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15.03.2011 11:11

Verfassungsgericht kippt NRW-Nachtragshaushalt: Saar-Professor vertrat erfolgreich Opposition

Friederike Meyer zu Tittingdorf Pressestelle der Universität des Saarlandes
Universität des Saarlandes

    Der Verfassungsgerichtshof in Münster hat den Nachtragshaushalt 2010 des Landes Nordrhein-Westfalen für verfassungswidrig erklärt. Christoph Gröpl, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität des Saarlandes, vertrat als Verfahrensbevollmächtigter 78 Oppositionsabgeordnete, die gegen den nordrhein-westfälischen Nachtragshaushalt der rot-grünen Landesregierung vorgingen. Das Gericht teilte ihre Überzeugung, dass der Nachtragshaushalt verfassungswidrig sei, weil er die Nettoneuverschuldung um 1,8 Milliarden Euro auf die Rekordhöhe von 8,4 Milliarden erhöht habe, um damit überwiegend Rücklagen zu bilden.

    „Die Oppositionsabgeordneten haben in diesem Verfassungsprozess zu Recht darauf hingewiesen, dass es die Verfassung von Nordrhein-Westfalen nicht zulässt, Rücklagen in Milliardenhöhe zu bilden, wenn dafür zugleich neue Staatsschulden aufgenommen werden, die weit über der Regelkreditgrenze liegen. Vereinfacht gesagt hat das Land Schulden gemacht, um dieses Geld anschließend zum Teil auf Sparkonten zurückzulegen“, erklärt Professor Christoph Gröpl. Dies widerspreche zum einen dem Wirtschaftlichkeitsgebot und zum anderen dem Grundsatz, dass der Staat nur so viel Kredite aufnehmen darf, wie er Investitionen in einem Haushaltsjahr einplant. „Nur bei einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes dürfen mehr Kredite aufgenommen werden. Spätestens nach der Erholung der Konjunktur Mitte vergangenen Jahres kann von solch einer Störung aber nicht mehr die Rede sein“, argumentiert der Jura-Professor. Abgesehen davon hätten die Kredite selbst im Fall einer gesamtwirtschaftlichen Schieflage nur zur Abwehr der Krise verwendet werden dürfen, also insbesondere für staatliche Ausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft, nicht jedoch, um das Geld auf Sparkonten zu parken.

    „Mit der einstweiligen Anordnung des Verfassungsgerichtshofs vom 18. Januar 2011 und seinem heutigen Urteil ist es uns gelungen, Rechtsprechungsgeschichte zu schreiben: Zum ersten Mal wurde in Deutschland eine Regierung effektiv daran gehindert, Schulden zu machen, wenn das auf verfassungsrechtlich schwankendem Boden steht“, sagt Christoph Gröpl. Bisher seien die Entscheidungen der Verfassungsgerichte zur Nichtigkeit von Haushaltsgesetzen zu spät gekommen, nämlich erst dann, wenn die Kredite schon aufgenommen und die Ausgaben schon geleistet gewesen seien.

    Im Übrigen könne sich die heutige Münsteraner Gerichtsentscheidung zum Nachtragshaushalt 2010 auch auf den nordrhein-westfälischen Haushalt für das laufende Jahr 2011 auswirken, der noch nicht verabschiedet sei. „Dieser Haushaltsentwurf sieht derzeit eine Nettoneuverschuldung von 7,1 Milliarden Euro vor. Die muss deutlich gesenkt werden, da sie wiederum weit über den eingeplanten Investitionsausgaben liegt. Außerdem übersteigt diese vorgesehene Neuverschuldung die ursprüngliche Nettokreditaufnahme des Haushalts 2010 von 6,6 Milliarden Euro“, sagt Gröpl. Von einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung, wie sie von der Landesregierung für 2011 verkündet wurde, könne daher keine Rede sein. „Die derzeitige Regierung hat den Bürgern im vergangenen Landtagswahlkampf Versprechungen gemacht, die sie kaum finanzieren kann. Diese Wahlversprechen treffen die Regierung nun wie ein Bumerang“, sagt der Saarbrücker Professor. Daran würden auch etwaige Neuwahlen nichts ändern. Denn auch ein neuer Landtag könne sich nicht über die verfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenzen hinwegsetzen.

    Interviewwünsche werden vermittelt unter: Tel. 0681/302-3610

    Fragen beantwortet:
    Professor Dr. Christoph Gröpl
    Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht
    Tel. (0681) 302-3200 oder -64759
    E-Mail: groepl@mx.uni-saarland.de

    Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-ISDN-Codec. Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-3610) richten.


    Weitere Informationen:

    http://idw-online.de/pages/de/news405098
    http://www.saarbruecker-zeitung.de/sz-berichte/politik/Gericht-zweifelt-an-Notwe...
    http://www.magazin-forum.de/die-katze-lasst-das-mausen-nicht/
    http://www.uni-saarland.de/pressefotos


    Bilder

    Christoph Gröpl, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität des Saarlandes
    Christoph Gröpl, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität des Saarlandes
    Universität des Saarlandes
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, jedermann
    Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Pressetermine
    Deutsch


     

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