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Wissenschaft
Zu den Folgen der Erderwärmung:
Können marine Mikroorganismen die aus auftauenden Dauerfrostböden freigesetzte organische Substanz zu CO2 zersetzen und so den Treibhauseffekt verstärken?
Ein neues Großprojekt am IOW widmet sich der Abbaubarkeit von terrigenem, organischem Kohlenstoff im Meer. In den Dauerfrostböden arktischer Zonen lagern bis zu 60% des weltweiten, in Böden gebundenen Kohlenstoffs. Es ist derzeit zu beobachten, dass die globale Erwärmung zu einem vermehrten Abtauen der Böden in Tundra und Taiga führt. Dabei werden auch organische Kohlenstoff-Verbindungen freigesetzt (zum Beispiel Huminstoffe), die über die Flüsse letztlich auch in den Weltozean gelangen können. Wenn diese Kohlenstoffverbindungen dann mikrobiell abgebaut werden, entsteht CO2. Gelangt es in die Atmosphäre, kann eine weitere Verschärfung des Treibhauseffektes ausgelöst werden.
Auf diesem Szenario fußt ein neues, von der Leibniz-Gemeinschaft gefördertes Forschungsprojekt unter der Leitung des Warnemünder Meeresbiologen Prof. Dr. Klaus Jürgens. „ATKiM“ (Abbaubarkeit von arktischem terrigenem Kohlenstoff im Meer) untersucht, in welchem Ausmaß die ins Meer eingetragenen organischen Kohlenstoffverbindungen (unter Freisetzung von CO2) abgebaut werden und durch welche Umweltfaktoren (wie z.B. Salinität, Einstrahlung, Nährstoffe) dies beeinflusst wird. Das Projektkonsortium wird dabei auch der Frage nachgehen, aus welchen chemischen Komponenten dieses Kohlenstoffgemisch besteht und welche Bakterien zu ihrem Abbau befähigt sind. Bislang wurde angenommen, dass die organischen Kohlenstoffverbindungen aus den Dauerfrostböden refraktärer Natur sind und somit von Mikroorganismen kurzfristig nicht abgebaut werden können. In jüngster Zeit mehrten sich jedoch Hinweise, die dies in Frage stellen.
Für ATKiM hat das IOW Wissenschaftler aus 9 Instituten in einem Netzwerk integriert, um deren komplementäre Expertisen langfristig für die Bearbeitung dieser Fragestellungen zu bündeln. Sowohl die Analyse einer Vielzahl chemischer Komponenten im freigesetzten organischen Kohlenstoff, als auch die Identifikation der am Abbau beteiligten Mikroorganismen, deren Aktivitäten und genetischen Grundlagen stellen große methodische Herausforderungen dar. Erst neueste Entwicklungen in der hochauflösenden Massenspektrometrie, Genomik und Proteomik lassen es möglich erscheinen, die Mechanismen dieses Prozesses besser zu verstehen. Dafür werden in diesem Projekt Molekular- und Mikrobiologen mit marinen Umweltchemikern im Rahmen gemeinsamer Forschungsfahrten und laborgestützter Experimente eng zusammenarbeiten. Die nördliche Ostsee, in welche arktische Flüsse aus Nordskandinavien entwässern, wird dabei als ein großes „Freiland-Laboratorium“ und Modellsystem dienen.
Die Ergebnisse aus ATKiM werden dazu beitragen, bessere Vorhersagen für zu erwartende CO2-Emissionen aus nördlichen Meeresgebieten machen zu können. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der interdisziplinären Ausbildung der insgesamt 6 beteiligten Doktoranden, beispielsweise durch jährlich stattfindende gemeinsame „Summer Schools“ mit nationaler und internationaler Beteiligung.
Ein erstes Planungstreffen aller beteiligten Wissenschaftler findet am 9.März im IOW statt, die erste Fahrt mit dem Forschungsschiff FS Meteor in die nördliche Ostsee ist für den November angesetzt.
Das Netzwerk AtKim wird in einem Exzellenzprogramm der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Pakts für Forschung und Innovation gefördert. Für die nächsten drei Jahre stehen dem Konsortium Fördermittel in Höhe von rund 1.3 Mio. Euro zur Verfügung.
Partner im Atkim-Netzwerk sind:
•Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, Sektionen Biologische Meereskunde und Meereschemie
•Universität Rostock, Lehrstuhl für Analytische Chemie
•Museum für Naturkunde Berlin
•Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH
•Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin
•Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Pharmazeutische Biotechnologie
•Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie gemeinsam mit der Jacobs University, Bremen
•Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie gemeinsam mit dem Institut für die Chemie und Biologie der Meere, Uni Oldenburg
•Universität Stockholm, Department of Applied Environmental Science
Kontakt: Prof. Klaus Jürgens, Sektion Biologische Meereskunde, Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, Tel.: 0381 5197 250, klaus.juergens@io-warnemuende.de
Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der zurzeit 86 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesamtgesellschaftlich relevante Fragestellungen strategisch und themenorientiert. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. (www.leibniz-gemeinschaft.de)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Chemie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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