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Schule und Glück: Befragt man Menschen nach Glücksmomenten, werden die wenigsten Schulerfahrungen benennen. Prof. Dr. Olaf Axel Burow beschreibt in seinem jetzt erschienen Buch zur ’Positiven Pädagogik’ sieben Wege zu Lernfreude und Schulglück.
Damit schließt Burow, der an der Universität Kassel Erziehungswissenschaften lehrt, an den ersten Lehrstuhlinhaber der Pädagogik, Ernst Christian Trapp in Halle, an. Dieser formulierte 1780: „Erziehung ist Bildung zur Glückseligkeit“. Doch seitdem sei das Glück aus der deutschen Pädagogik überwiegend verschwunden: Warum sonst verlören neugierige Kinder manchmal schon im Grundschulalter die Freude am Lernen, warum fühlten sich viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer überfordert und würden krank? Nach Auffassung von Burow liegt eine der Ursachen für die Überlastung von Lehrer/innen und Schüler/innen in einem falschen Menschenbild und ungeeigneten Unterrichtsstrategien, die Lehrer und Schüler überfordern. „Wichtig ist, dass jemand seine „innere Berufung“ entdeckt, also das, was ihm oder ihr liegt – und er/sie darüber hinaus eine unterstützende Umgebung findet, in der diese Neigung gefördert wird. Personen, die ihre „Berufung“ erkannt haben und entsprechend gefördert werden, muss man nicht antreiben, denn sie erfahren ihr Lernen, auch wenn es anstrengend ist und Widerstände zu überwinden sind, als Glück“, so Burow. Er bezieht sich dabei auf den Philosophen John Dewey, der vor über 80 Jahren formulierte: „Herauszufinden, wozu man sich eignet, und eine Gelegenheit zu finden, dies zu tun, ist der Schlüssel zum Glücklichsein“.
Das Glück in der Pädagogik müsse aber nicht für immer verschwunden bleiben, so das Credo von Prof. Burow. In „Positive Pädagogik“ beschreibt er auf Basis seiner theoretischen Studien und seiner langjährigen praktischen Arbeit mit Schulkollegien sieben Wege, die sich bewährt haben. Sie reichen von „Renovierung als Chance am Beispiel der Gesamtschule Großalmerode“, über „Schulgründung statt Burn Out am Beispiel der Gründung der Werkstattschule Rostock“, die Verfahren der ‚Wert schätzenden Schulentwicklung’, der Zukunftswerkstatt Gesundheit und des Art-Coachings bis zum Index für Inklusion.
Spitzenleistung und Schulglück sind kein Gegensatz
Dabei zeigt er mit Bezug auf Untersuchungen der psychologischen und ökonomischen Glücksforschung, dass Spitzenleistungen und Schulglück kein Gegensatz sind – ganz im Gegenteil, sie bedingen einander. Mehr noch: Sie seien ganz im Sinne der Deweyschen Glücksfolge Resultat förderlicher Umgebungen, die er als „Kreative Felder“ bezeichnet und analysiert habe. „Schule wird demnach immer dann zu einer lern- und manchmal sogar glücksförderlichen Umgebung, wenn der Wandel von der Unterrichtsanstalt traditionellen Typs zum ‚Kreativen Feld’ gelingt“, so Burow.
Das Prinzip der Kreativen Felder
Der Kasseler Pädagogikprofessor hat seine Erfahrungen als Schüler und Lehrer, nach gestaltpädagogischer Ausbildung und der Begegnung mit dem Zukunftsforscher Robert Jungk umgesetzt und begann mit Zukunftswerkstätten zu experimentieren, die nach Burow „Kreative Felder“ erzeugen. Dazu Prof. Burow: „Verfahren wie Zukunftswerkstätten, Zukunftskonferenzen und Open Space Technology beruhen auf allgemeinen Feldprinzipien, die uns zeigen können, wie wir die Schwächen formalisierter und institutionalisierter Lehr- und Lernverfahren überwinden können. Dabei kann die „Weisheit der Vielen“, also der beteiligten Personen - auch der Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrer - mit eingespeist werden in kreative Prozesse gemeinschaftlicher Zukunftsgestaltung“. Kreative Felder entstünden, wenn es gelinge, die Fähigkeiten und das Wissen der Mitarbeiter einer Organisation durch einen wertschätzenden Austausch der „best practices“ freizusetzen und zur gemeinsamen Weiterentwicklung zu nutzen. Dabei komme es darauf an, sich auf die Stärken zu konzentrieren und Schwächen oder Defizite als Andockpunkte für die Bildung von Synergieteams zu nutzen.
Burow führt als Beispiel Steve Jobs an: der Gründer von Apple habe sich auf das konzentriert, was seine Berufung gewesen sei, nämlich Mitarbeiter für innovative Produkte zu begeistern. In Stephen Woszniack habe er einen kongenialen Partner gefunden, der über das nötige technische know-how verfügte. „Aus der Sicht des Kreativen Feldes kann jeder zu überragenden Fähigkeiten beitragen, wenn er die passenden Partner bzw. sein Synergiefeld findet. Wenn überragende Leistungen Ergebnis Kreativer Felder sind, dann müssten wir an Schulen und Hochschulen weniger auf Einzelleistung und normierte Ausbildungen setzen, sondern stärker kollaborative Cluster fördern. In den Schulen käme es weniger darauf an, Kinder auf allgemeine Standards zu orientierten, sondern ganz im Gegenteil, sie darin zu unterstützen, ihre Stärken zu erkennen. In einer arbeitsteilig organisierten Gesellschaft muss nicht jeder alles können. Wichtiger ist es, dass er seine besondere Befähigung erkennt und in dieser gefördert wird“, so das Plädoyer des Kasseler Pädagogikprofessors.
Prof. Dr. Olaf-Axel Burow, Positive Pädagogik: Sieben Wege zu Lernfreude und Schulglück, erschienen im C.H. Beck Verlag München, ISBN 978-3-407-25567-9, 26,95 €.
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Info
Prof. Dr. Olaf-Axel Burow
Universität Kassel
FB 01 - Institut für Erziehungswissenschaft
0561/804-3620/-2889
E-Mail: burow@uni-kassel.de
Prof. Dr. Olaf-Axel Burow
Foto: O.- A. Burow
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Pädagogik / Bildung
überregional
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Deutsch
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