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22.03.2012 14:34

»Interkulturelle Qualifizierung und Förderung kultureller Diversität in der Polizei NRW«

Petra Schmidt-Bentum Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fachhochschule Köln

    Während inzwischen interkulturelle Kompetenz im Umgang mit dem sogenannten »Polizeilichen Gegen­über« als selbstverständlich akzeptiert gelten kann, gilt das für die interkulturellen Professionalitätsanforderungen innerhalb der Organisation noch nicht. Die Polizei entspricht noch nicht dem Idealbild einer interkulturellen Organisation. Mit den Chancen und Risiken kultureller Diversität in der Polizei NRW hat sich das Forschungs- und Entwicklungsprojekt »Interkulturelle Qualifizierung und Förderung kultureller Diversität in der Polizei NRW« auseinandergesetzt. In Münster wurden die Ergebnisse nun präsentiert.

    Jeder fünfte Mensch in Deutschland, in Nordrhein-Westfalen sogar jeder vierte Mensch, hat einen Migrationshintergrund. Die wachsende Multikulturalität der Gesellschaft stellt Organisationen wie die Polizei vor neue Aufgaben. Auch innerhalb der Polizei nimmt die kulturelle Vielfalt stetig zu. Mit den Chancen und Risiken kultureller Diversität in der Polizei NRW haben sich der Forschungsschwerpunkt »Interkulturelle Kompetenz« der Fachhochschule Köln und das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP NRW) in ihrem Forschungs- und Entwicklungsprojekt »Interkulturelle Qualifizierung und Förderung kultureller Diversität in der Polizei NRW« auseinandergesetzt. »Es gibt nirgendwo ein abrufbares perfektes Konzept für kulturelle Diversität, das die deutsche Polizei für ihre Anforderungen einfach übernehmen könnte«, berichtete Prof. Dr. Wolf-Rainer Leenen von der Fachhochschule Köln bei der Abschlusspräsentation des XENOS-Projekts am 21. März in Münster. Zu den Er­geb­nis­sen zählen daher nicht nur Denkanstöße, Lerninstrumente sowie entsprechende Workshopmodule sondern auch die Entwicklung eines für die Polizei geeigneten Diversitätsansatzes. Das dreijährige Entwicklungsprojekt ist eines der größten von rund 250 XENOS-Projekten aus dem Bundesprogramm »Integration und Vielfalt«. Gefördert wurde es mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Anlässlich des erfolgreichen Abschlusses des XENOS-Projektes hatten die beiden Partner am 21. März zu einer Abschlusspräsentation in das Bildungszentrum »Carl Severin« in Münster eingeladen.

    »Die Polizei ist ein Stück weit die Visitenkarte des Landes gegenüber seinen Bürgern« betonte Dr. Hans-Ulrich Krüger, Staatssekretär des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW bei der Abschlusspräsentation des dreijährigen XENOS-Projektes. »Die Bürger kommen mit der Polizei tagtäglich in Berührung. Gerade auch in heiklen Situationen. (…) Deshalb ist das Thema kulturelle Kompetenz und Vielfalt bei der Ausbildung und ebenso bei der Fortbildung wichtig. Die verschiedenen Fortbildungsangebote zur Schaffung und Förderung kultureller Kompetenzen sind dabei ein unverzichtbarer Bestandteil für erfolgreiche Polizeiarbeit.« In NRW werden diese Erkenntnisse auch in die Tat umgesetzt. Mit seinen rund 2300 Fortbildungsveranstaltungen in 2011, an denen fast 36.000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte teilnahmen, ist das LAFP NRW einer der europaweit größten polizeilichen Bildungsträger.

