idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Stochastische Methoden für die Evolutionsbiologie
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat insgesamt 13 neue Schwerpunktprogramme eingerichtet. Sie sollen ab Anfang 2012 ihre Arbeit aufnehmen und die in Deutschland und darüber hinaus vorhandene wissenschaftliche Expertise zu besonders aktuellen oder sich gerade bildenden Forschungsgebieten vernetzen. Eines dieser Schwerpunktprogramme wird von Professorin Dr. Ellen Baake, Technische Fakultät der Universität Bielefeld, koordiniert. Es ist in hohem Maße interdisziplinär angelegt und bringt Biologie und Mathematik zusammen, um eine neue mathematische Grundlage und Theorie für eine innovative Evolutionsbiologie zu entwickeln.
Ellen Baake und ihre Kooperationspartner befassen sich in dem Programm „Probabilistische Strukturen in der Evolution“ mit komplexen Phänomenen der biologischen Evolution, die von verschiedenen Prozessen getrieben wird: Mutation, Rekombination des genetischen Materials, Reproduktion von Individuen und Selektion günstiger Typen. Die Forscher untersuchen das Schicksal neuer (nützlicher oder schädlicher) Mutationen und das Wechselspiel von Mutation und Selektion, welche die Struktur heutiger Genome beeinflusst hat. Oder sie gehen der Frage nach: Wie ändert Rekombination die Dynamik der Evolution?
Diese Fragen lassen sich ohne die substantielle Verwendung mathematischer Modelle und Methoden nicht beantworten, zumal eine wesentliche Bedeutung im Evolutionsgeschehen dem Zufall zukommt. „Ob eine bestimmte Mutation auftritt oder nicht, oder wie viele Nachkommen ein Individuum genau hat, ist in hohem Masse dem Einfluss des Zufalls unterworfen. Evolution im Detail zu verstehen erfordert deshalb den Einsatz moderner Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie,“ erläutert Ellen Baake.
Ein zentrales Element dieser Methodik stellen „zufällige Genealogien“ dar: Man wählt eine Stichprobe von Individuen aus einer (großen) Population zufällig aus und fragt nach deren Stammbaum. Die Kunst besteht darin, die Gesetzmäßigkeiten aufzuspüren, die diesen zufälligen Genealogien zugrunde liegen. Darüber ist – von den allereinfachsten Fällen abgesehen – bisher sehr wenig bekannt.
Ziel des DFG-Schwerpunktprogramms ist es, die erforderlichen stochastischen Methoden weiterzuentwickeln und mit ihnen konkrete Fragen der Evolutionstheorie zu untersuchen. Zu diesem Zweck werden Mathematiker von den verschiedensten Standorten in Deutschland und im Verbund mit theoretischen Biologen und Bioinformatikern zusammenarbeiten. Das leitende Gremium besteht aus Professorin Dr. Ellen Baake (Koordinatorin, Universität Bielefeld), Professor Dr. Anton Wakolbinger (Stellvertretender Koordinator, Goethe-Universität Frankfurt), Professor Dr. Anton Bovier (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn), Professor Dr. Frank den Hollander (Universität Leiden) und Professor Dr. Andreas Greven (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg). Die genaue Zusammensetzung des Forscherteams (circa 20 beteiligte Gruppen) und der einzelnen Projekte werden sich erst im Laufe der nun beginnenden Phase der Detailplanung und der Einzelanträge herauskristallisieren.
Das Programm ist auf eine Gesamtlaufzeit von sechs Jahren ausgelegt. Für die erste Förderperiode (2012-2015) steht ein Budget von 5,3 Millionen Euro zur Verfügung. Das Schwerpunktprogramm ist eine Neuheit nicht nur aufgrund der speziellen Thematik. Es ist das erste koordinierte DFG-Programm im Bereich der Biomathematik überhaupt und zeigt, dass hier ein neues, eigenständiges Forschungsgebiet entsteht.
Insgesamt stellt die Deutsche Forschungsgemeinschaft für die 13 neuen Schwerpunktprogramme im ersten Förderjahr circa 23,9 Millionen Euro und in der ersten Förderperiode insgesamt gut 70 Millionen Euro zur Verfügung. Die Themen reichen von historischen Hafenstrukturen über Interaktionen in Bakterienkulturen und Festigkeit von Gläsern bis zu regenerativen Brennstoffen. Die Schwerpunktprogramme der DFG arbeiten in der Regel sechs Jahre. Mit den nun bewilligten 13 Einrichtungen fördert die DFG ab 2012 insgesamt 80 Schwerpunktprogram-me.
Professorin Dr. Ellen Baake ist seit 2004 Professorin für Theoretische Bioinformatik an der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld. Die gelernte Biologin, Jahrgang 1961, forscht seit vielen Jahren an der Schnittestelle zwischen Biologie und Mathematik. Im Zentrum ihrer Arbeit stehen die mathematischen Grundlagen der Populationsgenetik und die mathematische Immunbiologie. Sie promovierte 1989 in Theoretischer Biologie an der Universität Bonn. 1999 erfolgte die Habilitation an der Universität München.
Kontakt:
Professorin Dr. Ellen Baake, Universität Bielefeld
Technische Fakultät / AG Biomathematik und Theoretische Bioinformatik
Telefon: 0521 106-4896
E-Mail: ebaake@techfak.uni-bielefeld.de
Professorin Dr. Ellen Baake
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Informationstechnik, Mathematik
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).