idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
09.02.2012 14:34

Was taugen moralische Kompromisse?

Jörg Heeren Pressestelle
Universität Bielefeld

    Forscher diskutieren in Bielefeld über eine besondere Form der Einigung

    Wenn zwei Streithähne sich einigen und dabei beide Abstriche von ihren Idealvorstellungen machen, dann spricht man von einem Kompromiss. Und der gilt mal als fair und mal als faul. Obwohl der Begriff "Kompromiss" populär ist, wurde er in der Philosophie bisher kaum wissenschaftlich diskutiert. Das soll die Tagung "Moralische Kompromisse" im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld ändern. Philosophen, Psychologen und Historiker befassen sich am kommenden Freitag und Samstag, 10. und 11. Februar, damit, was unter einem moralischen Kompromiss zu verstehen ist, ob es ihn überhaupt gibt und, wenn ja, inwieweit moralische Kompromisse bei gesellschaftlichen Konflikten förderlich sein können – zum Beispiel in Gesetzgebung und Rechtsprechung.

    Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen beides – die Klärung des Begriffs Kompromiss und die Untersuchung, in welchen Praxisfeldern Kompromisse sinnvoll sind. Die Tagung soll gestützt auf Theorie und praktische, vor allem politische Erfahrung, die Chancen des Konzepts abwägen.

    Kompromisse haben einen ähnlichen Charakter wie das Bild der „schmutzigen Hände“. Hinter diesem Bild steckt die Idee, dass jemand etwas Schlechtes tut, um ein gutes Ziel zu erreichen. Darin ist ein Widerspruch enthalten, der sich auch im Kompromiss findet. Ein Kompromiss ist moralisch gerechtfertigt und zugleich schlecht – in einigen Fällen sogar schädlich. Der Handelnde befindet sich in einer Situation, in der er eine Handlung für moralisch falsch hält, aber gleichzeitig denkt, dass sie unter den gegebenen Umständen richtig ist. Die Wissenschaftler wollen nachvollziehen, wie sich theoretisch die Haltung eines solchen Menschen verstehen lässt, und sie wollen untersuchen, wie praktisch mit einem Kompromiss eine Einigung erreicht werden kann.

    Die Teilnehmer der Konferenz bearbeiten das Thema in fünf Blöcken mit elf Vorträgen und anschließender Diskussion. Am Freitag befassen sie sich mit den konzeptionellen Problemen zum Begriff moralischer Kompromiss und diskutieren über politische Aspekte des Themas. So spricht Dominique Leydet PhD von der Universität von Québec in Kanada am Vormittag über die Frage, wie lange man einen Kompromiss beibehalten kann, ohne seine eigentlichen Werte aufzugeben („Playing for Time: The Temporal Horizon of Compromis“). Professor Richard Bellamy vom University College London geht am Nachmittag auf Koalitionsregierungen als Beispiel ein, um die Verbindung von Demokratie, Kompromiss und politische Rechtschaffenheit zu zeigen („Democracy, Compromise and Political Integrity: The Case of Coalition Government“).

    Am Samstag setzen sich die Wissenschaftler zunächst mit juristischen und dann mit medizinischen Aspekten von moralischen Kompromissen auseinander, um schließlich historische Erfahrungen und Erwartungen zu thematisieren. Einer der Referenten ist Dr. Gerd Hankel von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. In seinem Vortrag geht es am Beispiel von Ruanda darum, wie Ungerechtigkeit zunimmt, obwohl Gerechtigkeit angewandt wird („Applying Justice, Increasing Injustice – Obervations from Rwanda“). Professor Dr. Marcus Duwell von der Universität Utrecht zeigt, welche Rolle Kompromisse bei Bioethik spielen, etwa wenn es um medizinische und biotechnische Anwendungen geht („Moral Compromise - The Example of Bioethics“). Professor Dr. Rüdiger Bittner von der Universität Bielefeld beschäftigt sich am historischen Beispiel Spanien mit dem Zusammenhang von Gerechtigkeit und moralischen Kompromissen.

    Professor Dr. Rüdiger Bittner leitet die Konferenz gemeinsam mit Professorin Dr. Véronique Zanetti, beide von der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie der Universität Bielefeld. Die Tagungssprache ist Englisch.

    Tagungszeiten:
    10. Februar, 12.30 Uhr bis 18.15 Uhr
    11. Februar, 9.00 Uhr bis 18.15 Uhr

    Kontakt:
    Prof. Dr. Rüdiger Bittner, Universität Bielefeld
    Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie / Abteilung Philosophie
    Telefon: 0521 / 106- 4584
    E-Mail: rbittner@philosophie.uni-bielefeld.de

    Tagungsbüro des ZiF:
    Trixi Valentin, Universität Bielefeld
    Telefon: 0521 106-2769
    Fax: 0521 106-6024
    E-Mail: trixi.valentin@uni-bielefeld.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-bielefeld.de/ZIF/AG/2012/02-10-Bittner.html


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).