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16.12.1997 00:00

Ein Eiweiss lässt Knochen wachsen

Adolf Kaeser Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Rezeptoren fuer "Bone Morphogenetic Protein" im Visier

    Ein schwerer Autounfall. Einer der Beteiligten zieht sich einen Truemmerbruch des Unterschenkels zu. Die Chancen, dass seine Knochen wieder optimal zusammenwachsen, sind gering. In solchen Faellen waere es ideal, wenn der behandelnde Arzt einen Knochenersatzstoff zur Verfuegung haette, der anstelle des zertruemmerten Knochens eingesetzt werden koennte.

    Es gibt mehrere Ansaetze, dieses Problem zu loesen. Einer der vielversprechendsten ist die Verwendung von Knochenwachstumsfaktoren, sogenannten "bone morphogenetic proteins", kurz BMPs. Solche Proteine erforscht Prof. Dr. Walter Sebald vom Lehrstuhl Physiologische Chemie II am Biozentrum der Universitaet Wuerzburg. Die Arbeiten seiner Gruppe werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefoerdert.

    Dass es im Knochen ein Eiweiss geben muss, das zum Neuaufbau des Knochens fuehrt, wurde schon in den 60er Jahren vermutet. Allerdings dauerte es viele Jahre, bis dieser Faktor in reiner Form gewonnen wurde. Kein Wunder, ist doch in einem Kilogramm Knochen nur ein Millionstel Gramm Wachstumsfaktor vorhanden. Erst 1989 gelang es, aus ueber einer Tonne Rinderknochen ein paar Mikrogramm eines Knochenwachstumsfaktors zu gewinnen. In der Folge wurde eine ganze Handvoll eng miteinander verwandter Proteine entdeckt, die alle mehr oder weniger die Eigenschaften eines Knochenwachstumsfaktors aufweisen - etwa 30 sind heute bekannt.

    Die Wuerzburger Arbeiten konzentrieren sich auf das "bone morphogenetic protein 2" des Menschen, kurz BMP-2. "Wir sind in der Lage, dieses Protein im groesseren Massstab in Bakterien herzustellen", sagt Dr. Thomas Kirsch, Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Sebald. Das Protein aus den Mikroben zeige die gleiche Wirksamkeit wie die aus Knochen isolierten Proben. Die Forscher im Biozentrum interessiert vor allem, wie sich BMP-2 an seine Bindungsstellen auf der Zelloberflaeche, die Rezeptoren, anlagert und dadurch das Verhalten der Zellen steuert.

    Sie wollen nun 20 gentechnologisch erzeugte Varianten des BMP-2 schaffen. In jeder soll das Protein an genau einer Stelle veraendert werden. Ist eine dieser Stellen Teil der Kontaktflaeche zum Rezeptor, so sollte die biologische Wirksamkeit der Variante gegenueber dem urspruenglichen Protein veraendert sein.

    Zudem werden die Wuerzburger Wissenschaftler mit der Biosensor-Technik untersuchen, wie gut oder schlecht die Varianten an den Rezeptor binden: Dazu wird dieser an einen sogenannten Biosensor-Chip geheftet, welcher der Zelloberflaeche entsprechen soll. Fliesst dann eine Loesung mit BMP-2 ueber den Chip, so kann direkt gemessen werden, wie das Protein an den Rezeptor bindet. Wenn schliesslich bekannt ist, wie BMP-2 im Detail wirkt, koenne man darangehen, das Protein so zu veraendern, dass seine Wirkung verstaerkt wird, so Dr. Kirsch. Ein solches "Super-BMP-2" beschleunigt moeglicherweise die Heilung von Knochenbruechen: Ein gebrochener Arm zum Beispiel muesste deutlich kuerzere Zeit in Gips liegen.

    Weil die als BMPs bekannten Proteine ausser auf Knochen auch auf andere Organe und Gewebe wirken, eroeffnen sie ein weites Feld moeglicher Anwendungen. BMP-7 beispielsweise ist nach einem Schlaganfall an der Neubildung der Verbindungen zwischen Nervenzellen beteiligt, ebenso wie an der Regeneration von Nierengewebe nach einer Schaedigung durch Sauerstoffmangel. Maeuse, denen das juengst entdeckte GDF-8 fehlt, zeigen eine zwei- bis dreifache Zunahme der Muskelmasse. Laut Dr. Kirsch kann hier eine Variante interessant sein, die den daempfenden Einfluss des GDF-8 auf das Muskelwachstum aufhebt, um etwa Krankheiten wie Muskelschwund zu behandeln.

    Das ist zwar Zukunftsmusik, doch die Erkenntnisse, die in Wuerzburg an BMP-2 gewonnen werden, koennten auch fuer solche Anwendungen von Bedeutung sein - schliesslich aehneln sich die einzelnen BMPs durch ihren hohen Verwandtschaftsgrad untereinander sehr stark.

    Kontakt: Dr. Thomas Kirsch, Telefon (0931) 888-4115, E-Mail: kirsch@biozentrum.uni-wuerzburg.de Prof. Dr. Walter Sebald, Telefon (0931) 888-4111, E-Mail: sebald@biozentrum.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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