    Während inzwischen interkulturelle Kompetenz im Umgang mit dem sogenannten »Polizeilichen Gegen­über« als selbstverständlich akzeptiert gelten kann, gilt das für die interkulturellen Professionalitätsanforderungen innerhalb der Organisation noch nicht. Die Polizei entspricht noch nicht dem Idealbild einer interkulturellen Organisation. Kulturelle Diversität spielt dort weder quantitativ noch qualitativ eine bedeutsame Rolle. Das ändert sich zunehmend: »Mehr als zehn Prozent der neu eingestellten Polizeibeamtinnen und Polizei­bea­mten in den letzten beiden Einstellungsjahren waren Bewerberinnen und Bewerber mit Zuwanderungsgeschichte«, berichtete Volker Stephan, ständiger Vertreter des Direktors des LAFP NRW bei der Abschlusspräsentation in Münster. Dabei müssten alle dieselben Bewerbungs- und Einstellungsvoraussetzungen erfüllen – der Migrationshintergrund spielte keine Rolle im Auswahlverfahren. Damit wird auch eine Forderung erfüllt, die zu den Ergebnissen des Forschungsprojekts zählt: das Gleichheitsprinzip sollte bei der Rekrutierung auf keinen Fall verletzt werden.

    Erfahrungen aus den Niederlanden und Großbritannien zeigen, dass für den Polizeidienst mit großem Aufwand rekrutiertes Personal mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich häufig den Polizeidienst wieder quittiert. Auch aktuelle Befragungen aus Deutschland dokumentieren, dass Beamte mit Migrationshintergrund sich oft in einer schwierigen Rolle sehen. Ein selbstverständliches Miteinander unterschiedlicher Kulturen in der Organisation Polizei ist noch längst nicht erreicht. Deshalb ist nicht nur die Rekrutierung ein Problem, sondern die dauerhafte Arbeitszufriedenheit der eingestellten Beamtinnen und Beamten. »Durch den Sonderstatus«, so Leenen, »erhalten die Polizistinnen und Polizisten einen Grad der Aufmerk­samkeit, der weder der Behörde noch ihnen selbst gut tut.« Sie wollen einfach im Team ihren Job machen – stattdessen werden sie häufig in die Rolle als Vorzeige-Migranten gebracht. Im Einsatz besteht zudem häufig die Gefahr, auf den Übersetzerstatus oder auf eine Zuständigkeit für »Lands­leute« reduziert zu werden. Und das kann auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten passieren, die hier geboren sind, deren Familie bereits in dritter oder vierter Gene­ration in Deutschland lebt, und die Deutsche sind, oder sich als Deutsche fühlen. »Eine Reduktion auf diese instrumentelle Nutzung der Migranten-Beamten ist für die Organisation zwar eine große Versuchung. Der eigentliche Mehrwert von Mehrsprachigkeit und Bi-Kulturalität muss aber vor allem in einem produktiven Beitrag zur Entwicklung der Organisationskultur liegen, d. h. im Miteinander der Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich werden«, so Leenen. Von Seiten ihrer »Landsleute« sind Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte mit familiären Migrationshintergrund häufig zudem dem Vorwurf der Illoyalität ausgesetzt. Als Polizeibeamte stehen sie insgesamt in einer Situation, in der sie schwierige Gratwanderungen zu lösen haben.

    »Mehr Diversität bringt nur dann Vorteile«, betonte Prof. Dr. Wolf-Rainer Leenen in Münster, »wenn es gleichzeitig gelingt, eine diversitätsoffene Organisationskultur zu entwickeln, in der das Personal interkulturell sensibilisiert und geschult ist und interkulturelle Kompetenz ein relevantes Kriterium für Personalauswahl und Personalentwicklungsprozessen wird.« So zeigten kanadische und niederländische Untersu­chungen, dass mehr Diversität in der Organisation nur gelebt werden kann, wenn begleitend die Kollegenschaft in ihrer kulturellen Differenzierungsfähigkeit und im Verzicht auf Schablonen-Denken laufend gestärkt und gefördert wird. Das ist nur durch systematische Bildungs- und Qualifizierungsangebote zu Diversitätsthemen möglich.

    Der Forschungsschwerpunkt »Interkulturelle Kompetenz« der Fachhochschulschule Köln und das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW werden ihre erfolgreiche Zusammenarbeit in ihrem neu genehmigten XENOS-Projekt »Interkulturelle Kompetenz und Inklusion in der Personalauswahl der Polizei« zunächst für weitere drei Jahre fortsetzen.

