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Wissenschaft
Theologe der Universität Jena erforschte Sammlung des Reformators Georg Rörer
Goethe hatte Eckermann, Sherlock Holmes seinen Dr. Watson. Hinter vielen großen Geistern steckt nicht selten eine Person, die im Hintergrund die Dinge ordnet. Auch Martin Luther hatte einen solchen Vertrauten – sein Name: Georg Rörer. Der gebürtige Bayer gehörte zum engen Kreis der Reformatoren in Wittenberg. Doch seinen Namen kennen nur wenige. „Rörer war der ewige Stellvertreter und Sekretär, der vor allem hinter den Kulissen gewirkt hat“, sagt Dr. Stefan Michel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Kirchenhistoriker hat sich in den letzten drei Jahren intensiv mit Georg Rörer und seinem Werk beschäftigt und die Arbeiten Rörers in einer Datenbank für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Denn die Sammlung des wenig bekannten Reformators befindet sich seit über 450 Jahren in Jena.
Das Ergebnis des Projektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurde, können sich Interessierte jetzt im Internet anschauen. „Wir haben die Sammlung tiefenerschlossen, sie durchgehend neu beschrieben, gescannt und für die Nutzung über das Internet aufbereitet“, erläutert Michel seine Arbeit. „Nun kann dieser weltweit einmalige Schatz der Reformationsgeschichte von jedem Forscher oder Interessierten eingesehen werden.“
Doch was macht Rörers Sammlung eigentlich so einzigartig? Aus seiner eigenen Feder stammt schließlich so gut wie nichts. „Bei den etwa 6.000 Einzelquellen, die heute in der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena aufbewahrt werden, handelt es sich vor allem um Texte Luthers und anderer Reformatoren – wie Melanchthon“, erklärt der Jenaer Theologe. „Vieles davon sind Predigten, Tischreden, Vorlesungen und Briefe, die Rörer für die Nachwelt festgehalten hat. Ohne ihn würden wir die Schriften schlichtweg nicht kennen.“ Rörer habe während seiner Arbeit auch in den Text eingegriffen und beispielsweise mal eine Anekdote gestrichen, wenn Luther seiner Meinung nach zu persönlich wurde.
Über die Person Georg Rörer weiß man allerdings bis heute nur wenig. Geboren 1492 in Deggendorf zog es ihn zum Studium der Theologie nach Leipzig und schließlich nach Wittenberg. Dort im Zentrum der Reformation wurde er 1525 Diakon der Stadtkirche und heiratete im selben Jahr die Schwester des Stadtpfarrers Johannes Bugenhagen. Sie starb bereits zwei Jahre später nach einer Fehlgeburt, sodass Rörer mit seinem im selben Jahr geborenen Sohn ins Haus Martin Luthers zog.
Bis zum Tod des großen Reformators blieb sein Sekretär an seiner Seite, begleitete ihn auf Reisen, überwachte die Drucke verschiedener Schriften, u. a. der Bibelübersetzung, und vertrat Luther bei Terminen. Auch die anderen Reformatoren aus dem Wittenberger Kreis bedienten sich gern seiner Dienste, wahrscheinlich weil sie ihn als gewissenhaften und verlässlichen Arbeiter schätzten. Durch die Wirren des Schmalkaldischen Kriegs verunsichert, ging Rörer 1551 – gefördert vom dänischen König – nach Kopenhagen. Zwei Jahre später kehrte er aber nach Mitteldeutschland zurück – genauer gesagt nach Jena. Hier arbeitete er bis zu seinem Tod 1557 an einer Lutherausgabe. Vier Bände konnte er noch fertigstellen.
„Mit seinem Wirken hat Rörer das Lutherbild bis weit ins 19. Jahrhundert hinein geprägt“, erklärt Stefan Michel. „Und auch heute noch ist Rörers Lutherausgabe eine unverzichtbare Quelle, da sie nah an Luthers Lebenszeit entstanden ist.“ Während seiner Arbeit hat der Jenaer Reformationsexperte an vielen Stellen den Forschungsstand revidieren müssen und etwa die Edition der großen Weimarer Lutherausgabe an einigen Stellen konkretisiert oder berichtigt.
Nach mehr als drei Jahren auf seinen Spuren fällt es Michel immer noch schwer, einen persönlichen Zugang zu Rörer zu finden. Zu selten tritt dieser aus seiner Chronistenrolle heraus. „Doch mir ist es wichtig, Rörer aus dem Schatten Luthers hervorzuholen und das Dokumentieren und Sammeln der Reformatorentexte als wissenschaftliche Leistung zu begreifen“, sagt der Theologe von der Universität Jena. Das Fundament dazu hat er nun gelegt.
Unter http://www.urmel-dl.de/projekte sind nähere Informationen zum Projekt und der Link zur Rörer-Edition zu finden.
Kontakt:
Dr. Stefan Michel
Theologische Fakultät der Universität Jena
Fürstengraben 6, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 941139
E-Mail: s.michel[at]uni-jena.de
Dr. Stefan Michel von der Universität Jena zeigt den ersten Band der Wittenberger Lutherausgabe von ...
Foto: Anne Günther/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie, Religion
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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