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14.12.2001 18:01

Ein gelungenes Ensemble aus Beton, Stahl, Glas und Holz - Neubau der Unibibliothek Jena eingeweiht

Hubert J. Gieß Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    In Jena ist eines der schönsten Bibliotheksgebäude Deutschlands eingeweiht worden - die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB). In dem 86 Millionen Mark teuren Bau sind die geisteswissenschaftlichen Bestände der Jenaer Uni - darunter mehr als 3.300 wertvolle alte Handschriften und Inkunabeln - untergebracht.

    Ein gelungenes Ensemble aus Beton, Stahl, Glas und Holz
    Neubau der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek eingeweiht

    Es ist eines der schönsten Bibliotheksgebäude Deutschlands: der Neubau der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) in Jena. Auf der einen Seite grenzt der Bau direkt an den traditionsreichen Botanischen Garten, einen der ältesten der Welt. Auf der anderen Seite steht das Frommannsche Haus, in dem schon Goethe und Schelling, Fichte und Hufeland ein- und ausgingen. Und von Hegel ist bekannt, dass er 1806 nach der Schlacht bei Jena in das Haus flüchtete, mit nichts als dem eben fertig gestellten Manuskript seiner "Phänomenologie des Geistes". Auch das Zeiss-Planetarium, das älteste Großraumplanetarium der Welt und Vorbild aller heutigen Planetarien, und das Uni-Hauptgebäude liegen nur einen Steinwurf entfernt.

    Am Mittwoch wurde das Gebäude im Beisein des Thüringischen Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel sowie von Wissenschaftsministerin Prof. Dagmar Schipanski und Finanzminister Andreas Trautvetter feierlich eröffnet. Ebenfalls mit dabei: Jenas Oberbürgermeister Dr. Peter Röhlinger und natürlich der Hausherr, Uni-Rektor Prof. Dr. Karl-Ulrich Meyn. Rund 86 Millionen Mark hat der futuristische Bau den Steuerzahler gekostet. Dazu kommen noch einmal fast 11 Millionen Mark für die Erstausstattung mit Computern, Regalen, Tischen, dem Maschinenpark und allem, was sonst noch zu einer funktionierenden Unibibliothek gehört.

    Die Eröffnungsgäste waren denn auch voll des Lobes. Trautvetter betonte schmunzelnd, dass ihm als Finanzminister "die Wissenschaft lieb und teuer" sei. Landesvater Vogel zitierte Goethe, der Jena einst als die "Stapelstadt des Wissens" bezeichnet hatte. Jetzt, so Vogel, habe die Stadt auch ein angemessenes Stapelhaus dazu bekommen. Vogel äußerte sich auch zu den umstrittenen Juniorprofessuren. Als Ersatz für eine Habilitation seien solche Juniorprofessuren nicht geeignet, wohl aber als Alternative dazu. Beeindruckt zeigte sich Vogel davon, dass die Uni Jena in zahlreichen Fächern die kürzesten Studienzeiten in Deutschland aufweist. Wissenschaftsministerin Schipanski betonte, dass das Buch auch im Zeitalter des Computers nicht verschwinden werde. Gefragt seien allerdings Hybridbibliotheken, die Buch und Multimedia sinnvoll miteinander verbinden. OB Röhlinger zeigte sich "sehr dankbar, aber nicht zufrieden" mit dem Bau und spielte darauf an, dass er noch weitere finanzielle Wünsche an das Land hat. Uni-Rektor Meyn als letzter Redner bezeichnete das neue Gebäude als "das Kleinod des städtebaulichen Ensembles". Kritisch merkte er allerdings an, dass die renommierte Yale-Universität in den USA bei nur etwa halb so vielen Studenten jedes Jahr 44 Millionen Mark für Bücher ausgebe - die Uni Jena jedoch nur etwa 6 Millionen dafür übrig habe. "Investitionen in die Köpfe sind gute Investitionen", betonte er. "Wir wollen hier in Jena die Entwicklung der Wissenschaft nicht in der Lehre nachvollziehen, sondern in der Forschung vorantreiben."

    Das neue ThULB-Gebäude nimmt die Teilbibliothek Geisteswissenschaften und damit eine Reihe von bisher über die ganze Stadt verteilten Zweigbibliotheken auf. Auf dem gleichen Grundstück stand bereits früher die Jenaer Uni-Bibliothek, die am 9. Februar 1945 bei einem Bombenangriff zerstört wurde. Damals kamen 16 Menschen um, darunter auch Bibliotheksdirektor Theodor Lockemann. Vernichtet wurden auch zahlreiche Bücher. Zum Glück waren die wertvollen alten Handschriften und Inkunabeln schon vorher ausgelagert worden. Dennoch gingen viele Bücher, und, ebenso wichtig, Teile der Buchkataloge verloren.

