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Bei vielen Pflanzen sind die Blüten nur zu bestimmten Tageszeiten geöffnet – ein Phänomen, das schon der schwedische Naturforscher Carl von Linné im 18. Jahrhundert beobachtet hat. Daraus entstand der Begriff „Blumenuhr“. Nun haben Wissenschaftler der Universität Göttingen eine erstaunliche Beobachtung gemacht: Bei einigen Pflanzen in Linnés Blumenuhr sind für das zeitgenaue Schließen der Blüten auch bestäubende Insekten verantwortlich.
Pressemitteilung Nr. 166/2011
Göttinger Wissenschaftler: Linnés „Blumenuhr“ geht ohne Bienen nach
Agrarökologen untersuchen Wirkung von Bestäubung auf Schließen der Blüten
(pug) Bei vielen Pflanzen sind die Blüten nur zu bestimmten Tageszeiten geöffnet – ein Phänomen, das schon der schwedische Naturforscher Carl von Linné im 18. Jahrhundert beobachtet hat. Daraus entstand der Begriff „Blumenuhr“. Linné wird nachgesagt, dass er durch das Betrachten der Blüten die Uhrzeit bis auf fünf Minuten genau bestimmen konnte. Nun haben Wissenschaftler der Universität Göttingen eine erstaunliche Beobachtung gemacht: Bei einigen Pflanzen in Linnés Blumenuhr sind für das zeitgenaue Schließen der Blüten auch bestäubende Insekten verantwortlich. Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Forscher der Abteilung Agrarökologie nun online in der Fachzeitschrift Ecology Letters veröffentlicht.
Wie die Wissenschaftler herausfanden, schließen sich bestimmte Blumen nur dann zu der üblichen Uhrzeit am Mittag oder frühen Nachmittag, wenn die Blüten rechtzeitig bestäubt werden. Geschieht dies nicht, schließen sich die Blüten erst gegen Abend – die Blumenuhr geht dann „nach“. Mit einem Experiment konnten die Agrarökologen zeigen, dass für das Schließen der Blüten tatsächlich die Bestäubung auschlaggebend ist. Sie bestäubten per Hand in einem abgeschlossenen Käfig Blüten, die sich daraufhin bereits nach ein bis zwei Stunden zu schließen begannen. Diese schnelle Reaktion der Blüten auf eine erfolgreiche Bestäubung kann in Zukunft möglicherweise dazu genutzt werden, den Bestäubungserfolg zu messen, ohne die Entwicklung der Samen abwarten zu müssen. „Das zeigt, wie wichtig es ist, verschiedene Disziplinen der Biologie zu verknüpfen“, betont Jochen Fründ von der Abteilung Agrarökologie. „Die Bedeutung der Wechselwirkungen mit anderen Lebewesen für viele grundlegende biologische Mechanismen wird häufig nicht beachtet. Nur so ist es zu erklären, dass der Einfluss der Bestäubung auf das botanische Phänomen der Blumenuhr offenbar seit Jahrhunderten übersehen wurde.“
Außerdem ergeben sich aus den Ergebnissen der Studie auch Konsequenzen für das komplexe Nahrungsnetz zwischen Pflanzen und Insekten. Offensichtlich werden beispielsweise die meisten Blüten der löwenzahnartigen Korbblütler schon in den ersten Tagesstunden bestäubt, so dass deren Blüten auf einer Wiese bereits um die Mittagszeit geschlossen sind. Dieses Schließen der Blüten wirkt sich auch auf die Bestäubung der anderen Pflanzen aus. In Wiesen, in denen viele dieser Korbblütler vorkommen, gibt es Bienen, die sich auf deren Blüten „spezialisiert“ haben und nachmittags keine weiteren Blumen mehr bestäuben. Andere Bienen wechseln dagegen am Nachmittag zu anderen Blumenarten: So bleiben beispielsweise die Blüten der Schafgarbe auch später am Tag geöffnet und werden vermehrt am Nachmittag bestäubt.
„Mit dieser umfangreichen Untersuchung konnte erstmals nachgewiesen werden, dass ein Rückgang der Bienen zu verspätetem Blütenschluss und damit auch zu starken, bisher nicht beachteten Verschiebungen bei den Pflanzen-Bestäuber-Nahrungsnetzen führt“, so Prof. Dr. Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen. „Zukünftige Studien sollten zudem berücksichtigen, dass die Tageszeit für Freilanduntersuchungen eine bedeutende Rolle spielt.“
Originalveröffentlichung: Jochen Fründ et al. Linné’s floral clock is slow without pollinators – flower closure and plant-pollinator interaction webs. Ecology Letters. DOI:10.1111/j.1461-0248.2011.01654.x (13. Juli 2011).
Hinweis an die Redaktionen:
Fotos zum Thema haben wir im Internet unter http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=3949 zum Download bereit gestellt.
Kontaktadresse:
Jochen Fründ
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Department für Nutzpflanzenwissenschaften – Abteilung Agrarökologie
Grisebachstraße 6, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-22359, Fax (0551) 39-8806
E-Mail: jfruend@uni-goettingen.de
Internet: http://www.agroecology.uni-goettingen.de
http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=3949
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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