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Wissenschaft
Freiburger Wissenschaftler haben die gängige Lehrmeinung widerlegt, dass Stress stets aggressives Verhalten hervorruft
Ein Forschungsteam unter der Leitung der Freiburger Psychologen und Neurowissenschaftler Prof. Dr. Markus Heinrichs und Dr. Bernadette von Dawans hat in einer Studie untersucht, wie Männer in Stresssituationen reagieren – und mit den Ergebnissen eine fast 100 Jahre alte Lehrmeinung widerlegt. Dieser zufolge sollen Menschen und die meisten Tierarten bei Stress die „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ („fight-or-flight“) zeigen. Erst seit den späten 1990er Jahren vertreten einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die These, dass Frauen unter Stress alternativ nach dem „Tend-and-befriend-Konzept“ handeln, also mit einem beschützenden („tend“) und Freundschaft anbietenden („befriend“) Verhalten reagieren. Männern hingegen wird nach wie vor unterstellt, bei Stress aggressiv zu werden. Zu Unrecht, sagt von Dawans: „Offenbar zeigen auch Männer soziales Annäherungsverhalten als unmittelbare Konsequenz von Stress.“
Mit dieser Studie hat das Forschungsteam erstmals das Sozialverhalten bei Männern unter Stress experimentell untersucht. Die Ergebnisse stellen die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des renommierten internationalen Fachjournals Psychological Science vor. An der Studie waren die Ökonomen Prof. Dr. Ernst Fehr von der Universität Zürich/Schweiz und Prof. Dr. Urs Fischbacher von der Universität Konstanz sowie der Psychologe Prof. Dr. Clemens Kirschbaum von der Technischen Universität Dresden beteiligt. Schon im vergangenen Jahr hatten Heinrichs und von Dawans ein standardisiertes Verfahren entwickelt, um in Vortragssituationen Stress in Gruppen zu erzeugen. Die Folgen für das Sozialverhalten untersuchten die Forscherinnen und Forscher nun in ihrer Studie mit eigens konzipierten sozialen Interaktionsspielen. Diese ermöglichen es, positives Sozialverhalten, zum Beispiel Vertrauen oder Teilen, und sozial negatives Verhalten, etwa Bestrafen, zu messen.
Im Ergebnis zeigten Probanden, die unter Stress standen, deutlich mehr positives Sozialverhalten als Probanden der Kontrollgruppe, die sich nicht in einer Stresssituation befanden. Negatives Sozialverhalten jedoch wurde durch Stress nicht beeinflusst. Für Markus Heinrichs hat dies weit reichende Konsequenzen für ein besseres Verständnis der sozialen Bedeutung von Stress: „Aus vorherigen Studien unseres Labors wussten wir bereits, dass positiver sozialer Kontakt mit einem vertrauten Menschen vor einer Stresssituation die Stressreaktion reduziert. Offenbar ist diese Bewältigungsstrategie so stabil verankert, dass Menschen auch unmittelbar im oder nach dem Stress durch positives soziales Verhalten Stressreaktionen verändern können.“
Originalveröffentlichung:
von Dawans, B., Fischbacher, U., Kirschbaum, C., Fehr, E. & Heinrichs, M. (2012). The social dimension of stress reactivity: acute stress increases prosocial behavior in humans. Psychological Science, in press.
Weitere Informationen:
www.psychologie.uni-freiburg.de/abteilungen/psychobio
Kontakt:
Prof. Dr. Markus Heinrichs
Institut für Psychologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-3029
Fax: 0761/203-3023
E-Mail: heinrichs@psychologie.uni-freiburg.de
http://www.psychologie.uni-freiburg.de/abteilungen/psychobio
http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2012/pm.2012-05-21.111-en
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Gesellschaft, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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