    Die Fachhochschule Köln ist die größte Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Deutschland. 19700 Studierende werden von rund 430 Professorinnen und Professoren unterrichtet. Das Angebot der elf Fakultäten und des Instituts für Tropentechnologie umfasst rund 75 Studiengänge, jeweils etwa die Hälfte in Ingenieurwissenschaften bzw. Geistes- und Gesellschaftswissenschaften: von Architektur über Elektro­tech­nik und Maschinenbau, Design, Restaurierung, Informationswissenschaft, Sprachen und Soziale Arbeit bis hin zu Wirtschaftsrecht und Medieninformatik sowie Angewandte Naturwissenschaften. Die Fachhoch­schule Köln ist Vollmitglied in der Vereinigung Europäischer Universitäten (EUA), sie gehört dem Fachhochschulverbund UAS 7 und der Innovationsallianz der nordrhein-westfälischen Hochschulen an. Die Hochschule ist zudem eine nach den europäischen Öko-Management-Richtlinien EMAS und ISO 14001 geprüfte und zertifizierte umweltorientierte Einrichtung und zertifiziert als familiengerechte Hochschule.
    Der seit 1999 bestehende Forschungsschwerpunkt Interkulturelle Kompetenz der Fachhochschule Köln ist ein vom Ministerium für Wissenschaft des Landes NRW geförderter Forschungsverbund, der u.a. die Voraussetzungen des Erwerbs und der Vermittlung interkultureller Kompetenzen erforscht. Die Forschungsgruppe beschäftigt sich vor allem mit Trainingsforschung und der Entwicklung interkultureller Lehr- und Lernmethoden für öffentliche Verwaltungen, soziale Dienste und Industrieunternehmen. Eine besondere Kompetenz liegt in der Entwicklung und Produktion kurzer interkultureller Trainingsfilme, die auf Fallmaterial zu typischen Situationen im beruflichen Alltag basieren und dazu anregen sollen, kulturelle Kontakte in ihrer Ambivalenz zu analysieren und zu diskutieren.

    Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP NRW) versteht sich als fachlich und wissenschaftlich anerkannter Bildungsträger und qualitäts- und kundenorientierter Dienstleister der Polizei NRW. Die Behörde mit Sitz in Selm ist regional an folgenden Orten mit Bildungszentren vertreten: Münster, Schloß Holte-Stukenbrock, Neuss und Brühl. Zu den vielfältigen Aufgaben des LAFP NRW zählen insbesondere die Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst (gemein­sam mit der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und den Ausbildungsbehörden), die Aus­bildung für den höheren Polizeivollzugsdienst (gemeinsam mit der Deutschen Hochschule der Polizei) und die Fortbildung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in den Bereichen Einsatz und Gefahrenabwehr, Kriminalitätskontrolle, Management, Führung und Recht, Verkehrssicherheit/Technik und die Wahrnehmung landeszentraler Personalangelegenheiten. So wurden in 2011 ca. 2300 Fortbildungsveranstaltungen mit fast 36.000 Teilnehmenden durchgeführt. Damit ist das LAFP NRW einer der europaweit größten polizeilichen Bildungsträger. Weitere besondere Dienstleistungen für die Polizei NRW sind z. B. Werbung und Auswahl für Einstellungen in den Polizeivollzugsdienst des Landes NRW sowie die Vorbereitung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auf Auslandseinsätze..

    Weitere Informationen:
    Fachhochschule Köln
    Forschungsschwerpunkt »Interkulturelle Kompetenz durch Personal- und Organisationsentwicklung«
    Isabelle Klarenaar
    E-Mail: isabelle.klarenaar@fh-koeln.de; Tel.: 0221-82 75 -36 04
    www.sw.fh-koeln.de/ikk

    Kontakte für Medien
    Fachhochschule Köln, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Petra Schmidt-Bentum
    Tel.: 0221 / 82 75 -31 19; E-Mail: petra.schmidt-bentum@fh-koeln.de
    www.fh-koeln.de
    ww.facebook.com/fhkoeln
    www.twitter.com/fhkoeln

    LAFP NRW, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Susanne Aye und Victor Ocansey
    Pressesprecherin/Pressesprecher LAFP NRW
    Tel.: 02592 / 68 62 30 oder -31; Mobil: 0173 96 19 631 oder -32
    E-Mail: Pressestelle.LAFP@polizei.nrw.de


    Weitere Informationen:

    http://www.sw.fh-koeln.de/ikk
    http://www.lafp.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Pädagogik / Bildung, Psychologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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