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29.02.2012 15:53

Richtigstellung: Ötzi war kein Sarde

Julia Reichert Wissenschaftskommunikation
Europäische Akademie Bozen - European Academy Bozen/Bolzano

    Die gestrige Aussage eines am Projekt beteiligten Forschers der Universität Tübingen zu den Ergebnissen der ersten Genomanalyse der Gletschermumie Ötzi gegenüber der dpa hat zu einigen Missverständnissen in der Presse geführt. Diese möchte das Forscherteam des Instituts für Mumien und den Iceman der Europäischen Akademie Bozen (EURAC), die das Projekt unter der Leitung von Albert Zink koordiniert hat, richtig stellen.

    Herkunft
    Das Ergebnis der Forschungsgruppe, dass Ötzis so genannte Y-chromosomale Haplogruppe G2a4, welche die väterliche Herkunft widerspiegelt, heute in Sardinien und Korsika weitaus häufiger als im restlichen Italien vorkommt, führte zur Spekulation, Ötzis Vorfahren kämen aus dieser Gegend.
    „So können wir dies jedoch nicht deuten“, erklärt Angela Graefen, Paläogenetikerin am EURAC-Institut für Mumien und den Iceman, die Erstautorin des Fachartikels ist, den „Nature Communications“ gestern veröffentlicht hatte. „Viel wahrscheinlicher ist es, dass diese Haplogruppe ursprünglich von den ersten Ackerbauern und Viehzüchtern im Zuge der so genannten „Neolithischen Revolution“ (etwa 1000 Jahre vor Ötzis Lebzeiten) aus dem Nahen Osten nach Europa gebracht wurde und zu Ötzis Zeit wesentlich verbreiteter war. Sie ging allmählich über die nächsten Jahrtausende durch die vielen Wanderbewegungen der Menschheitsgeschichte verloren und ist nur noch in isolierten Regionen wie beispielsweise den mediterranen Inselregionen erhalten geblieben.“, erklärt sie. Möglicherweise sei diese Haplogruppe auch im Alpengebiet und Südtirol häufiger.Für diese Gebiete stehen aber noch nicht genügend genetische Daten moderner Populationen zur Verfügung. „Das Archiv an Informationen, welches Ötzis Genom uns bietet, wird im Laufe der nächsten Jahre im Vergleich mit weiteren paläogenetischen Studien Aufschluss über die damaligen Migrations- und Ausbreitungsrouten der ersten Ackerbauern und Viehzüchter bieten.“, erläutert Angela Graefen.

    Laktoseintoleranz
    „Auch die Laktoseintoleranz, welche in der Presse zum Teil als Leiden oder gar als Zivilisationskrankheit gedeutet wurde, ist stattdessen der eigentliche biologische Normalzustand des Menschen in der Geschichte.“, erklärt die Wissenschaftlerin. Studien haben ergeben, dass Laktoseintoleranz während der Jungsteinzeit noch die Regel war. Die Fähigkeit, Milch nach der Kindheit zu verdauen, sei einst eine zufällige Mutation gewesen, welche aber dann einen erheblichen Selektionsvorteil bot und sich daher über die nächsten Jahrtausende allmählich ausbreitete. Allerdings sei in vielen Regionen, beispielsweise in Süditalien, die Laktoseintoleranz immer noch der häufigere Zustand. Ötzis Laktoseintoleranz sei somit für seine Zeit normal und keineswegs ein Beleg dafür, dass er noch Jäger und Sammler war - zu einer mittlerweile vom bäuerlichen Leben geprägten Zeit.

    Hintergrund: die Forschungsgruppe
    An der Bearbeitung des Ötzigenoms waren eine Vielzahl von Instituten beteiligt: Koordiniert wurde das Gesamtprojekt vom EURAC-Institut für Mumien und den Iceman in Bozen, wo auch ein erheblicher Teil der späteren Auswertung stattgefunden hat. Die DNA-Extraktion ist in Tübingen erfolgt, weitere Probenvorbereitungen und die Genom-Sequenzierung haben Forscher der Universität des Saarlandes mit Projektpartnern aus den USA durchgeführt.
    Die anschließende Genomanalyse fand ebenfalls an unterschiedlichen Orten statt. Ötzis Herkunft haben Forschergruppen aus Massachusetts und Kalifornien mit den EURAC-Wissenschaftlern gemeinsam untersucht. Die Analyse der bakteriellen DNA in der Knochenprobe haben die EURAC-Forscher hingegen mit den Kollegen der Universität Tübingen durchgeführt. Die Ergebnisse waren im Anschluss mittels Untersuchung einer Zweitprobe an der EURAC bestätigt worden. Die genomischen Daten sind im Internet für Forscher aus allen Forschungszweigen öffentlich zugänglich (www.icemangenome.net).


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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