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03.05.2002 14:35

Dortmund: Forscher warnen vor Schnell-Schlüssen auf Schützen

Ole Lünnemann Referat Hochschulkommunikation
Universität Dortmund

    Anlässlich der Ereignisse in Erfurt wird über eine weitere Ver-schärfung des geltenden Waffenrechts diskutiert. Schützenverei-ne geraten dabei zusehends ins Zentrum der Diskussionen. Die dabei ins Feld geführten Argumente entbehren jedoch einer gesicherten Datengrundlage. Vor undifferenzierter und pauschaler Kritik an Schützenvereinen warnt daher ein Forschungsteam der Universität Dortmund.

    Unter der Leitung von Prof. Dr. Ronald Hitzler befasst sich die Arbeitsgruppe seit rund 20 Monaten mit dem Thema "Schießen im Verein". Im Mittelpunkt stehen ausführliche Interviews mit Männern und Frauen, die Schießsport betreiben. Erkundet wird nicht nur, was die Faszination des Waffengebrauchs ausmacht, sondern auch welche sozialen Kontrollmechanismen dabei wirksam sind - und im Einzelfall auch versagen können. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt wird im Sommer abgeschlossen und im Herbst 2002 dokumentiert.

    Die Forscher gehen den sogenannten Relevanzstrukturen von Besitzern legaler Schusswaffen in Deutschland auf die Spur. Relevant sind beispielsweise für Sportschützen keineswegs nur die Ergebnisse ihrer sportlichen Wettbewerbe, sondern etwa auch die Faszination der Waffentechnik, die Ästhetik der Waffen oder andere Motive.
    ____________________________________________________________
    Waffen sind nicht nur Symbole der Gewalt

    Arne Niederbacher, Sozialwissenschaftler und Mitarbeiter im Projekt der Dortmunder Soziologen, erklärt:

    "In einer 'waffenlosen Demokratie' wie der BRD sind Besitz und Umgang mit Schusswaffen außeralltäglich und begründungsbedürftig. Demgegenüber fungieren Schützenvereine als soziale Räume, die dadurch gekennzeichnet sind, dass eben gerade der Besitz und der Umgang mit der Waffe veralltäglicht ist. Es entsteht hierbei ein Spannungsverhältnis, das unserer Einschätzung nach nur ausgesprochen fragil und vorläufig dadurch auflösbar ist, dass die Figur des 'Sportschützen' zwischengeschaltet wird, der die Waffe zu einem gesellschaftlich mehr oder weniger anerkannten - nämlich sportlichen - Zweck besitzt.

    Hinter dieser durch vielerlei Normalisierungsstrategien institutionell gegossenen Figur des Sportschützen verbergen sich freilich vielfältige Motive und Interessen, die jedoch aufgrund der geltenden Gesetzeslage nicht anerkannt sind, um in den legalen Besitz von Schusswaffen zu gelangen. Dass Waffen weit mehr sind als Symbole der Gewalt und Macht bzw. als Mittel zum Zweck (Sport) dienen; dass mit ihnen Spaß, Entspannung, Konzentration, Ästhetik, Technik und vieles mehr verbunden wird, fällt dabei unter den Tisch. Hinzu kommt ein vielfältiges Angebot an Schieß-Disziplinen, die mittlerweile nicht nur das statische Schießen sondern auch das bewegungsaktive Schießen beinhalten.

    Wer hinter all dem nun vermutet, es handle sich hierbei um ein 'absonderliches', 'perverses', 'unnormales' Interesse, erliegt der Annahme, dass Waffen ausschließlich zu sportlichen Zwecken oder zum Töten eingesetzt werden können. Die vielschichtigen Phänomene der 'Faszination Waffe' bleiben dabei jedoch gänzlich ausgeklammert. Ehe man vorschnell das Massaker von Erfurt aus einer allzu vereinfachten Vorstellung des Waffengebrauchs zu 'erklären' versucht, erscheint es uns sinnvoll, genau hier anzuschließen."

    Projekttitel:
    Schießen im Verein - Eine explorative Untersuchung des legalen Besitzes und Umgangs mit Schusswaffen

    Projektleitung:
    Prof. Dr. Ronald Hitzler, E.Mail: ronald@hitzler-soziologie.de

    Nähere Information:
    Projektmitarbeiter:
    Dipl.-Soz. Thomas Bucher, Dipl.-Soz.Wiss. Arne Niederbacher, Ruf 0231-755-2829/ -2817, Fax 0231-755-2817
    E-Mail: niederbacher@web.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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