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28.03.2002 09:23

Kam das Leben aus dem All? Bremer Versuche zeigen: Kometen brachten das Leben auf die Erde

Angelika Rockel Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Wissenschaftler der Universität Bremen haben in einem Laborversuch die Entstehungsbedingungen von Kometen rekonstruiert. Dabei haben sie völlig überraschend die Anwesenheit von Aminosäuren nachgewiesen. Aminosäuren sind die Grundbausteine allen Lebens auf der Erde; aus ihnen entwickeln sich die Proteine. Die Forscher aus Bremen schließen daraus: Kometen brachten der Erde das Leben.

    Im Rätsel um den Ursprung des Lebens auf der Erde scheint ein wichtiger Lösungsschritt gelungen zu sein. Wissenschaftler der Universität Bremen und weiterer Hochschulen haben in einem Laborversuch die Entstehungsbedingungen von Kometen rekonstruiert. Dabei haben sie völlig überraschend die Anwesenheit von Aminosäuren nachgewiesen. Aminosäuren sind die Grundbausteine allen Lebens auf der Erde; aus ihnen entwickeln sich die Proteine (Eiweiße), welche elementare Bestandteile der Zelle sind. Da es im Laufe der Erdgeschichte zahlreiche Kometeneinschläge auf der Erde gegeben hat, schließen die Forscher aus Bremen, Leiden, Orleans und Katlenburg-Lindau: Kometen brachten der Erde das Leben. Diese These ist wissenschaftlich so plausibel, dass die weltweit renommierteste Wissenschafts-Zeitschrift "nature" in der Ausgabe vom 28. März 2002 das Ergebnis der Forschungsarbeit vorstellt. Besonders bemerkenswert: Die Universität Bremen ist durch Dr. Uwe J. Meierhenrich und Prof. Dr. Wolfram H.-P. Thiemann vom Studiengang Chemie entscheidend an den Labor-Experimenten und dem "nature"-Artikel beteiligt.

    Kometen sind die ältesten Reste einer gigantischen Staubwolke, aus der unser Sonnensystem vor 4,6 Milliarden Jahren hervorgegangen ist. Der Bremer Wissenschaftler Uwe Meierhenrich und sein Kollege Guillermo Muñoz Caro aus Leiden stellten in ihrem Laborversuch die chemischen Vorgänge bei der Kometenentstehung nach. In einer Vakuum-Apparatur installierten sie einen Aluminiumblock, der mit flüssigem Helium auf zwölf Kelvin abgekühlt wurde. Der Vakuum-Apparatur führten die beiden Forscher die einfachen chemischen Verbindungen zu, die in interstellaren Wolken vorkommen: Wasser, Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Ammoniak und Methanol. Gleichzeitig wurde mit einer UV-Quelle der Einfluss des Sonnenlichtes berücksichtigt, weil Energie in Form von Lichtquanten Moleküle in Bewegung versetzen und sowohl molekulare Strukturen aufbrechen als auch neue Strukturen knüpfen kann. Bei den Laborexperimenten gefroren die chemischen Verbindungen am Aluminiumblock als dünne Eisschichten.

    Nach dem Auswärmen fanden die Forscher in diesen Eisschichten 16 verschiedene Aminosäuren, von denen einige zum Stoffwechsel des Menschen gehören. Damit liegt der Zusammenhang zwischen den chemischen Prozessen im Weltraum und dem Entstehen von irdischem Leben auf der Hand.

    Dennoch gibt es auch weiterhin zahlreiche offene Fragen: Ein zentrales Rätsel der Natur betrifft die sogenannten L- und D-Aminosäuren. Wenn Aminosäuren entstehen, gibt es - so sieht es die Natur vor - stets L- und D-Aminosäuren, die sich spiegelbildlich gleichen. Die Biologie verwendet aber ausnahmslos L-Aminosäuren. Die Ursache dafür ist bislang nicht bekannt. Um der These, dass das irdische Leben aus dem Weltraum kam, noch mehr wissenschaftliches Gewicht zu geben, wollen die Forscher Meierhenrich und Muñoz Caro in ihrer Vakuum-Apparatur die Versuchsbedingungen so verändern, dass überwiegend L-Aminosäuren entstehen. Statt des bisher im Labor eingesetzten unpolarisierten Lichtes soll die Apparatur zirkular polarisierter Synchroton Strahlung ausgesetzt werden. Die Hoffnung von Meierhenrich: "Wir gehen davon aus, dass sich durch dieses asymmetrische Energiefeld das bislang beobachtete Gleichgewicht zwischen D- und L-Aminosäuren verschieben lässt. Gelingt das Experiment, wäre das ein weiterer Meilenstein bei der Suche nach dem Ursprung des Lebens".

    Aber nicht nur im Labor, sondern auch im All wird nach den chemischen Anfängen des Lebens gefahndet. Im Rahmen der "Rosetta"-Mission der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) soll eine Raumsonde in eine Umlaufbahn um den Kometen Wirtanen gebracht und eine Landesonde auf der Oberfläche abgesetzt werden. Die Wissenschaftler versprechen sich davon, den Aufbau des Kometen und des interstellaren Staubes analysieren zu können. "Rosetta" wird im Jahre 2003 gestartet und soll 2011 den Kometen Wirtanen erreichen. Die Leitung dieses Projektes liegt in den Händen von Dr. Helmut Rosenbauer vom Max-Planck-Institut für Aeronomie in Katlenburg-Lindau. Mit ihm arbeiten auch der Bremer Chemiker Uwe Meierhenrich und Wolfram Thiemann eng zusammen.

    Weitere Informationen:

    Universität Bremen
    Studiengang Chemie
    Dr. Uwe J. Meierhenrich
    Tel. 0421 / 218 3401
    Fax: 0421 / 218 7382
    eMail: mhenrich@uni-bremen.de
    www.chiralitaet.de

    Achtung Redaktionen: Sie können weiteres digitales Bildmaterial in der Uni-Pressestelle (Tel. 0421 / 218 2751) anfordern.


    Weitere Informationen:

    http://www.chiralitaet.de


    Bilder

    Die Simulationskammer für Weltraumbedingungen im Raymond und Beverly Sackler Labor für Astrophysik am Observatorium in Leiden, den Niederlanden. Die Eisprobe ist im Innern der Vakuumkammer (rechts) auf einem Aluminiumblock bei  - 262 °C platziert.
    Die Simulationskammer für Weltraumbedingungen im Raymond und Beverly Sackler Labor für Astrophysik a ...

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    Das Modell eines Kometenausschnittes zeigt eine Anhäufung interstellarer Staubpartikel. Diese bestehen aus einem silikatischen Kern, der mit gelbem, organischem Material belegt ist.
    Das Modell eines Kometenausschnittes zeigt eine Anhäufung interstellarer Staubpartikel. Diese besteh ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Informationstechnik, Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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