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Wissenschaft
Gruendung der Gesellschaft fuer biologische Systematik e.V. am Museum fuer Naturkunde der Humboldt-Universitaet
Am Museum fuer Naturkunde der Humboldt-Universitaet Berlin wurde im Dezember 1997 die Gesellschaft fuer biologische Systematik aus der Taufe gehoben. Die Gruendungsversammlung fand auf Einladung und Initiative des Direktors des Instituts fuer systematische Zoologie, Herrn Professor Dr. Ulrich Zeller, statt. Er und seine Mitarbeiter, die zuvor massgeblich an der Ausarbeitung der Satzung der Gesellschaft und an der Vorbereitung der Gruendungsversammlung beteiligt waren, wollen mit dieser Initiative zugleich auch die Bedeutung der Naturkundemuseen fuer moderne systematische Forschung betonen.
Erstmals hat sich damit in Deutschland eine Gesellschaft explizit dem Ziel verschrieben, die Arbeit der Systematiker aus den Bereichen Zoologie und Botanik staerker als bisher zu foerdern. Damit soll diese Teildisziplin der Biologie auch aus ihrem unfreiwilligen Dornroeschenschlaf geweckt werden. Jahrelang war der Systematik zuwenig Bedeutung beigemessen worden, weil man die - oft abfaellig so titulierten - ,Borsten- und Beinchenzaehler" auch in den Kreisen der Biologen ganz zu Unrecht fuer Vertreter einer veralteten und angestaubten Fachrichtung hielt.
Doch die biologische Systematik ist nicht nur eine mit modernsten Methoden (darunter auch molekulargenetischen Verfahren) und mit neuen Konzepten arbeitende Disziplin. Innerhalb der Biologie, deren Rolle als Leitwissenschaft des 21. Jahrhunderts derzeit diskutiert wird, nimmt die Systematik wieder eine zunehmend wichtigere Funktion ein.
Mehr als 70 zoologisch, botanisch und palaeontologisch arbeitende Wissenschaftler aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen an der Gruendungsversammlung teil. Sie verabschiedeten die Satzung der neuen Gesellschaft und waehlten den Zoologen Prof. Dr. Schminke (Univ. Oldenburg) zum Praesidenten und den Botaniker Prof. Greuter (Berlin) zum Vizepraesidenten. Sitz der Gesellschaft ist Berlin.
Das Ziel der neugegruendeten Gesellschaft ist die wissenschaftliche Foerderung der Erforschung der Biodiversitaet - der biologischen Vielfalt des Lebens auf der Erde - sowie die Foerderung der Vermittlung entsprechender Kenntnisse. Um dies zu erreichen moechte die Gesellschaft fuer biologische Systematik zukuenftig auch die Rolle der bislang eher stiefmuetterlich behandelten Taxonomie und Biosystematik in der OEffentlichkeit klarer herausstellen.
Im Rahmen der Biodiversitaetsforschung fungieren dabei vor allem die Naturkundemuseen aufgrund der wissenschaftlichen Sammlungen zahlloser Tier- und Pflanzenarten sowie der dort arbeitenden Spezialisten fuer systematische Teilgruppen als Kompetenzzentren und Referenzzentren. Sie dienen bei der Inventarisierung der Lebewesen der Erde als unverzichtbare Datenbanken. Denn von den auf der Erde lebenden Tier- und Pflanzenarten sind vermutlich nicht einmal 5 Prozent erfasst; Experten haben errechnet, dass schaetzungsweise 30 Millionen, moeglicherweise aber sogar bis zu 100 Millionen verschiedener Organismenarten auf der Erde existieren. UEber ihre verwandschaftlichen Beziehungen, ihre Evolutionsgeschichte und ihre oekologische Rolle in der Natur, geschweige denn ueber einen moeglichen Nutzen fuer den Menschen wissen wir in den meisten Faellen noch immer zu wenig.
Allein mit der Erfassung die biologischen Vielfalt kommen Systematiker kaum nach. So lehren und forschen nur etwa 8 Prozent aller Hochschullehrer an deutschen Universitaeten heute auf dem Gebiet der Systematik. Hinzukommt, dass Studenten aufgrund einer raeumlichen Ungleichverteilung etwa im Bereich der Zoologie nur an etwa 30 Prozent aller Hochschulen ueberhaupt damit rechnen koennen, einen Systematiker als kompetenten Dozenten anzutreffen. Denn nur 20 Prozent der Hochschullehrer, die Vorlesungen ueber Systematik und Morphologie anbieten, sind auch selbst in diesem Bereich aktiv forschend taetig; das heisst, dass 80 Prozent von ihnen das Spezialgebiet der Systematik eigentlich fachfremd unterrichten. Doch auch hier gilt: gute Systematiker brauchen gute Lehrer. Diese sollten mithin mehr als bisher selbst in dieser wichtigen Teildisziplin der Biologie als Forscher arbeiten.
Biodiversitaetsforschung tut mehr denn je not. Vor allem unter den vielen, oft unscheinbaren Gruppen der wirbellosen Tiere - der Insekten, Krebse, Spinnen sowie der Schnecken und Muscheln oder der wurmartigen Lebewesen beispielsweise - sind die meisten Arten noch nicht beschrieben. Damit die Biologie dieser Herausforderung am Beginn des 21. Jahrhunderts gewachsen sein wird, hoffen auch die Wissenschaftler am Museum fuer Naturkunde in Berlin durch die neue Gesellschaft fuer mehr Verstaendnis und fuer die verstaerkte Foerderung systematischer Forschungsarbeiten zu werben. Vor allem Studenten sollen wieder vermehrt fuer die faszinierende und herausfordernde Arbeit der biologischen Systematik begeistert werden, nachdem ueber viele Jahre recht einseitig molekularbiologische Studien favorisiert wurden.
Neben wissenschaftlichen Tagungen, auf denen die juengsten Entwicklungen und Forschungsbefunde in der biologischen Systematik vorgestellt werden sollen, plant die Gesellschaft fuer biologische Systematik, in Zukunft auch spezielle wissenschaftliche Schriften zur Biosystematik zu veroeffentlichen.
Weitere Auskuenfte erteilt der Schriftfuehrer der Gesellschaft, Herr Prof. Dr. Dieter Walossek, Universitaet Ulm, Sektion fuer Biosystematische Dokumentation, Liststrasse 3, 89079 Ulm, Tel.: 0731-4014150, Fax: 0731-4014 159. Email: dieter.walossek@biologie.uni-ulm.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
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