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Wissenschaft
Das ungleiche Geschlechterverhältnis in der Wissenschaft hat das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn dazu veranlasst, eine besondere Fördermaßnahme für junge Wissenschaftlerinnen einzurichten:
Der Margarete Koenig Preis ist nach der Ehefrau des Museumsgründers benannt, umfasst einen Arbeitsvertrag über 12 Monate und verfolgt das Ziel, jüngst promovierte Wissenschaftlerinnen zu fördern. Die Preisträgerinnen sollen das Jahr nutzen, um Ergebnisse zu publizieren, an Fortbildungen und Kongressen teilzunehmen, Anträge und Bewerbungen zu schreiben. Erste Trägerin des neuen Preises ist Dr. Julia Schwarzer mit einer Arbeit über Buntbarsche im unteren Kongofluss.
Da wissenschaftliche Karrieren oft unmittelbar nach der Promotion abbrechen, soll der Preis helfen, diese kritische Phase zu überbrücken. „Dr. Schwarzer kommt in den Genuss einer Förderung ganz im Sinne von Zielen der Geschlechtergerechtigkeit“ freute sich Professor Dr. Wolfgang Wägele, Direktor des Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig. „Wir haben eine mental und intellektuell starke Persönlichkeit gefunden, die dieser Ehrung wirklich würdig ist“ ergänzte Prof. Dr. Bernhard Misof, stellvertretender Direktor des Museum Koenig und wissenschaftlicher Betreuer der Dissertation von Schwarzer. Misof überreichte den Preis mit sichtlichem Stolz an Schwarzer.
Die erste Gewinnerin des Preises, Julia Schwarzer, darf den Dr. noch nicht in ihrem Namen nennen, aber es sind nur noch wenige Formalitäten zu erledigen, bis die junge und sympathische Wissenschaftlerin den Titel auch offiziell führen darf. Die Preisträgerin für das Jahr 2012 wurde aus mehreren Bewerbungen von einer vierköpfigen Jury ausgewählt. Zwei Mitarbeiter des Museum Koenig und zwei externe Professoren wählten unter der Leitung von Dr. Dennis Rödder, Herpetologe am ZFMK, Schwarzer aus, weil sie sich mit besonderer Effizienz und qualitativer Güte der Forschungsergebnisse in ihrer bisherigen wissenschaftlichen Arbeit mit phylogenetischen und populationsgenetischen Fragestellungen basierend auf molekulargenetischen sowie morphometrischen Daten befasst hat. Zunächst arbeitete sie in der Sektion Ichthyologie des ZFMK unter Dr. Fabian Herder über die Differenzierung von Populationen von Sonnenstrahlfischen (Telmatherinidae) entlang einer potentiellen Hybridzone im Petea Fluss in Sulawesi.
Die Dissertation fertigte Schwarzer bei Prof. B. Misof (Museum Koenig, Bonn) in Kooperation mit Dr. Schliewen von der Zoologischen Staatssammlung München an. Thema war die phylogenetische Einordnung und biogeographische Differenzierung dreier Artengruppen von Buntbarschen (Cichlidae: Steatocranus, Nanochromis, Haplochromis) im unteren Kongofluss, die einen außergewöhnlichen Fall von Radiation in einem Fluss darstellen. Frau Schwarzer hat dazu unter schwierigen Bedingungen die Tiere am Kongo selbst gefangen. Mit der Rekonstruktion von Phylogenien basierend auf multiplen molekularen Markern konnten zum ersten Mal Hypothesen über Evolution und Verwandtschaft mit einer sehr guten Auflösung für diese kaum untersuchten Gruppen aufgestellt werden. Aufgrund des jungen Alters der Artengruppen wurden für die gattungsinterne Phylogenie zusätzlich AFLP Marker und Mikrosatelliten generiert, um Genaustausch und Populationsdifferenzierung zu charakterisieren. Es wurde deutlich, dass Hybridisierung in den untersuchten Gruppen häufig vorkommt und die Evolution einem Netzwerk und weniger einem linearen Baum entspricht.
„Ich habe während der letzten Jahre am ZFMK sehr von der exzellenten Expertise des Hauses nicht nur in der Phylogenetik und Bioinformatik profitiert. Der lebhafte wissenschaftliche Austausch und die Vielfältigkeit haben mich in meiner Arbeit sehr bereichert und inspiriert. Den Margarethe-Koenig-Preis und das Jahr am ZFMK möchte ich nutzen um laufende Projekte abzuschließen, meine Ergebnisse auf internationalen Tagungen zu präsentieren, Anträge fertig zu stellen, um Gelder für weiterführende Projekte einzuwerben und um meine Kenntnisse in der Bioinformatik (Perl Programmierung) auszubauen. Das ZFMK (vor allem das Zentrum für Molekulare Biodiversitätsforschung) mit seiner Orientierung hin zu genomischen und bioinformatischen Fragestellungen sind hierfür der optimale Ort und bieten die beste Vorbereitung für zukünftige Projekte“ erläuterte die glückliche Gewinnerin die Planungen für ihre Arbeit im kommenden Jahr.
Benannt ist der Preis nach der Ehefrau des Gründers des Museums Koenig. Insgesamt 56 Jahre stand Margarethe Koenig an der Seite ihres Mannes und begleitete ihn fast auf allen seinen ausgedehnten Forschungsreisen, die damals nicht immer ungefährlich waren. Denkt man an die Nilreisen, die das Ehepaar und seine Begleiter vor nunmehr einem Jahrhundert schließlich bis fast an die ugandische Grenze führten, so wird ersichtlich, was für eine besondere Frau Margarethe Koenig in ihrer Zeit war. Sie war es, die auf den Forschungsreisen sorgfältig Tagebuch führte. Sie verfasste auch eine eigene, 84 Seiten starke publizierte Schrift: "Reiseskizzen aus Tunis", in der sie Erlebnisse der Tunesien-Expedition von 1891 festgehalten hat. Und schließlich war sie es, die Texte zu einer nach dem Tod ihres Mannes zu vollendeten Monographie über die Vögel am Nil verfasst hatte. Diese wurde aber erst 1964, auf der Basis ihrer Aufzeichnungen von Günther Niethammer, dem früheren Chef-Ornithologen des ZFMK, herausgegeben. Ihre tatsächlichen Leistungen sind zu Lebzeiten nie gewürdigt worden. Dies sind zweifellos Gründe genug, einen der Frauenförderung in der Zoologie gewidmeten Preis nach dieser großartigen Frauenpersönlichkeit zu benennen!
Julia Schwarzer und Bernhard Misof mit der Preisurkunde.
Foto: ZFMK, Bonn
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Umwelt / Ökologie
überregional
Wettbewerbe / Auszeichnungen, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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