    Das neue Gebäude umfasst 13.300 Quadratmeter Grundfläche, die sich auf sieben Ebenen - davon zwei unterirdische für die Magazine - verteilen. Das kühne Ensemble aus Beton, Stahl, Glas und Holz zieht den Betrachter sofort in seinen Bann. Der Entwurf stammt vom renommierten Stuttgarter Architekturbüro Heckmann Kristel Jung. Die Architekten hatten eine Menge Probleme zu lösen. So mussten zwei Gewölbekeller und das ehemalige Rentamt - alle drei denkmalgeschützt - in die Planungen einbezogen werden. Entstanden ist ein Bau mit einem großen Lichthof, 610 Leseplätzen, zwei Vortragsräumen und rund 20 Regal-Kilometern, die Raum für anderthalb Millionen Bücher bieten. 800.000 dieser Bücher stehen in Freihandmagazinen und können damit direkt und ohne Wartezeiten benutzt werden. Jeder dritte Leseplatz ist mit einem Computer ausgestattet, 90 der Plätze sind abschließbare Einzelkabinen, in denen Wissenschaftler in aller Ruhe arbeiten können. Alle Arbeitsplätze liegen, wie auch die Räume der Bibliotheksleitung, an den Fensterfronten. Im Gebäude befindet sich auch die rund 3.300 Bände umfassende wertvolle Sammlung alter Handschriften und Inkunabeln sowie weitere 350.000 historisch wertvolle Bände, darunter die Bibliothek des Goethe-Enkels Wolfgang Maximilian, sowie der historische Teil des Uniarchivs. Ganz besonders stolz ist man in Jena auf die Restaurationswerkstatt der Bibliothek. Dort werden nach einem vor Ort entwickelten mittlerweile weltweit anerkannten Verfahren kostbare alte Bücher vor dem Zerfall gerettet.

    Die Jenaer Unibibliothek lässt sich bis auf das Jahr 1536 zurück verfolgen. Damals gehörte sie zur - 1815 mit Halle vereinigten - Uni in Wittenberg. Aber bereits 1549 gelangten die Wittenberger Bestände nach Jena. 1558 kamen sie an die gerade gegründete Jenaer Uni. Ab 1817 stand die Bibliothek sogar unter der Oberaufsicht Goethes, der seinerzeit der zuständige Minister in Weimar war. Insgesamt - also einschließlich der nicht im Neubau ansässigen natur-, wirtschafts-, rechts- und medizinwissenschaftlichen Bestände - umfasst die ThULB 3,9 Millionen bibliographische Einheiten, darunter allein 770.000 Hochschulschriften und etwa 10.000 laufend gehaltene Zeitschriften. Auch bei den Katalogen ist die Unibibliothek auf der Höhe der Zeit: Mehr als ein Drittel aller Bestände sind bereits im Online-Katalog OPAC zu finden, darunter alle Neuanschaffungen seit Mitte 1991 und alle Zeitschriften ab 1970.

    Zur Eröffnung des neuen ThULB-Gebäudes erschien ein prachtvoll bebilderter Band, der einige Glanzstücke aus den wertvollen Altbeständen der Bibliothek vorstellt. Verfasst hat ihn Dr. Irmgard Kratzsch, der Leiterin der Abteilung Handschriften und Sondersammlungen. Die Ehrengäste bekamen das Buch bereits bei der Eröffnung als Geschenk - jetzt können auch Sie den schmucken Band im Buchhandel und in der Pressestelle der Universität kaufen. Wenn Sie also noch nach einem schönen Weihnachtsgeschenk für Bibliophile suchen - hier ist es: Irmgard Kratzsch, Schätze der Buchmalerei - Aus der Handschriftensammlung der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena. Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2001. 112 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, ISBN 3-9806431-3-1, Preis: 22,00 Euro (43,03 DM)


    Bilder

    Der  Eingangsbereich zum Neubau der Thüringischen Universitäts- und Landesbibliothek. Foto: Jan-Peter Kasper
    Der Eingangsbereich zum Neubau der Thüringischen Universitäts- und Landesbibliothek. Foto: Jan-Pete ...

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    Ein Buch aus der Jenaer Handschriftensammlung: Eine Seite aus einer französischen Übersetzung der Kyrupädie von Xenophon.  Das Buch entstand zwischen 1470 und 1480 in Flandern. Aus "Schätze der Buchmalerei". Foto: Anne Günther, Uni Jena.
    Ein Buch aus der Jenaer Handschriftensammlung: Eine Seite aus einer französischen Übersetzung der Ky ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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