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Wissenschaft
Bochum, 11.02.1998 Nr. 37
Forscherinnen in einer ,Männerwelt" Viele ,Professorinen von morgen" kommen aus Bochum Mit ,Lise Meitner" in die Spitzenpositionen der Wissenschaft
117 Stipendien wurden beantragt, doch nur achtzehn vergeben, allein fünf an Wissenschaftlerinnen der RUB. Die Rede ist vom ,Lise-Meitner-Programm", das Frauen auf dem Weg in Spitzenpositionen der Wissenschaft fördert. Das Wissenschaftsministerium NRW (MWF) speist das ,Lise-Meitner-Programm" aus Mitteln des ,Hochschulsonderprogramms III" und fördert damit Habilitandinnen über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren. Es unterstützt mit dieser Förderung Untersuchungen, die ,wissenschaftliches Neuland betreten, Bekanntes präzisieren oder Entwicklungen innerhalb eines Fachgebietes vorantreiben".
RUB seit Anbeginn erfolgreich
Von Anfang an, seit der Einführung des Lise-Meitner-Programms 1991, hat die RUB sich mit großem Erfolg bemüht, den weiblichen Nachwuchs zu fördern und Wissenschaftlerinnen auf dem Weg in die Spitze zu verhelfen: 45 (ca. 10 %) der 443 Bewerberinnen auf ein Stipendium bzw. 23 (ca. 14,5 %) der 159 seit 1991 bewilligten Stipendien sind RUB-Forscherinnen. Ob eine neue Vergaberunde 1999 stattfinden wird, ist noch unklar. Das vom Bund finanzierte Hochschulsonderprogramm III läuft im Jahr 2000 aus, so daß auch eine Weiterfinanzierung des Lise-Meitner-Programms derzeit noch ungesichert ist.
3.500 DM im Monat für "molekularen Magnetismus" oder "Straßenkinder und Krüppel"
Voraussetzung für das Stipendium sind eine sehr gute Promotion und ein durch hohe wissenschaftliche Qualifikation ausgezeichnetes Habilitationsprojekt. Die Stipendiatinnen sollten neben ihrem Know-how auf dem jeweiligen Forschungsgebiet auch Lehrerfahrung mitbringen. Rund 3.500 DM netto und steuerfrei erhält eine Stipendiatin monatlich für maximal drei Jahre. Kinderbetreuungszuschüsse können hinzukommen. Außerdem gibt es einen Reise- und Sachkostenzuschuß. Folgende RUB-Wissenschaftlerinnen waren bei der Vergaberunde 1998 erfolgreich:
Dr. phil. Beate Fieseler (Osteuropäische Geschichte), Straßenkinder und Krüppel: das verdrängte Erbe des Krieges in Sowjetrussland, 1918-1991
Dr. rer. nat. Karin Fink (Theoretische Chemie), Berechnung elektronisch angeregter Zustände in periodische Systemen
Dr. phil. Iris Gröteke (Kunstgeschichte), Bildsprache und Gesellschaftsordnung -Argumentationsstrategien nordwestdeutscher Bilder des 15. Jahrhunderts
Dr. rer. nat. Eva Rentschler (Anorganische Chemie), Ein Beitrag zum molekularen Magnetismus: Spin-Spin-Austausch-Wechselwirkungen zwischen Übergangsmetallionen in verschiedenen Oxidationsstufen über paramagnetische Brückenliganden
Dr. phil. Tânia Ünlüdag (Neuere und Neueste Geschichte), Clara Zetkin (1857-1933): Bürgerliche Mentalität und sozialistische Ideologie. Eine Biographie
An der Spitze wird die Luft dünn
Mit dem Lise-Meitner-Programm hilft das MWF, den Stipendiatinnen in der deutschen Spitzenforschung Fuß zu fassen. Obwohl mehr als 40 % aller Immatrikulierten Studentinnen sind, verringert sich ihr Anteil in der weiteren wissenschaftlichen Karriere drastisch; gerade 13 % der Bewerber auf eine Professur sind weiblich, und kaum 5 % der C4-Professuren - die höchste Stufe in der wissenschaftlichen Laufbahn an Hochschulen - werden von Frauen besetzt.
Beim Nobelpreis wurde Lise Meitner übergangen
Die Namenspatronin des Stipendienprogramms war in mehr als einer Beziehung eine Vorreiterin für Frauen an der Hochschule: Die 1878 in Österreich geborene Lise Meitner schrieb sich 1901 als eine der ersten Studentinnen Österreichs ein und wurde später die erste Professorin Deutschlands. Zwar identifizierte die Physikerin Meitner ein von Otto Hahn durchgeführtes Experiment als Kernspaltung und veröffentlichte die erste hierzu bekannte wissenschaftliche Abhandlung, aber Hahn bekam dafür später den Nobelpreis. Meitner wurde übergangen. Dennoch: Als sie 1968 in Cambridge starb, hatte Lise Meitner, die aus Deutschland wegen ihrer jüdischen Abstammung vor dem Nationalsozialismus geflohen war, sich als erste Frau einen festen Platz in der von Männern regierten Welt der Wissenschaft erkämpft.
Weitere Informationen: Dr. Manfred Buschmeier, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsverwaltung, Dezernat 1, 44780 Bochum, 0234/700-3923; -2182, email: manfred.buschmeier@dez1.uv.ruhr-uni-bochum.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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