idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Bochum, 08.12.1997 Nr. 243
Der Reporter als Zeuge oder Richter Grenzen des investigativen Journalismus Bochumer katholischer Theologe zur Medienethik
,Für öffentliche Hinrichtungen hat der investigative Journalismus kein Mandat in einer Demokratie. Im `Kampagnenjournalismus' wird aus dem journalistischen ein parteipolitisches Handeln" - diese Feststellung des Bochumer Theologen, Dr. Michael Müller, verweist auf die häßliche Seite des investigativen Journalismus. Trotzdem gelingt es dem Bochumer Wissenschaftler in seiner Dissertation ,Christlich-ethische Begründung und Begrenzung des investigativen Journalismus" an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, ein sittlich begründetes ,Ja" zu dieser Art der Berichterstattung auszusprechen. Die Promotion wurde betreut von Prof. Dr. Hans Kramer (Moraltheologie, Katholisch-Theologische Fakultät der RUB).
Das demokratische Mandat
Das Mandat des Journalismus in einer Demokratie leitet sich aus der Informationsfreiheit ab. Darüber hinaus hat ihn das Bundesverfassungsgericht als ,schlechthin konstituierend" für eine demokratische Staatsform bezeichnet. Der Journalismus erhält so ein Mandat zur Herrschaftskontrolle innerhalb der funktionierenden Demokratie. Der `investigative Journalismus' ist eine besondere Spielart des Journalismus: Er deckt durch intensive Recherchetätigkeit und gegen eventuelle Widerstände von Betroffenen Mißstände auf, um sie zu veröffentlichen. Grundsätzlich gilt das demokratische Mandat auch für ihn. Doch wird nicht alles, was sich als investigativer Journalismus versteht, diesem Mandat auch gerecht.
Wahrheit kontra Persönlichkeitsrechte
Maßstab einer Abgrenzung aus christlicher Sicht ist das Wahrheitsgebot. Lüge, Propaganda, Manipulation und Klatsch verbieten sich damit genauso wie eine übertriebene Gesinnungsethik oder die Richtlinien der ,political correctness". Doch auch `wahre' Veröffentlichungen können in einen Wertekonflikt mit Persönlichkeitsrechten von Betroffenen geraten. Bei Verleumdung und Ehrabschneidung, einer realen Gefährdung der bürgerlichen Existenz, sind die Grenzen des investigativen Journalismus überschritten. Hier wird der Journalist vom Zeugen zum Richter oder Henker. Die christliche Ethik verwirft dies, begründet im Persönlichkeitsrecht und der Menschenwürde.
Journalistische Tugend
Der Bochumer Theologe unterstreicht im Konfliktfall die Bedeutung des Abwägens: Der Journalist handelt nicht nur rein funktional, sondern er trifft bei Wertekonflikten eine Gewissensentscheidung. Darin verpflichtet er sich auf die eigenen Werte. Nur so kann er als ,sittliche Persönlichkeit" ernstgenommen werden. Die Bindung an eine journalistische Tugendethik ist deshalb die Voraussetzung für das christliche ,Ja" zum investigativen Journalismus.
Weitere Informationen
Dr. Michael Müller, Tel. und Fax: 0231/7261209
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
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