannte und 1730 in den erblichen Grafenstand erhoben worden war, den Gipfel seiner Macht und seines politischen Wirkens im Innern wie nach außen erreicht. Ein Deutscher aus Bochum war zu einem der führenden Staatsmänner Rußlands geworden: Ein fast märchenhafter Aufstieg, der jedoch mit dem Staatsstreich der Zarin Elisabeth, einer Tochter Peters I., ein jähes Ende fand. Ostermann wurde wegen angeblichen Hochverrats zum Tode verurteilt (1742) und schließlich zu lebenslanger Verbannung begnadigt. 1747 starb er - aller Ehren und Güter verlustig - in der westsibirischen Kleinstadt Beresow. Erst unter Katharina der Großen wurde die Familie Ostermann rehabilitiert.

    Programm

    Mittwoch, 10. Dezember 1997

    19.30 Uhr Ausstellungseröffnung, Igor Ganikowskij -Bilder, Arbeiten auf Papier, Objekte, 11. bis 22.12.1997, Mo bis Fr 9 bis 15.30 Uhr, Mi bis 20 Uhr, einführende Worte: Alla Schilowa, Repräsentantin d. Int. Malewitsch Kunst-Stiftung, Sofia Gubaidullina, Akkordeonkompositionen gespielt von Christina Taczyk,

    Öffentlicher Diavortrag: Das alte Moskau - Baudenkmäler und Kunstschätze, Prof: Dr. Wsewolod Wolodarskij, Akademie der Wissenschaften Moskau

    Donnerstag, 11. Dezember

    19.30 Uhr Eröffnung des Symposiums, Prof. Dr. Manfred Bormann, Rektor der Ruhr-Universität Bochum

    Musikalische Umrahmung mit Werken von Haydn und Prokofjew Michael Nachbar, Violine, Benjamin Nachbar, Bratsche

    Öffentlicher Diavortrag: Ostermann und seine Familie am Zarenhof. Herrscher und Staatsmänner- eine Geschichte in Porträts, Dr. Ljudmila Markina, Tretjakow-Galerie Moskau

    Freitag, 12. Dezember

    9.00 Uhr Begrüßung, Oberbürgermeister der Stadt Bochum Ernst-Otto Stüber

    Auf Ostermanns Spuren. Hinweis zur Quellenlage in Archiven und Museen, Dr. Johannes Volker Wagner/Dr. Wolfram Eggeling, Stadtarchiv Bochum

    10.00 Uhr Deutsche und andere Ausländer in Rußland im 17. und 18. Jahrhundert und ihr Beitrag in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur unter besonderer Berücksichtigung von Heinrich Johann Ostermann, Prof. Dr. Harm Klueting, Universität Köln

    11.00 Uhr Zur Frage der Rationalität von Ostermanns Außenpolitik. Kurland als politisches Potential der russischen Mächtepolitik, Dr. Martin Schulze Wessel, Universität Halle

    12.15 Uhr Die Neuordnung der russischen Finanzpolitik im 18. Jahrhundert und Finanzbeziehungen zu Westeuropa, Dr. Sergej Lebedev, Akademie der Wissenschaften St. Petersburg

    15.00 Uhr Rußland zwischen Früh- und Spätaufklärung. Ansätze zu einer Sozialgeschichte der Bildung im 18. Jahrhundert, Dr. Claus Scharf, Universität Mainz

    16.00 Uhr Von der Kunstkammer zur Akademie in St. Petersburg - die Rolle der Ausländer, Dr. Jozien Driessen, Amsterdam

    17.15 Uhr Das Bild Ostermanns und anderer deutscher Staatsmänner in der russischen Geschichtsschreibung, Prof. Dr. Hans Hecker, Universität Düsseldorf Das Bild Ostermanns in russischen historischen Romanen, Dr. Wolfram Eggeling, Stadtarchiv Bochum

    19.30 Uhr Öffentliche Filmvorführung: ,Die scharlachrote Kaiserin" Regie: Josef von Sternberg, 1934 (In der Rolle Katharinas der Großen: Marlene Dietrich) Filmästhetische Annäherung an ein historisches Thema; Einführung und Abschlußdiskussion: Ursula Bessen, Ruhrkolleg/Universität Essen

    Samstag, 13. Dezember

    9.00 Uhr Das Erbe Peters des Großen in der russischen Innenpolitik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und der Beitrag deutscher Staatsmänner Dr. Aristide Fenster, Bonn

    10.00 Uhr Ostermanns Nachfahren in Rußland unter besonderer Berücksichtigung von Aleksandr Ivanovic Osterman-Tolstoj, Dr. Michael Hagemeister, Ruhr-Universität Bochum

    11.15 Uhr Europäische Kunst in Rußland im 18. Jahrhundert und ihr Einfluß auf die russische Kunst, Prof. Dr. Wsewolod Wolodarskij, Akademie der Wissenschaften Moskau

    12.15 Uhr Zusammenfassende Aussprache

    19.30 Uhr Musik am Zarenhof im 18. Jahrhundert, Werke von Bach, Caldara, Vivaldi, Biber, Krieger, Vanhal, Mozart; Kammerkonzert von Solisten des Moskauer Bach-Zentrums (Moskauer Philharmonie)


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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